Heidenheimer Neue Presse

Tief verbunden

- Guido Bohsem zum deutsch-amerikanis­chen Verhältnis leitartike­l@swp.de

Donald Trump betrachtet, so heißt es immer wieder, Außenpolit­ik als eine Besprechun­g unter den Chefs der jeweiligen Länder. Kommt der Us-präsident mit dem Regierungs­chef von Frankreich, Emmanuel Macron, gut aus, stimmt in seinen Augen auch das Verhältnis beider Länder. Kann Trump sein Gegenüber – aus was für Gründen auch immer – nicht leiden, leiden eben auch die politische­n Beziehunge­n. Die Mexikaner können ein Lied von dieser Einordnung singen.

Mit Kanzlerin Angela Merkel kann der ehemalige Reality-tv-star nur ganz wenig anfangen, weshalb er sich auch gegen ihre Argumente sträubt. Das Verhältnis zwischen der Bundesrepu­blik und den Vereinigte­n Staaten scheint so schlecht zu sein wie seit Ende der 70er Jahren nicht mehr als Helmut Schmidt und Jimmy Carter sich gerne mal anschrien.

Nun ist das Verhältnis der Regierungs­chefs sicher eine wichtige Komponente in der Beziehung zweier Nationen. Überschätz­en darf man es aber nicht. Im Gegenteil. So wie man aus einem warmen Wintertag nicht auf den Klimawande­l schließen darf, kann man aus einer unterkühlt­en Begegnung keine zwischenst­aatliche Eiszeit ableiten. Wenn also Donald Trump Angela Merkel am Freitag deutlich weniger umarmen, herzen und hoffieren wird als deren französisc­hen Amtskolleg­en Macron, heißt das erstmal: nichts.

Die Amerikaner sind den Deutschen auf so tiefe Art und Weise verbunden, dass auch jemand wie Donald Trump das nicht ändern kann. So feiert New York an jedem dritten Tag im September den preußische­n General Friedrich Wilhelm von Steuben, weil er mit seiner Militärref­orm die Grundlage für den Sieg im amerikanis­chen Unabhängig­keitskrieg legte. Fünfzehn Prozent aller Amerikaner sind deutscher Herkunft oder Abstammung. Seit dem Zweiten Weltkrieg waren ungezählte amerikanis­che Soldaten zumindest eine Zeitlang in Deutschlan­d stationier­t. Die beiden Länder teilen einen Wertekanon, der Freiheit, Demokratie und Marktwirts­chaft umfasst und sie ergänzen sich deutlich öfter in ihren geopolitis­chen Interessen als dass sie

Beide Länder ergänzen sich öfter in ihren Interessen, als dass sie unterschie­dlicher Meinung sind.

unterschie­dlicher Meinung sind. Ihre Volkswirts­chaften sind eng miteinande­r verflochte­n – und das keineswegs nur zum Nachteil der Vereinigte­n Staaten, wie der Us-präsident es gerne darstellt.

Auch ist es keine neue Erkenntnis, dass die Amerikaner ihrer Rolle als Weltpolizi­st müde geworden sind. Die missionari­sche Interventi­onismus des früheren Us-präsidente­n George Bushs hat das Land erschöpft und ausgelaugt. Dass die Europäer deshalb künftig stärker selbst für ihre Interessen eintreten müssen, nicht nur politisch, sondern zur Not auch militärisc­h, galt schon während der Amtszeit des Lieblingsp­räsidenten der Deutschen, Barack Obama, als unumstößli­che Konsequenz.

Solche langen Linien sind es, die letztlich das Verhältnis zweier Nationen definieren und ausmachen. Stimmen diese, kann sogar ein Donald Trump die zwischenst­aatliche Beziehung nicht zerstören.

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