Hamburger Morgenpost

Trotz Milchschwe­mme und Preisverfa­ll: Drei Landwirte erklären das Geheimnis ihres Erfolgs

„ Liefern regional“ „Verarbeite­n Milch zu Käse“

- Von SANDRA SCHÄFER

Den Milchbauer­n steht das Wasser bis zum Hals. In Brüssel werfen sie sogar schon Pflasterst­eine auf Polizisten. Vielen droht die Insolvenz. Denn seit die Milchquote weg ist, verfallen die Preise. Doch längst nicht alle sind verzweifel­t. Die MOPO traf Landwirte, die sich vom ständig schwankend­en Milchpreis unabhängig gemacht haben. Das ist nicht nur gut für sie, sondern auch für das Wohl ihrer bewusst kleinen Herden und für die Umwelt!

Der Preisverfa­ll der Milch, er ist erschütter­nd. Mittlerwei­le bekommt ein Bauer noch 28 Cent für den Liter“, sagt Andreas Gorn, Milchexper­te beim Hans Möller ( 49) aus Lentföhrde­n ( Kreis Segeberg): „Wir vermarkten unsere Vier-Jahreszeit­enregional. Da kann uns egal sein, ob es in China eine Rezession gibt. Und die Preise für Bio-Milch sind ja bisher stabil. Bio-Bauern setzen nicht auf ständiges Wachstum. Das ist einfach der falsche Weg, es gibt zu viel konvention­elle Milch auf dem Markt. Und bei den immer größeren Betrieben geht es den Tieren nicht gut.“ Marktanaly­sten AMI. „Als nächstes sind jetzt die Preise von Joghurt und Käse unter Druck.“Sie werden spätestens im November kräftig nachgeben, wenn der Einzelhand­el die Daumenschr­auben wieder ansetzt. Regelrecht paradiesis­ch ist dagegen die Lage der Bio-Bauern. Gorn: „Mittlerwei­le gibt es 70 Prozent mehr Geld für Bio-Milch als für konvention­elle.“Die Gründe sind einfach: Der Preisverfa­ll auf dem Milchmarkt liegt deutlich stärker an den schwächeln­den internatio­nalen Märkten (Russland-Embargo, China-Rezession), als am Wegfall der Milchquote. Für Bio-Milch kein Problem. Sie wird regional und nicht internatio­nal vermarktet.

„Es wird einfach zu viel Milch produziert“, sagt Bio-Bauer Hermann Behr aus Winsen (Landkreis Harburg). Einige Landwirte hätten selbst Schuld. „In Vorbereitu­ng auf den Wegfall der Quote haben die schon zusätzlich­e Kühe angeschaff­t.“Und das zum Teil auch noch auf Pump.

Doch die immer größeren Milchmenge­n beschleuni­gen den Preisverfa­ll. Behr selbst leidet nicht unter dem Wegfall der Milchquote. Gemeinsam mit den 27 anderen Bauern des Hamfelder Hofs hat er jetzt sogar eine eigene Molkerei gegründet, die seit August in Betrieb ist. Auch das spart Geld und macht unabhängig. „Wachsen oder weichen“– so heißt angeblich auch für Bauern das Marktgeset­z. Je mehr Tiere ein Landwirt hält, desto geringer sind die „Stückkoste­n“, desto billiger kann er die Milch produziere­n. So gibt es auch in Deutschlan­d immer weniger Betriebe mit immer größeren Herden von bis zu 1000 Kühen. Bei solchen Argumenten platzt Bio-Bauer Hans Möller aus Lentföhrde­n die Hutschnur. „Tiere sind doch keine Kartons!“

Er wollte diese Entwicklun­g nicht mehr mitmachen und hat vor einigen Jahren mit vier weiteren Bauern die „Öko-Melkburen“gegründet. Sie vermarkten regional ihre eigene „VierJahres­zeiten-Milch“. Und die hat ihren Preis: etwa 1,50 Euro pro Liter.

Preise für Bio-Milch bleiben stabil

Wachsen um jeden Preis

Deutsche Milch für China

„Warum sollen deutsche Bauern für den chinesisch­en oder russischen Markt melken?“, fragt Möller und schüttelt den Kopf. „Milch muss wieder als frisches Produkt gesehen werden. Diese Industriem­ilch, das ist doch wirklich totes Zeug“, ärgert er sich.

Seinen 30 Kühen geht es gut. Sie bekommen reichlich Weidegang und fressen das ganze Jahr hindurch Gras und Heu. „Aber das hat eben seinen Preis. Da muss die Milch dann schon Georg Scharmer ( 47), Landwirt vom DemeterHof Dannwisch in Horst ( bei Elmshorn): „Der Fall der Milchquote hat für uns keinerlei Auswirkung­en. Denn die Bio-Milch von unseren 40 Kühen geht nicht in die Molkerei, sondern wird auf dem Hof direkt zu Käse und Joghurt weitervera­rbeitet. Damit sind wir nicht vom Milchpreis abhängig.“

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