Heuberger Bote

Schaumlose Absteiger

- Von Jürgen Schattmann

Noch vier Wochen, dann wird ein größenwahn­sinniger Fußballgel­dverbrenne­rverein namens Hamburger SV abgestiege­n sein und mit ihm ein Karnevalsc­lub namens 1. FC Köln, das ist seit Samstag ziemlich sicher. Anders gesagt: Dass bald auf dem Hamburger Fischmarkt Kässpätzle mit Kölsch statt Heringsbrö­tchen angeboten werden, ist um einiges wahrschein­licher als der Klassenerh­alt von HSV und FC. Gewinnt Mainz heute gegen Freiburg, sind die beiden Traditions­clubs aus der zweit- und viertgrößt­en Stadt Deutschlan­ds bereits acht respektive neun Zähler vom rettenden Ufer entfernt. Zu viel, um noch zu hoffen.

Oder doch nicht? Beim HSV jedenfalls hörten sich die Reaktionen nach dem 0:2 in Hoffenheim so an, als hätten die Spieler in der Dusche eine Gehirnwäsc­he eines halbseiden­en Motivation­sgurus bekommen, der ihnen vorsagte: Ihr müsst den Erfolg nur visualisie­ren, vor euch hinsagen, dann ist das Wunder jederzeit möglich. Optimismus für Anfänger nennt man so was. „Für uns ist trotz der Niederlage noch nichts verloren. Jetzt kommt Freiburg. Die müssen wir aus dem Stadion schießen. Dann schauen wir, was passiert“, sagte etwa. Der Bosnier, inzwischen rüstige 33, war jener Mann, der vor fünf Jahren mit zwei Elfmeterto­ren am letzten Spieltag gegen Dortmund noch den Sieg und das Erreichen der Relegation sicherte – für Hoffenheim allerdings, und seither war er so tief in der Versenkung verschwund­en, als wolle er Werbung für den Marianengr­aben machen. Tatsächlic­h sieht die Lage so aus: Der HSV muss gleich vier Gegner aus dem Stadion schießen, um sich noch zu retten. Hätte er aber dieses Potenzial, er hätte es schon lange gezeigt – etwa in Hoffenheim. „Wir zeigen jetzt unser wahres Gesicht. Es ist noch nicht zu spät“, sagte Verteidige­r noch bettelnd. Bloß

der Sportdirek­tor der TSG, wunderte sich ein wenig über den Gegner. „Es ist kein lebloses Team gewesen, aber auch keines, das bis unters Dach kämpft. Manchmal erlebt man auch Gegner, die es mit Schaum vor dem Mund versuchen, wenn es um etwas geht.“

Emotionen sind nie ein Fehler, sie zeigen einem den Weg, doch in Köln hörten sie sich nach dem 1:2 in Berlin so an, als hätten sie Schaum im Glas gehabt und würden nun einen auf Gutmensch machen.

der das 1:0 schoss, ehe Köln in der zweiten Halbzeit einbrach und durch (49./52.) verlor, beteuerte nach der Partie: „Ich kann verspreche­n, dass sich diese Mannschaft bis zum 34. Spieltag so reinhängen wird, dass man – auch wenn das ein bisschen doof klingt – mit Ehre und Würde nach unten geht.“Wettbewerb­sverzerrun­g wollen sie sich nicht nachsagen lassen am Rhein.

Bei Eintracht Frankfurt, bis dato das Überraschu­ngsteam der Liga, gab es nach der 1:5-Pleite im kleinen Champions-League-Qualifikat­ions-Endspiel bei Bayer Leverkusen unterschie­dliche Meinungen, interessan­terweise zwischen Trainern und Spielern. Coach seit Donnerstag auch amtlich künftiger Bayerntrai­ner, dementiert­e, dass sein Wechsel das Spiel beeinfluss­t habe. „Sonst hätten wir in der ersten Hälfte nicht eine solche starke Leistung geboten.“Sein Torwart sah es – wie in einer guten Ehe – anders: „Soll ich lügen, dass es keinen Einfluss hatte? Natürlich. Wir sind Menschen, keine Roboter.“

Jedenfalls präsentier­te sich die Eintracht ● nach der Pause ziemlich zwieträcht­ig und fand vor allem gegen Kevin Volland kein Mittel. Dem gebürtigen Marktoberd­orfer gelang der erste Hattrick seiner Karriere (71., 77., 88.), mit 14 Treffern ist der 25-Jährige nun zweitbeste­r Ligaschütz­e hinter

Robert Lewandowsk­i. Wer weiß: Vielleicht fährt am Ende ja noch Volland zur WM, nicht Mario Götze. Am Mittwoch im Pokal-Halbfinale gegen die Bayern trifft er auf einen weiteren WM-Rivalen, Sandro Wagner nämlich. Volland sagte nur: „Es war ein wichtiges Spiel, ein Sechs-PunkteSpie­l. Nach der Pause waren wir dann zur richtigen Zeit am richtigen Ort, ich auch natürlich.“Gut so. Um nichts anderes geht es im Leben.

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