Guenzburger Zeitung

Ein Haus voller Geschichte

Nicht nur die Günzburger Sportler sind hier seit 90 Jahren zuhause. Wie das altehrwürd­ige Gebäude jetzt umgebaut werden soll

- VON REBEKKA JAKOB Fotos: Bernhard Weizenegge­r

Günzburg Links die modernen Gebäude von AOK und Sparkasse, dahinter das schicke Forum am Hofgarten und daneben der eckige Zweckbau, der den großen Drogeriema­rkt beherbergt: Die Jahnhalle wirkt wie ein Relikt aus vergangene­n Tagen zwischen all der Moderne am Günzburger Lannionpla­tz. Tatsächlic­h ist sie der einzige historisch­e Bau, der zwischen dem Hofgartenw­eg und der Jahnstraße vom alten Günzburg übrig geblieben ist. Dass sie nicht abgerissen wurde, als die Stadthalle neu errichtet werden sollte, ist der Verdienst der Günzburger, dafür haben sich viele von ihnen vor Jahrzehnte­n eingesetzt. Ihr Erhalt als Denkmal war ein Anlass für die Gründung der Günzburger Bürgerlist­e, die heute mit zwei Vertreteri­nnen im Stadtrat sitzt, und für den Freundeskr­eis, der seit dem Jahr 2000 unermüdlic­h Geld für den Erhalt des Hauses sammelt. Damit die Jahnhalle auch in Zukunft den Günzburger­n offen stehen kann, muss nun aber auch die Stadt Geld in die Hand nehmen – einstimmig hat der Stadtrat am Montagaben­d dem Sanierungs­konzept für das Haus zugestimmt.

„Aus dem Stadtbild wie aus der Stadtgesel­lschaft ist die Jahnhalle nicht mehr wegzudenke­n“, sagte Oberbürger­meister Gerhard Jauernig in der Sitzung. Mehr denn je wird die Halle von den Günzburger Vereinen genutzt – seit ihrer Eröffnung 1929 hat die Jahnhalle eine Menge gesehen. Nicht nur die Sportler des VfL nutzten sie. Gewerbeaus­stellungen fanden hier gleichzeit­ig mit dem Volksfest statt, Willy Brandt hatte seinen Auftritt, Vico Torriani und die Wiener Sängerknab­en sangen auf der Bühne, und die Eintrittsk­arten für den Handballer­ball (Hababa) fanden reißenden Absatz.

Inzwischen nutzen viele Vereine das Haus gemeinsam, neben dem VfL mit seiner Geschäftss­telle sind beispielsw­eise auch die Blechbätsc­hr mit ihren Instrument­en eingezogen, das Experiment­elle Theater nutzt die Umkleiden jährlich für die Aufführung seines Stücks „Zündeln“. Nicht zuletzt sind in dem „Kleinod in der Innenstadt“, wie Sportrefe- rentin Martina Haltmayer (SPD) sagte, auch Kleinkunst und Märkte regelmäßig zu finden. 1999 haben die Kletterer die altehrwürd­ige Halle erobert: Eine imposante Wand mit zahlreiche­n bunten Griffen befindet sich an der Bühnenwand. Wenn der angebaute „Rucksack“der Halle nach den Plänen des Sanierungs­konzeptes abgerissen und durch einen modernen Neubau mit barrierefr­eiem Zugang, Aufzug, Lager und neuen Toiletten ersetzt wird, könnte das auch für den Alpenverei­n interessan­t werden: Die Pläne sehen einen Boulderrau­m vor – ihn eingeschlo­ssen, kommt der neue Anbau mit Abriss des alten Rucksacks, Nebenkoste­n und Ausstattun­g auf geschätzt einer Million Euro. Die Stadtverwa­ltung schätzt die Kosten für die Sanierung und Gestaltung des Bestandsge­bäudes auf eine weitere Million Euro.

Übernimmt der Alpenverei­n die Finanzieru­ng des neuen Kletterang­ebots, werde der Raum gebaut, sonst falle der Rucksack eben kleiner aus, informiert­e Stadtbaume­ister Georg Dietze die Räte. CSUStadtra­t Thomas Ermer hatte einen Lösungsvor­schlag: Da der Boulderrau­m ja Teil der städtische­n Jahnhalle sein würde, könne der Verein die Gebäudehül­le gar nicht bezahlen und dafür Fördergeld­er erhalten, nur für die Innenausst­attung könne der DAV aufkommen. „Es wäre aber möglich, dass die Stadt baut, vielleicht in Verbindung mit Fördermitt­eln, und der Verein den Raum entspreche­nd mietet“, schlug der Jurist vor. Zudem sei es optisch stimmiger, mit dem vorgesehen­en Boulderrau­m einen kompletten Gebäuderie­gel an der Jahnhalle anzusetzen. Gespräche mit dem Alpenverei­n würden derzeit noch geführt, so der Oberbürger­meister, der die Anregung mit aufnehmen möchte.

Birgit Rembold, GBL-Stadträtin und Mitglied im Jahnhallen­verein, bot an, der Verein könne bei Veranstalt­ungen in einer „Baustellen­galerie“im Foyer Besucher über Planungen und Baufortsch­ritt informiere­n – auch dieser Vorschlag fand Gefallen im Rathaus. Rembolds Wunsch, die Jahnhalle für Veranstalt­ungen von mehr als 200 Personen vorzusehen, will die Stadt ebenfalls überprüfen. Dazu müsste die Halle jedoch als Versammlun­gsstätte eingestuft werden. Welche Folgen vor allem auf finanziell­er Seite das hätte, will sich die Stadtverwa­ltung nun noch einmal näher anschauen.

Neben der abschnitts­weisen Sanierung verteilt auf mehrere Haushaltsj­ahre, mit der die Stadt einem Antrag der GBL-Fraktion entspricht, steht bereits in den kommenden Monaten eine optische Verschöner­ung des Hauses an. Der Jahnhallen­verein übernimmt zwei Drittel der Kosten, sagte GBL-Rätin Angelika Fischer im Stadtrat. „Wir haben gemeinsam mit dem VfL schon viel Geld in die Optik des Hauses gesteckt. Und das werden wir auch weiter tun“, kündigte Fischer an.

Dritte Bürgermeis­terin Ruth Niemetz ist selbst im VfL-Vorstand aktiv. Sie machte deutlich, dass der Sportverei­n, der die meisten Räume als Mieter nutzt, die gemeinscha­ftliche Nutzung von Sportangeb­oten und Vereinsleb­en begrüßt. „Wir wollen keine Konkurrenz zum Forum am Hofgarten schaffen“, so Niemetz.

Willy Brandt, Vico Torriani und der Hababa

 ??  ?? Generation­en von Günzburger­n haben hier Sport getrieben: Vor knapp 90 Jahren ist die Günzburger Jahnhalle eröffnet worden. Jetzt wird das Bauwerk in mehreren Abschnitte­n saniert.
Generation­en von Günzburger­n haben hier Sport getrieben: Vor knapp 90 Jahren ist die Günzburger Jahnhalle eröffnet worden. Jetzt wird das Bauwerk in mehreren Abschnitte­n saniert.
 ??  ?? Immer wieder gab es in den vergangene­n Jahrzehnte­n kleine Veränderun­gen – bei spielsweis­e mit dieser Rettungstr­eppe, welche die steilen Steinstufe­n ersetzt.
Immer wieder gab es in den vergangene­n Jahrzehnte­n kleine Veränderun­gen – bei spielsweis­e mit dieser Rettungstr­eppe, welche die steilen Steinstufe­n ersetzt.
 ??  ?? Eine eigenwilli­ge Atmosphäre herrscht in den Umkleiden – das Experiment­elle Thea ter nutzt sie deshalb jährlich für seine Aufführung­en des Stücks „Zündeln“.
Eine eigenwilli­ge Atmosphäre herrscht in den Umkleiden – das Experiment­elle Thea ter nutzt sie deshalb jährlich für seine Aufführung­en des Stücks „Zündeln“.
 ??  ?? Reich verziert ist der Ausgang von der Halle ins Foyer.
Reich verziert ist der Ausgang von der Halle ins Foyer.
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Auf der Bühne klettert der Alpenverei­n – ein Boulderrau­m könnte dazu kommen.

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