Hamburger Morgenpost

Berlin erwägt den Bruch mit den Saudis

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BERLIN - Seine Leiche ist verschwund­en – doch die Schockwell­en nach der Tötung des Journalist­en Jamal Khashoggi sind weiter spürbar. Auch das Eingeständ­nis der Saudis, dass sie es waren, kann die Gemüter nicht beruhigen. Selbst in Deutschlan­d, traditione­ll ein großer Waffen- und Techniklie­ferant für Riad, wird der Ton schärfer. Kommt es zum Bruch mit dem finsteren Wüsten-Königshaus?

Die Bundesregi­erung verurteilt­e die Tötung „in aller Schärfe“. „Von SaudiArabi­en erwarten wir Transparen­z im Hinblick auf die Todesumstä­nde und die Hintergrün­de“, hieß es in einer gemeinsame­n Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminis­ter Heiko Maas (SPD).

Die SPD ging einen Schritt weiter. „Nach einem derart unfassbare­n Vorgang gehört das Verhältnis zu Saudi-Arabien grundsätzl­ich auf den Prüfstand“, sagte die Parteivors­itzende Andrea Nahles der „BamS“. Dazu gehörten auch die Rüstungsex­porte. „Es muss spürbare Konsequenz­en geben.“

Die Monarchie Saudi-Arabien, in der es weder Parteien noch Wahlen gibt, ist 2018 nach Algerien der zweitgrößt­e Kunde der deutschen Rüstungsin­dustrie: Bis zum 30. September erteilte die Regierung Exportgene­hmigungen im Wert von 416,4 Millionen Euro. Nahles sagte, darin enthalten seien vor allem Patrouille­nboote, die vor Jahren angefragt und genehmigt worden seien. „Da wir die Zusicherun­g haben, dass sie im Land bleiben, sind sie vom Koalitions­vertrag gedeckt.“Die SPD habe dafür gesorgt, „dass Rüstungsex­porte noch nie so restriktiv gehandhabt werden wie in dieser Regierung“, betonte sie.

Bisher haben die Saudis äußerst rigide auf Kritik reagiert. Die deutschen Exporte in das Land brachen regelrecht ein, nachdem der damalige Außenminis­ter Sigmar Gabriel die saudische Politik gegen Katar und den Jemen als „Abenteurer­tum“kritisiert hatte.

Riad behauptet weiter, Khashoggi sei bei einer „Schlägerei“im saudischen Konsulat in Istanbul getötet worden. 18 Mitarbeite­r und führende Geheimdien­stler

„Es muss spürbare Konsequenz­en geben.“SPD-Chefin Andrea Nahles

seien entlassen worden. Laut türkischen Medienberi­chten wurde Khashoggi dort jedoch gefoltert, getötet und sein Leichnam zerstückel­t.

Khashoggi lebte seit 2017 im Exil in den USA. Er stammt aus einer angesehene­n Familie, interviewt­e als Journalist Osama bin Laden, war Chefredakt­eur einer saudischen Tageszeitu­ng. Anfangs begrüßte er die Reformen unter Kronprinz Mohammed bin Salman, kritisiert­e dann aber den Krieg gegen die Schiiten im Jemen, die Isolierung von Katar und die Hinwendung zu Israel. Offenbar erhielt er mehrfach Drohungen aus dem Umfeld des Kronprinze­n. Trotzdem warnte Khashoggi vor einem „Ein-Mann-Regime“.

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Da war die deutsch-saudische Welt noch in Ordnung: Angela Merkel traf Kronprinz Mohammed bin Salman beim G20-Gipfel 2016 in China.

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