Schöne Regatta im Schneckentempo
Beim diesjährigen Medien-cup auf dem Bodensee hätte die langsamste Yacht gewinnen sollen. Die Crew der SÜDWEST PRESSE wird Vierter bei Kaiserwetter. Von Helen Weible
frischen Morgen des Bundestagswahl-sonntags ließ sich erahnen, dass es ein herrlicher Tag am Bodensee werden würde. Alle Leser, die das Glück hatten, zur Crew der SÜDWEST PRESSE beim diesjährigen Medien-cup zu gehören, kamen bei Kaiserwetter auch voll auf ihre Kosten. Das einzige, das schmerzlich fehlte bei diesem Rennen der sieben Medienhäuser, eine Segel-regatta gesponsert von der Interboot, war der liebe Wind.
Immer wieder blies ein leichter Hauch am Hafen von Friedrichshafen durch, der vormittags noch etwas wolkenbehangen war. Die frohe Hoffnung der Veranstalter sollte sich dann nicht ganz bewahrheiten: Denn das Wetter wollte gegen 14 Uhr zum Regatta-start nicht wirklich umschwingen. Zwar trieb ein mäßiger Wind die diesigen Wolken fort und die Herbstsonne brannte überraschend kräftig auf die Häupter der Medien-cup-teilnehmer herab.
Aber es schien, als ob gerade im Großraum vor der Zeppelinstadt die Luftströme ausblieben und so lagen alle sieben Original-charterboote der Match Race Germany nach der Ausfahrt mit Motor seelenruhig im Wasser und trieben lautlos vor sich hin. „Diese Stille“, schwärmte Swp-leserin Monika Bux aus Blaubeuren deshalb. Tatsächlich fanden auch die anderen, Elisabeth Jeckel aus Rottenburg, Romy Korb aus Michelbach an der Bilz, Manfred Madel aus Ulm, Helmut Schlosser aus Senden, Heinz Müller aus Metzingen und Josef Reibl aus Ammerbuch auf der Yacht der SÜDWEST PRESSE ihre sportliche Entspannung.
Egal, dafür hatte die Crew ausgiebig Zeit, die Vorfahrtsregeln auf dem Wasser zu üben und einen gesunden Ehrgeiz für die Wettfahrt zu entwickeln. „Lee vor Luv“heißt es in seemännischer Sprache. Das Schiff mit Steuerbord-bug muss dem mit Backbord-bug ausweichen, damit es keinen Zusammenstoß gibt. Hängt mit der Ausrichtung der Segel zusammen. Das, bei dem der Wind von links kommt, hat Vorfahrt. Alles klar? Auch Manöver-fahren war nach mehrmaligem Üben kein Problem, auch wenn die farbigen Fäden an den Segeln kaum im Wind wedelten.
„Klar zur Wende?“, fragte der gerade zuständige Mann am weißen Steuerrad. „Klar!“, antwortete die fleißige SWPCREW unisono. Und nach drei, vier Versuchen saßen die Handgriffe perfekt. Skipper Andi Graf, mit jahrzehntelanger Segel-regatta-erfahrung, hatte die Crew auf alles vorbereitet auf der acht Tonnen schweren und dennoch schnittigen Sportyacht. Aber schnelles Manövrieren war an diesem Tag nicht gefragt, eher äußerst geduldiges Taktieren – und ganz viel Glück.
Die Jubelschreie auf der Yacht der Badischen Zeitung, die das erste Schneckenrennen für sich entschieden hatte, waren umso euphorischer, nach dieser Entdeckung der Langsamkeit. Obwohl die Swp-yacht den besten Start erwischte, reichte es im ersten Durchgang nur zu Platz vier. Im zweiten lag der dritte Rang in greifbarer Nähe, hätte nicht das Team der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine fiese Wende gefahren und der Swp-yacht den Weg abgeschnitten. So musste das SWP-BOOT ganz scharf an der roten Boje vorbei, touchierte diese dann doch sanft – und handelte sich damit einen sogenannten Kringel zur Strafe ein. Die 360-Grad-wende kostete natürlich einiges an Zeit.
Die SWP-CREW nahm zwar anschließend wieder Kurs auf. Aber die Boote waren zu weit auseinander gedriftet, sodass die Renn-jury die Sirene zum Abbruch ertönen ließ. Also doch wieder Vierter im zweiten Durchgang. Ganz ordentlich! Wettfahrtleiter Michael Nöltke analysierte jede Leistung mit einem Augenzwinkern, wohlwissend dass an diesem Tag keine richtige Regatta zustanden gekommen war.