Neuer Raum für junge Kunst in Neu Ulm
Warum ein bebrillter Engel Botschafter wird
Engel tragen gemeinhin keine Sonnenbrillen, so etwas scheint es nur in Neu-Ulm zu geben: Über einem Tor in der Brückenstraße thront solch eine Putte mit Sehhilfe, eingerahmt von der Jahreszahl 1950. Nun wird das himmlische Wesen aus Stein zu einer Art Botschafter für unkonventionelle Kunst, denn diese Galionsfigur gibt einem nicht alltäglichen Projekt seinen Namen, das in einem leer stehenden Ladengeschäft darunter etabliert werden soll. In den Räumen richtet die Stadt den ersten kommunal betriebenen „Off Space“in weitem Umkreis ein. Damit werden nicht-kommerzielle Ausstellungsräume bezeichnet, die Platz für junge zeitgenössische Kunst bieten. Andernorts werden sie in der Regel von Initiativen betrieben, hier steht die Stadt dahinter. Das Ziel formulierte Ralph Seiffert, Leiter des zuständigen Rathaus-Fachbereichs, im Ausschuss für Bildung, Familie und Kultur ganz klar: „Wir wollen damit Kunst unterstützen und in die Stadt bringen.“Dafür nimmt die Kommune Geld in die Hand, 33 000 Euro soll das Projekt in diesem Jahr kosten. Die Mittel stammen wohl zu wesentlichen Teilen aus dem städtischen Haushalt, den Rest sollen Sponsoren dazugeben. Um in den Genuss von Fördergeldern zu kommen, wurde ein Verein für den Betrieb des „Off Space“gegründet.
Um nicht völlig vom Nullpunkt starten zu müssen, holte sich die Stadt drei erfahrene Künstler ins Boot, die ein entsprechendes Konzept entwickelten. Petra Schmitt, Martin Leibinger und Tommi Brem haben bereits mehrere Projekte dieser Art auf den Weg gebracht, darunter das Café Beirut in Ulm.
Das Trio war besonders fasziniert von dem bebrillten Steinengel, den es deshalb zur Symbolfigur machte: „So etwas haben wir nirgendwo sonst gefunden“, sagte Petra Schmitt. Ohnehin gebe es ja einen barocken Trend in der zeitgenössischen Kunst und der Wiedererkennungswert der Figur sei sehr groß.
Künftig soll die Putte in NeuUlm für unangepasste junge Kunst stehen, vor allem aus dem Bereich Bildhauerei, aber auch für Videound Soundkunst. Die kann sowohl von heimischen, aber auch internationalen Künstlern kommen und wird in vier bis fünf Ausstellungen pro Jahr in dem einstigen Laden präsentiert.
Dort müssen die Objekte aber nicht unbedingt bleiben, möglicherweise landet das eine oder andere in der Mitte des Verkehrskreisels auf dem Augsburger-TorPlatz, auch das ist ein bis zweimal jährlich vorgesehen. Ralph Seiffert verspricht sich von dem Projekt, dass die Kunst auch in die Stadt hinein wirkt, indem sie tatsächlich im öffentlichen (Straßen-)Raum präsentiert wird.
Die Ausschussmitglieder begrüßten die Idee. Die Frage von CSU-Frau Ursula Hörger, wie die Ausgaben wieder reingeholt würden, konterte Seiffert trocken mit dem Hinweis, es gehe hier um öffentlich geförderte Kunst. Der Gedanke an eine mögliche Refinanzierung spiele dabei keine Rolle.