Ein Haus voller Geschichte
Nicht nur die Günzburger Sportler sind hier seit 90 Jahren zuhause. Wie das altehrwürdige Gebäude jetzt umgebaut werden soll
Günzburg Links die modernen Gebäude von AOK und Sparkasse, dahinter das schicke Forum am Hofgarten und daneben der eckige Zweckbau, der den großen Drogeriemarkt beherbergt: Die Jahnhalle wirkt wie ein Relikt aus vergangenen Tagen zwischen all der Moderne am Günzburger Lannionplatz. Tatsächlich ist sie der einzige historische Bau, der zwischen dem Hofgartenweg und der Jahnstraße vom alten Günzburg übrig geblieben ist. Dass sie nicht abgerissen wurde, als die Stadthalle neu errichtet werden sollte, ist der Verdienst der Günzburger, dafür haben sich viele von ihnen vor Jahrzehnten eingesetzt. Ihr Erhalt als Denkmal war ein Anlass für die Gründung der Günzburger Bürgerliste, die heute mit zwei Vertreterinnen im Stadtrat sitzt, und für den Freundeskreis, der seit dem Jahr 2000 unermüdlich Geld für den Erhalt des Hauses sammelt. Damit die Jahnhalle auch in Zukunft den Günzburgern offen stehen kann, muss nun aber auch die Stadt Geld in die Hand nehmen – einstimmig hat der Stadtrat am Montagabend dem Sanierungskonzept für das Haus zugestimmt.
„Aus dem Stadtbild wie aus der Stadtgesellschaft ist die Jahnhalle nicht mehr wegzudenken“, sagte Oberbürgermeister Gerhard Jauernig in der Sitzung. Mehr denn je wird die Halle von den Günzburger Vereinen genutzt – seit ihrer Eröffnung 1929 hat die Jahnhalle eine Menge gesehen. Nicht nur die Sportler des VfL nutzten sie. Gewerbeausstellungen fanden hier gleichzeitig mit dem Volksfest statt, Willy Brandt hatte seinen Auftritt, Vico Torriani und die Wiener Sängerknaben sangen auf der Bühne, und die Eintrittskarten für den Handballerball (Hababa) fanden reißenden Absatz.
Inzwischen nutzen viele Vereine das Haus gemeinsam, neben dem VfL mit seiner Geschäftsstelle sind beispielsweise auch die Blechbätschr mit ihren Instrumenten eingezogen, das Experimentelle Theater nutzt die Umkleiden jährlich für die Aufführung seines Stücks „Zündeln“. Nicht zuletzt sind in dem „Kleinod in der Innenstadt“, wie Sportrefe- rentin Martina Haltmayer (SPD) sagte, auch Kleinkunst und Märkte regelmäßig zu finden. 1999 haben die Kletterer die altehrwürdige Halle erobert: Eine imposante Wand mit zahlreichen bunten Griffen befindet sich an der Bühnenwand. Wenn der angebaute „Rucksack“der Halle nach den Plänen des Sanierungskonzeptes abgerissen und durch einen modernen Neubau mit barrierefreiem Zugang, Aufzug, Lager und neuen Toiletten ersetzt wird, könnte das auch für den Alpenverein interessant werden: Die Pläne sehen einen Boulderraum vor – ihn eingeschlossen, kommt der neue Anbau mit Abriss des alten Rucksacks, Nebenkosten und Ausstattung auf geschätzt einer Million Euro. Die Stadtverwaltung schätzt die Kosten für die Sanierung und Gestaltung des Bestandsgebäudes auf eine weitere Million Euro.
Übernimmt der Alpenverein die Finanzierung des neuen Kletterangebots, werde der Raum gebaut, sonst falle der Rucksack eben kleiner aus, informierte Stadtbaumeister Georg Dietze die Räte. CSUStadtrat Thomas Ermer hatte einen Lösungsvorschlag: Da der Boulderraum ja Teil der städtischen Jahnhalle sein würde, könne der Verein die Gebäudehülle gar nicht bezahlen und dafür Fördergelder erhalten, nur für die Innenausstattung könne der DAV aufkommen. „Es wäre aber möglich, dass die Stadt baut, vielleicht in Verbindung mit Fördermitteln, und der Verein den Raum entsprechend mietet“, schlug der Jurist vor. Zudem sei es optisch stimmiger, mit dem vorgesehenen Boulderraum einen kompletten Gebäuderiegel an der Jahnhalle anzusetzen. Gespräche mit dem Alpenverein würden derzeit noch geführt, so der Oberbürgermeister, der die Anregung mit aufnehmen möchte.
Birgit Rembold, GBL-Stadträtin und Mitglied im Jahnhallenverein, bot an, der Verein könne bei Veranstaltungen in einer „Baustellengalerie“im Foyer Besucher über Planungen und Baufortschritt informieren – auch dieser Vorschlag fand Gefallen im Rathaus. Rembolds Wunsch, die Jahnhalle für Veranstaltungen von mehr als 200 Personen vorzusehen, will die Stadt ebenfalls überprüfen. Dazu müsste die Halle jedoch als Versammlungsstätte eingestuft werden. Welche Folgen vor allem auf finanzieller Seite das hätte, will sich die Stadtverwaltung nun noch einmal näher anschauen.
Neben der abschnittsweisen Sanierung verteilt auf mehrere Haushaltsjahre, mit der die Stadt einem Antrag der GBL-Fraktion entspricht, steht bereits in den kommenden Monaten eine optische Verschönerung des Hauses an. Der Jahnhallenverein übernimmt zwei Drittel der Kosten, sagte GBL-Rätin Angelika Fischer im Stadtrat. „Wir haben gemeinsam mit dem VfL schon viel Geld in die Optik des Hauses gesteckt. Und das werden wir auch weiter tun“, kündigte Fischer an.
Dritte Bürgermeisterin Ruth Niemetz ist selbst im VfL-Vorstand aktiv. Sie machte deutlich, dass der Sportverein, der die meisten Räume als Mieter nutzt, die gemeinschaftliche Nutzung von Sportangeboten und Vereinsleben begrüßt. „Wir wollen keine Konkurrenz zum Forum am Hofgarten schaffen“, so Niemetz.
Willy Brandt, Vico Torriani und der Hababa