Geburtenstation: Gibt es einen neuen Entscheid?
In Illertissen sieht man die Vorgehensweise der Verantwortlichen kritisch. Wie die Bürgerinitiative nun reagieren will
Von frustriert bis stinksauer: In diesem Rahmen bewegt sich das Stimmungsbarometer bei der Bürgerinitiative „Geboren im Süden“, wenn es um die Lage der in finanzielle Nöte geratenen Kreiskliniken und die geschlossene Babystation in Illertissen geht. Das sagt Sprecher Wolfgang Karger, aus dessen Sicht die Verantwortlichen zu wenig tun, um die Krise in den Griff zu bekommen. „Wir sind enttäuscht darüber, dass sie gar nichts gemacht haben“, sagt er. Der Grund für den Unmut: Seit dem Bürgerentscheid für eine Wiedereröffnung der Illertisser Geburtshilfe ist ein halbes Jahr vergangen, neue Erkenntnisse gebe es hingegen wenige. Die rechtliche Prüfung bei der Regierung von Schwaben – ob der Entscheid trotz des zwischenzeitlich entdeckten Millionendefizits der Klinken vollzogen werden muss – ziehe sich hin. Und das obwohl der Wählerwille klar sei.
Man sehe ein, dass ein Gesamtkonzept für eine zukunftsfähige medizinische Versorgung im Landkreis Sinn macht, so Karger. Daran soll auf Kreisebene demnächst verstärkt gearbeitet werden: Bei einer Sitzung des zuständigen Krankenhausausschusses im Mai wird es auf Vorschlag von Landrat Thorsten Freudenberger darum gehen, den angesichts der Finanzmisere auf Eis gelegten Strategieprozess wieder aufzunehmen. Das ist aus Sicht der Bürgerinitiave auch wichtig, sagt Karger. Allerdings hätte zuvor noch die Geburtenabteilung wiedereröffnet werden müssen. „Das wäre die richtige Reihenfolge gewesen.“Deshalb legten sich die Mitglieder der Bürgerinitiative aktuell ihrerseits Vorgehensweisen zurecht.
Zunächst wolle man vom Landratsamt einen „Halbjahresbericht“einfordern, sagt Karger. „Um zu sehen, was seit dem Entscheid tatsächlich passiert ist.“Mit Spannung erwarteten die Befürworter der Geburtenstation das Ergebnis der Prüfung des Entscheids. Die Haltung dazu ist jedoch klar: „Wir glauben nicht, dass sich die Rahmenbedingungen entscheidend geändert haben.“Liegt das Fazit aus Augsburg vor, werde die Initiative dieses prüfen lassen. Gegebenenfalls wolle man eine Unterbrechung der Jahresfrist beantragen – oder zumindest untersuchen lassen, ob das möglich ist. Der Hintergrund: Das Votum eines Bürgerentscheids ist rechtlich gesehen zwölf Monate lang bindend.
Von dem erklärten Ziel, der Wiederöffnung der Station, abzurücken, komme nicht in Frage, sagt Karger. „Wir geben nicht auf.“Die Babystation sei für Illertissen und die Umgebung eine notwendige Einrichtung.
Der Hintergrund In Sachen Babystation herrsche völliger Stillstand
Dabei seien durchaus auch ein zweiter oder dritter Bürgerentscheid zu diesem Thema denkbar. Erste Überlegungen habe man bereits angestellt.
Auch Susanna Oberdorfer-Bögel, ebenfalls Vertreterin der Initiative, betrachtet das Geschehen rund um die Kliniken kritisch. Es sei erfreulich, dass Kreistag und Landratsamt nun vom Krisen- in den Arbeitsmodus wechselten und eine Reform angehen wollten. Dagegen herrsche beim Thema Geburtshilfe seit Monaten „völliger Stillstand“. Wohl auch deshalb, weil wichtige Unterlagen zur Prüfung der Regierung erst vor wenigen Wochen vorgelegt worden seien. Wo auch immer die Reise für die Kliniken hingehe: Die 23 000 Bürger, die für den Erhalt der Geburtshilfe gestimmt hatten, erwarteten ein Signal der Entscheidungsträger, dass eine (weitere) Geburtshilfe in den zukünftigen Planungen berücksichtigt werde. Der Wählerwille existiere losgelöst von der Entscheidung der Regierung, so Oberdorfer-Bögel. „Die Geburtenstation in Illertissen wird schmerzlich vermisst.“Durch deren Wegfall sei ein Vakuum entstanden, das keines der umliegenden Krankenhäuser derzeit füllen könne.
Man lege es nicht auf einen Streit an, betont Wolfgang Karger. Geht es nach ihm, dann wäre der Ärger vermeidbar, wenn zeitnah ein „vernünftiges Konzept“vorliegen sollte, das die Illertisser Bedürfnisse berücksichtigt. „Das wäre super.“