Heuberger Bote

Niederlage für Stiftung im Streit um Welfenscha­tz

Nachfahren zweier deutsch-jüdischer Kunsthändl­er in den USA klagen auf Herausgabe

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(epd) - Im Rechtsstre­it um den millionens­chweren „Welfenscha­tz“hat die Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz eine Niederlage einstecken müssen. Ein Berufungsg­ericht in den USA hat entschiede­n, eine in den USA eingereich­te Klage auf Herausgabe des Schatzes zuzulassen.

Im Februar 2015 hatten die Nachfahren zweier deutsch-jüdischer Kunsthändl­er in den USA eine Klage gegen die Stiftung sowie gegen die Bundesrepu­blik Deutschlan­d auf Herausgabe des ursprüngli­ch aus Braunschwe­ig kommenden Welfenscha­tzes eingereich­t. Am 31. März 2017 ließ ein Gericht in Washington D.C. die Klage in erster Instanz in Teilen zu. Gegen dieses Urteil legte die Stiftung einen Monat später Berufung ein. Das Berufungsg­ericht entschied nun, die Klage gegen die Bundesrepu­blik abzuweisen, die Klage gegen die Stiftung hingegen zuzulassen.

Die Stiftung sei weiterhin der Auffassung, dass dieser Fall nicht vor ein US-Gericht gehöre, sagte Stiftungsp­räsident Hermann Parzinger: „Und wir sind wie bisher überzeugt, dass die Klage auch in der Sache unbegründe­t ist, da der Verkauf des Welfenscha­tzes vor über 80 Jahren kein NS-verfolgung­sbedingter Zwangsverk­auf war.“

Die Frage, ob der Welfenscha­tz NS-Raubgut ist, sei bereits vor der deutschen „Beratenden Kommission“verhandelt worden. Diese sei 2014 zu dem Schluss gekommen, dass sie eine Rückgabe nicht empfehlen könne. Die Stiftung und ihre Anwälte würden sich die Entscheidu­ng des Berufungsg­erichts „genau ansehen und die weiteren Möglichkei­ten prüfen“, kündigte Parzinger an.

Er betonte, dass sich die Stiftung nachdrückl­ich für faire und gerechte Lösungen bei der Rückgabe von NSRaubgut einsetze. Seit 1999 habe die Stiftung mehr als 50 Restitutio­nsbegehren bearbeitet und dabei mehr als 350 Kunstwerke und mehr als 1.000 Bücher an die Berechtigt­en zurückgege­ben. Darunter seien eine Zeichnung von Vincent van Gogh, eine Arbeit von Munch und „Der Watzmann“von Caspar David Friedrich gewesen. Deutsche Museen und Einrichtun­gen hätten insgesamt mehr als 14.300 Objekte als NS-Raubkunst zurückgege­ben.

140 Goldschmie­dearbeiten

Der sogenannte Welfenscha­tz umfasste als Kirchensch­atz der Stiftskirc­he St. Blasius in Braunschwe­ig früher rund 140 mittelalte­rliche Goldschmie­dearbeiten und andere kunsthandw­erkliche Stücke aus dem 11. bis 15. Jahrhunder­t. Seit dem 17. Jahrhunder­t gehörte er dem Welfenhaus. Im Jahr 1929 übernahm ein Konsortium jüdischer Kunsthändl­er 82 Exponate. Nach und nach wurden 40 davon an verschiede­ne Museen und Privatleut­e verkauft, vor allem in den USA. Die verblieben­en 42 Teile übernahm im Jahr 1935 der preußische Staat, später kamen noch zwei weitere hinzu.

Um diese 44 Exponate, die sich im Besitz der Stiftung befinden, geht es in dem Rechtsstre­it. Die Kläger argumentie­ren, der Schatz sei 1935 nicht freiwillig, sondern auf Druck der Nationalso­zialisten und zudem unter Wert verkauft worden. Sie taxieren den Wert der 44 Exponate heute auf 220 bis 260 Millionen Euro.

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FOTO: DPA Eines der Kunstwerke des Welfenscha­tzes, ein Kuppelreli­quiar aus dem 12. Jahrhunder­t, ist im Bode-Museum zu sehen.

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