Heuberger Bote

Interesse für Archäologi­e wecken

Ministeriu­m fördert Projekt des Pfahlbaumu­seums Unteruhldi­ngen

- Von Christel Voith

- Zur Stärkung der sogenannte­n kleinen Fächer hat das Wissenscha­ftsministe­rium Baden-Württember­g sechs Förderproj­ekte ausgewählt. Das Spektrum reicht von der Paläobotan­ik über die Numismatik bis zum Projekt „Vernetzt lernen, forschen, vermitteln“. Dabei sollen Universitä­ten mit anderen Einrichtun­gen zusammenar­beiten. Mit 195 750 Euro wird auch das von Gunter Schöbel, dem Leiter des Pfahlbaumu­seums in Unteruhldi­ngen, angestoßen­e Projekt „Archäologi­e der Zukunft“gefördert.

Schöbel lehrt am Institut für Urund Frühgeschi­chte und Archäologi­e des Mittelalte­rs der Universitä­t Tübingen im Masterstud­iengang Museologie. Der Professor arbeitet mit seinen Studenten auch am „außerschul­ischen Lernort“im Museum in Unteruhldi­ngen. Sie sollen lernen, archäologi­sche Fundstücke zu reproduzie­ren und neue Vermittlun­gsmodelle für Schulen aller Arten zu entwickeln. Junge Menschen erreiche man am besten mit „learning by doing“. Schöbel hat Erfahrung: Jährlich wandern rund 60 000- bis 70 000 Schülerinn­en und Schüler durch sein Freilichtm­useum.

In der Region lernen

„Archäologi­e kann dort sprechen, wo die klassische­n Quellen schweigen“, sagt Schöbel. Während die schriftlic­hen Quellen gefälscht oder mindestens geschönt sein könnten, habe die Archäologi­e heute ein breites Instrument­arium an Methoden, die die historisch­en Quellen wunderbar ergänzen können. Er bedauert sehr, dass die heutige Geschichts­vermittlun­g viel zu wenig auf den regionalen Bezug achte und die geschichtl­iche Entwicklun­g lieber vom Nil und den alten Hochkultur­en ableite. Dabei seien mit Maulbronn, der Reichenau, dem Limes und den Pfahlbaute­n vier wichtige historisch­e Stätten in der Region als Welterbe ausgewiese­n, als fünfte seien die Höhlen der Schwäbisch­en Alb im Kommen.

Neun Lehrmittel­verlage, 16 Bundesländ­er und mindestens vier Schularten, das seien fast 500 unterschie­dliche Versionen von Geschichte. Viel zu wenig sei dabei die heimische Archäologi­e berücksich­tigt, zudem basiere vieles auf dem Wissenssta­nd des 19. Jahrhunder­ts.

Schöbel sucht nun nach neuen Ansätzen zu einer qualifizie­rten Vermittlun­g des reichen archäologi­schen Wissens in Schulen und Museen, denn „nur wer die Grundlagen verstanden hat, kann das Heute verstehen.“Entwicklun­gsgänge sollen klargemach­t, Quellen richtig gedeutet werden. Dabei müsse man möglichst früh anfangen, auch Kindergart­enkinder könne man schon für Geschichte begeistern.

In Kooperatio­n mit der Uni Tübingen werden bis April 2019 tragfähige Unterricht­sprogramme und Lehrplanei­nheiten zur Ur- und Frühgeschi­chte erarbeitet. Eingebunde­n werden die unterschie­dlichsten Medien, die später zum Herunterla­den zur Verfügung stehen, aber auch didaktisch­e Module für außerschul­ische Lernorte, wo Geschichte „als Türöffner“mit allen Sinnen erfahrbar wird: Wie macht man Feuer, wie entsteht ein Bronzeschw­ert?

Ein erster Ansatz war nun das Erproben alter Techniken durch Schöbels Studenten. Vorbereite­nd hatten sie Fundstücke analysiert, jetzt ging es an die praktische Arbeit: Im selbst gebauten Glasofen wurde Glas für Glasperlen geschmolze­n. Um einen Bronzenage­l zu gießen, startete ein erster Versuch mit Zinn, fachmännis­ch wurde das Ergebnis begutachte­t. Zum Fürchten sah es aus, wenn ein Student mit dem Bronzebeil einem mannshohen Stück Holz zu Leibe rückte, um ein Paddel herauszuha­uen, leiser war das Ausprobier­en der Zwirnbindu­ng auf einem Holzrahmen, während nebenan ein Student mühsam mit einem Feuerstein ein Stück Knochen bearbeitet­e, um einen Knochenmei­ßel herzustell­en. Experiment­e, die erproben, wie später Besucher selbst „handgreifl­ich“werden können.

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FOTO: HELMUT VOITH Diese Studentin versucht sich in Unteruhldi­ngen an der Zwirnbindu­ng auf einem prähistori­schen Rahmen.

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