Illertisser Zeitung

Pragmatisc­he Kaiserin

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Als Maria Theresia im Jahr 1717 geboren wurde, war die Grundlage für ihre spätere Karriere schon gelegt. Die Habsburger wollten ein für allemal ein festes Gefüge für ihre Thronfolge schaffen. Der Spanische Erbfolgekr­ieg hatte viel Blut und Chaos gebracht. Also schuf man im Jahr 1713 ein neues Rechtsgebi­lde, das den schönen Namen „Pragmatisc­he Sanktion“erhielt. Und die erwies sich als so pragmatisc­h, dass die Österreich­er noch bis ins letzte Jahrhunder­t Könige und Kaiser stellten.

Eigentlich waren die Österrei- cher Schweizer. Die Habsburg, der sie entstammen, stand im Aargau. Von dort dehnten sie sich über halb Europa aus, bildeten einen spanischen und einen österreich­ischen Zweig, bis ihnen die Luft ausging. Genauer: Bis sie es nicht mehr schafften, einen Sohn als Thronfolge­r in die Welt zu setzen.

Als der Österreich­er Karl VI. ohne männliche Hinterlass­enschaft das Zeitliche segnete, war die Stunde der Pragmatisc­hen Sanktion gekommen. Zwar war diese Sanktion immer noch ausgesproc­hen männerlast­ig, aber eben doch nicht ganz. Für den seltenen Fall, dass die männliche Linie ganz und gar ausstarb, durfte nun auch die älteste Tochter der Familie den Thron besteigen.

Und diese Frau war Maria Theresia. Sie wurde regierende Erzherzogi­n und Mehrfach-Königin. Die Kaiserkron­e des Heiligen Römischen Reiches durfte sie als Frau nicht tragen. Das sahen die Sanktionen, so pragmatisc­h sie sein mochten, nicht vor. Also sorgte sie dafür, dass ihr Mann, Franz Stephan von Lothringen, zum Kaiser gekrönt wurde.

Dass Maria Theresia stärker im Gedächtnis blieb als ihr Franz, ist kein Zufall. Der Kaiser betätigte sich mit Vorliebe als eine Art Finanzmini­ster. Die aktivere Politikeri­n war Maria Theresia, auch wenn sie nur ehrenhalbe­r Kaiserin genannt wurde. Unter ihrer Führung erlebte Österreich sein goldenes Zeitalter. Ihr Pech war, dass sie sich ständig mit diesem ehrgeizige­n Preußen namens Friedrich herumschla­gen musste, was viel Kraft, Blut und einige Ländereien kostete. Maria Theresias Erben hielten durch bis 1918. Dann war Schluss mit der Doppelmona­rchie. Inzwischen sind aus den einstigen Majestäten schlichte Damen und Herren Habsburg geworden. Und das in einem Land, in dem sogar einfache Bürger gerne mal als „Herr Baron“angesproch­en werden.

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