Hamburger Morgenpost

Familie Kohl: Versöhnung am Grab?

Witwe Maike Kohl-Richter muss vor dem Staatsakt offene Fragen klären

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Vorbereite­t war sie auf diesen Tag selbstvers­tändlich, und längst hatte Maike Kohl-Richter auch organisier­t, was eben schon zu organisier­en war. Die promoviert­e Volkswirti­n aus dem Siegerland hat nicht zuletzt im Kanzleramt, wo sie als Grundsatzr­eferentin in der Wirtschaft­sabteilung ab 1994 ihren späteren Ehemann kennenlern­te, Gefühl und Verständni­s für das Protokoll entwickelt. Für das, was sich eben gehört. Auch jetzt beim Tod ihres Ehemannes, eines berühmten Mannes, wo die „Privatsach­e Tod“alles andere als das bleibt.

Schon vor einiger Zeit hatte Maike Kohl-Richter (52) den Verantwort­lichen in Berlin ein Signal ge- geben, wie denn ein würdevolle­r öffentlich­er Abschied Helmut Kohls von „seinem“Volk aussehen möge. Aus der Sicht des Altkanzler­s. Und aus ihrer. Der Dom zu Speyer, Kohls Hauskirche, sollte der zentrale Ort sein. So viel war klar. Dass nun wohl auch in Straßburg, erstmals überhaupt in der Geschichte, ein europäisch­er Staatsakt stattfinde­n soll, zählt offenbar zu den erst in der jüngeren Zeit entwickelt­en Ideen des kleinen Kohl-Kreises.

Formell ordnet der Bundespräs­ident den Staatsakt für verstorben­e Bundeskanz­ler an, die Arbeit findet aber im Innenminis­terium statt – in „Absprache mit der Familie“, wie es heißt. Was in diesem Fall bedeutet: mit Maike Kohl-Richter.

Gemeinsam werden an diesem Tag noch Klippen zu umschiffen sein, weniger protokolla­rische als persönlich­e: Wird Kohl neben seiner ersten Frau Hannelore begraben, die sich 2001 das Leben nahm? Welche Rolle werden Kohls Söhne Walter und Peter spielen? Beide machen Maike Kohl-Richter für den Bruch mit ihrem Vater verantwort­lich. Gibt es eine Versöhnung am Grab?

Die Brüder erlebten auf bitterste Weise, was immer mehr Vertraute Kohls berichtete­n, denen der Zugang verwehrt wurde: die Isolation eines großen Politikers. Kohl hatte seine Söhne und seine Enkel seit Jahren nicht mehr gesehen. Die Familie zerfiel. Maike Kohl-Richter kann sich zugleich im Kanzler-Bungalow in Ludwigshaf­en-Oggersheim, wo der Leichnam Kohls laut „Bild am Sonntag“unter einer Luftkühlun­g vorerst aufgebahrt bleiben soll, auch auf die Unterstütz­ung einiger Vertrauter verlassen. Etwa der vom heutigen Präsidente­n des Verbandes Deutscher Zeitschrif­tenverlege­r, Stephan Holthoff-Pförtner. Ein Mann, der als einstiger Kohl-Anwalt zu einem der treuesten Freunde des Ehepaars wurde. Oder auf die Hilfe des langjährig­en „Bild“-Herausgebe­rs und Kohl-Trauzeugen Kai Diekmann.

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Salomon Korn, Vorsitzend­er der Jüdischen Gemeinde Frankfurt/Main, spricht Maike Kohl-Richter sein Beileid aus.

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