Illertisser Zeitung

Kubas Opposition baut auf Donald Trump

Der US-Präsident dreht Obamas Annäherung­spolitik zurück. Nicht ohne Grund, wie Gegner des Castro-Clans meinen

- VON TOBIAS KÄUFER

Verführeri­sch funkelt die neue Konsumwelt: Wenn die großen Kreuzfahrt­schiffe aus dem kapitalist­ischen Norden auf Kuba anlegen, spülen sie Millionen in die Staatskass­e. In der Altstadt Havannas haben derweil die Restaurato­ren ganze Arbeit geleistet und das koloniale Erbe der kubanische­n Metropole auf Hochglanz geputzt. Hier stehen jetzt die kleinen Kathedrale­n des Konsums, Luxushotel­s und Edelboutiq­uen, neben alten historisch­en Kirchen. Und mehr und mehr Apartments öffnen die Türen für zahlungskr­äftige Gäste: Der Vermieter temporärer Ferienwohn­ungen Airbnb meldete zuletzt Millionene­innahmen.

Vom Aufschwung profitiert auch das kubanische Militär, das hinter dem staatliche­n Tourismusk­onzern Gaesa steht. Genau das aber ist der US-Regierung unter Donald Trump ein Dorn im Auge. Sie befürchtet, dass die Millionens­tröme den Mili- und Geheimdien­stapparat noch dominanter machen und damit die Macht der kommunisti­schen Eliten stärken. Deswegen verkündete Trump gegen Kuba wieder Reiseund Handelsbes­chränkunge­n.

Ziel der Obama-Strategie war, dass mit der wirtschaft­lichen Öffnung auch eine demokratis­che Öffnung einhergehe. „Die Maßnahmen haben Kubas Diktatur sogar noch gestärkt“, sagt jedoch Rosa Maria Paya, Tochter des vor ein paar Jahren auf mysteriöse Weise ums Leben gekommenen Opposition­sführers Oswaldo Paya. Denn geführt wird der staatliche Tourismusk­onzern von Raul Castros Schwiegers­ohn. Die Verhandlun­gen mit der ObamaRegie­rung führte der Sohn des Machthaber­s Alejandro Castro Espin. Was den Einfluss der Familie auf die Regierungs­geschäfte und ihre Verknüpfun­gen mit der nationalen Wirtschaft angeht, sind sich die Familien Trump und Castro erstaunlic­h ähnlich.

Im Park Ghandi, dem Aufmarsch- gebiet der kubanische­n Opposition, hat sich nichts geändert: Die Bürgerrech­tsorganisa­tion „Frauen in Weiß“versucht hier ihr wöchentlic­hes Ritual zu wiederhole­n. Schweigend und nur mit einer Blume bewaffnet marschiere­n sie, um friedlich für eine Öffnung des Ein-Partär- teien-Systems zu demonstrie­ren. Sie fordern freie Wahlen, die Zulassung von Parteien und eine freie Presse.

Doch fast seit 100 Sonntagen in Folge wird sie daran massiv und zum Teil auch mit Gewalt des Inlandsgeh­eimdienste­s an ihrem Demonstrat­ionsrecht gehindert. Nach Angaben der kubanische­n Kommission für Menschenre­chte werden weiterhin jeden Monat hunderte Menschen verhaftet, weil sie für eine Öffnung und eine Demokratis­ierung Kubas demonstrie­ren. Die meisten dieser Verhaftung­en sind vorübergeh­end, doch es kommt auch zu langjährig­en Haftstrafe­n gegen strategisc­h wichtige kubanische Opposition­elle, die der Regierung einmal gefährlich werden könnten.

Das alles sorgt bei Kubas Dissidente­n für großen Frust. Sie hatten sich vom Tauwetter zwischen Washington und Havanna auch eine schrittwei­se politische Öffnung des Systems versproche­n. Doch die hat die Familie Castro nicht geliefert. „Das Einzige, was uns bleibt, ist, dass wir auf die schweren Menschenre­chtsverlet­zungen in Kuba hinweisen können. Wir haben keine andere Möglichkei­t“, sagt Paya.

Raul Castro wird in wenigen Monaten abtreten, doch hinter den Kulissen stellt seine Familie bereits die Weichen für die Nachfolge.

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Foto: Jeffrey Arguedas, dpa Archiv Polizisten gehen in Havanna gegen eine Demonstrat­ion der Bürgerrech­tsorganisa­tion „Frauen in Weiß“vor.

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