Im Rausch der Pilze
Vor 75 Jahren entdeckte ein Schweizer durch Zufall LSD
BASEL - Es war Freitag, der 16. April 1943. Albert Hofmann räumt sein Labor beim Pharmaunternehmen Sandoz in Basel etwas frustriert fürs Wochenende auf. Seine Suche nach einem Mittel zur Kreislaufstabilisierung kommt nicht recht voran. Und dann passiert’s. Er erlebt einen gewaltigen Rausch, den er später als wunderbares Erlebnis bezeichnet. Der Chemiker war vor 75 Jahren etwas schlampig im Labor gewesen und mit dem Mittel in Berührung gekommen, an dem er forschte: Lysergsäurediethylamid, abgekürzt: LSD.
„Ich musste das Labor verlassen, ich hatte das Gefühl, es passiert etwas mit dir. Ich fuhr mit dem Rad nach Hause, legte mich hin und hatte ein wunderbares Erlebnis. Was immer ich mir vorstellte, war bildhaft vor mir, tief beglückend. Es dauerte drei, vier Stunden, und dann verschwand es“, beschrieb Hofmann Jahre später die Ereignisse.
Am folgenden Montag, dem 19. April, nahm er bewusst LSD ein, das er aus dem Pilz Mutterkorn gewonnen hatte, aber eine viel zu große Dosis. Was folgte, war entsetzlich: „Ein Horrortrip“, sagte Hofmann. „Ich dachte, jetzt hast du eine große Erfindung gemacht und jetzt musst du gehen.“Möbelstücke hätten in seiner Wahrnehmung groteske Formen angenommen, die Nachbarin sei ihm wie „eine bösartige, heimtückische Hexe mit einer farbigen Fratze“erschienen. Nach Stunden ließ die Wirkung nach: „Ich hatte das Gefühl, es kommt ein neues Leben in mich hinein, ich kann gar nicht beschreiben, wie schön es war.“
Hofmanns Arbeitgeber macht aus der Substanz bald ein Medikament, das zum Einsatz in der Psychotherapie auf den Markt kommt. Ärzte setzten LSD bei der Behandlung von Alkoholikern ein, als Stimmungsaufheller bei Schizophrenie-Patienten oder bei Traumata. In den 60er Jahren wurde LSD von der Flower-Power-Bewegung entdeckt. Die Beatles tönten 1967 „Lucy in the Sky with Diamonds“, abgekürzt: LSD. Jimi Hendrix galt als LSD-Anhänger.
Wegen falscher Dosierung erlebten Menschen immer öfter Horrortrips. Verbrechen wurden im LSD-Rausch verübt und Selbstmorde begangen. Ende der 60er Jahre wurde die Droge in den USA, dann weltweit verboten. Erst Jahrzehnte später wuchs wieder das akademische Interesse an den Möglichkeiten von LSD. Der Schweizer Psychiater Peter Gasser durfte 2007 mit einer Ausnahmegenehmigung erforschen, wie LSD Patienten mit Krebs oder anderen tödlichen Krankheiten hilft.