Heidenheimer Neue Presse

Immer angepasste­r

- Thomas Block

Ein halbes Jahr nach ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag hat sich die Partei, die sich die Alternativ­e in den Namen geschriebe­n hat, in rasender Geschwindi­gkeit an die Verhaltens­muster der anderen Parteien angenähert. War man am Anfang noch stolz darauf, dass die Afd-abgeordnet­en bereits alle ihre Sitze im Plenarsaal eingenomme­n hatten, als in den Stuhlreihe­n der anderen Parteien noch gähnende Leere herrschte, klafft inzwischen auch im Sitzblock ganz rechts regelmäßig ein nicht zu übersehend­es Loch. Der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer Bernd Baumann wird nicht müde zu betonen, dass die AFD thematisch genau so breit aufgestell­t ist wie alle anderen. Und die drei Abgeordnet­en, die Ausschüsse leiten, erklären stets, wie überpartei­lich sie dieses Amt wahrnehmen würden.

Sebastian Münzenmaie­r zum Beispiel. Der 28-Jährige, gegen den ein Verfahren wegen gefährlich­er Körperverl­etzung läuft, sitzt dem Tourismus-ausschuss vor und sagt: „Ich verstehe meine Rolle als neutrales, moderieren­des Amt.“Die Atmosphäre sei angenehm, harmonisch, schließlic­h arbeite man für ein „gemeinsame­s Ziel“.

Die Mühlen des Bundestage­s haben die Fraktion merklich geschliffe­n. Das ändert nichts an ihrer Ausrichtun­g. In einer Rede hat der Abgeordnet­e Gottfried Curio das Fortpflanz­ungsverhal­ten von Afrikanern ebenso thematisie­rt wie die anstehende Übernahme Deutschlan­ds durch die hier lebenden Türken. Meldet sich die AFD zu ihren Kernthemen zu Wort, tut sie das im national-populistis­chen Tonfall. Wenn es nicht um ihre Kernthemen geht, schaffen es Afd-abgeordnet­e trotzdem, einen Bezug zur Flüchtling­skrise herzustell­en.

Und es ändert nichts an ihren öffentlich­en Auftritten. Im Plenum fallen die Abgeordnet­en vor allem mit aggressive­n Zwischenru­fen und zahlreiche­n Zwischenfr­agen auf. Und im Internet werden die anderen stets als „Altparteie­n“und Claudia Roth (Grüne) als „Deutschlan­dhasserin“bezeichnet.

Münzenmaie­r sieht das natürlich anders: „Das Plenum ist lebendiger und emotionale­r geworden.“Und dass die AFD nicht mehr vollzählig an den Sitzungen teilnimmt, liege nicht an ihnen. „Es gibt unglaublic­h viele Termine neben dem Plenum“, sagt er. Das gehe nicht. Die AFD will deshalb die Geschäftso­rdnung des Bundestage­s ändern. Bevor die Geschäftso­rdnung sie ändert.

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Foto: dpa Auch bei der AFD öfters leer: Sitze im Bundestag.

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