Leute im Blick
Keiner der Richter nimmt Peter Madsen die Geschichte vom tragischen Unfalltod der Reporterin in seinem U-boot ab. Während sie seine Verteidigung in der Luft zerreißen, sitzt der Erfinder völlig emotionslos da. Minutenlang zuckt kein Muskel.
Das passt zu dem Menschen, den Psychologen als emotional schwer gestört, als frei von Werten beschreiben. „Unglaubwürdig“, sagt Richterin Anette Burkø. Das ist das entscheidende Wort. Das Gericht hält ihn für den kaltblütigen Mörder Kim Walls, für einen Sexualverbrecher. Madsen bekommt die Höchststrafe: Er muss lebenslang ins Gefängnis.
„Hier ist die Rede von einem zynischen und geplanten sexuellen Übergriff und Mord von besonders brutalem Charakter an einer Frau“, sagt Burkø. Die Geschichte, die sie nach dem Urteilsspruch noch einmal erzählt, ist eine Horrorstory. Lange vor der schicksalsträchtigen Sommernacht im August 2017 habe der 47-Jährige sein Verbrechen geplant. Mehrere Frauen fragte er, ob sie mit ihm auf Tour wollten. Alle lehnten ab – Wall (30) nicht. Ein zufälliges Opfer, „zur falschen Zeit am falschen Ort“, sagt Staatsanwalt Jakob Buch-jepsen.
Wall ist Reporterin, hat aus Uganda und Sri Lanka berichtet. „Sie fand Geschichten, wo immer sie hinreiste“, erzählt ihre Mutter. „Kim hatte eine besondere Fähigkeit, den Menschen zu sehen.“Der Mensch in ihrer nächsten Story sollte Madsen sein. Vor der Tauchfahrt habe sie zwar etwas Angst gehabt, sagt ihr Freund. Doch eher wegen des beklemmenden Gefühls unter Wasser.
Perverse Sex-fantasien
Keiner ahnte, welche perversen Sex-fantasien der Erfinder hegte. Für das Gericht ist erwiesen, dass er Wall im U-boot fesselte, auf Brüste, Bauch und Geschlechtsteile einstach und sie dann tötete. Die Leiche fand man in Einzelteilen Tage und Wochen später im Meer, erst Torso und Kopf, dann Beine und Arme.
Madsens Erklärung, Wall sei bei einem Unfall an Abgasen erstickt, passe nicht zusammen, so das Gericht. Ebenso seine Behauptung, dass Wall schon tot war, als er auf sie einstach.
Vor dieser tödliche Sommernacht war Peter Madsen in Dänemark als ziemlich verrückter, doch genialer Wissenschaftler populär. Im Gericht ändert sich das Bild, er wirkte oft, als halte er sich für den Klügsten im Raum.
Die Details, die zu Tage kamen, sind so entsetzlich und grausam, dass die Richter irgendwann baten, nur noch das Notwendigste sehen zu müssen. Madsen war fasziniert vom Tod – in seiner brutalsten Weise. Er schaute Videos, auf denen Menschen hingerichtet und enthauptet werden – echte Filme, keine Fiktion. Die Bilder sahen im Prozess nur Richter, Verteidigung und Anklage. Die Geräusche der sterbenden Menschen jedoch hörten alle.
Staatsanwalt Buch-jepsen ist überzeugt, dass diese Videos Madsen sexuell erregten – und dass er sie deshalb im Boot nachstellte. Madsen beteuert, die Filme hätten für ihn keinen sexuellen Wert. Das glaubt ihm die Anklage nicht. Weil sie Sperma in der Unterhose fand, die Madsen in der Mordnacht trug. Weil Zeugen sagten, er habe davon geträumt, in der „Nautilus“Snuff-pornos zu drehen, Morde vor laufender Kamera. Bei der letzten Fahrt hatte Madsen eine Kamera an Bord, die Speicherkarte ist verschwunden.
Berufung angekündigt
All das seien jedoch keine Beweise, nur „Annahmen und schwache Indizien“, hatte Verteidigerin Betina Hald Engmark argumentiert. Minuten nach dem Urteil kündigt sie an, in Berufung zu gehen.
Doch die Indizien der Anklage waren stark. So stark, dass die Richter die Höchststrafe aussprachen. In Dänemark werden lebenslang Verurteilte im Schnitt nach 15 Jahren begnadigt. Dafür hat Madsen keine Garantie. Es gibt Verbrecher, die wirklich bis zum Tod in Haft bleiben.
Die Psychologen halten das bei Madsen für angebracht: Er sei eine Gefahr für die Gesellschaft, es mangele ihm an Empathie, er sei pervers, narzisstisch. Gefühle zeigt er nur, wenn es um ihn selbst gehe. Nur ein Mal kamen ihm im Prozess die Tränen: Als er von der SMS erzählt, die er seiner Frau kurz nach Walls Tod schrieb. „Ich bin ein wenig auf Abenteuer mit Nautilus. Alles gut. Fahre in ruhiger See und Mondlicht. Tauche nicht. Küsse und Umarmungen für die Katzen.“
Wall schickte kurz vor der Todesfahrt auch eine SMS an ihren Freund. Heute erscheinen ihre Worte grausam prophetisch: „Ich lebe übrigens noch“, schrieb die junge Frau. Meghan Markle Prinz Harrys Verlobte (36) hat geheiratet – in der letzten Folge der Anwaltsserie „Suits“, in der sie eine Angestellte spielt. Im letzten Teil haucht sie ganz in Weiß händchenhaltend das Eheversprechen: „Du bist der Ehemann, den ich immer wollte. Ich liebe dich und werde dich immer lieben“– Klappe, Karriereende in Hollywood, Wiederholung am 19. Mai im richtigen Leben bei der Hochzeit mit Harry in Windsor.
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