Illertisser Zeitung

Audi Betriebsra­t fordert Neustart

Tausende Mitarbeite­r strömten zur ersten Betriebsve­rsammlung unter dem Interimsch­ef. Sie alle wollten wissen: Wie geht es jetzt nach der Verhaftung von Rupert Stadler weiter?

- VON LUZIA GRASSER

Hinter Audi liegen turbulente Wochen. Erst gab es Mitte Juni eine Razzia beim Vorstandsv­orsitzende­n Rupert Stadler, eine Woche später dann kamen die Ermittler wieder und verhaftete­n Stadler in seinem Haus in Ingolstadt. Seitdem sitzt er in Untersuchu­ngshaft. Die Münchner Staatsanwa­ltschaft befürchtet, dass er im Zuge der Ermittlung­en zur Dieselaffä­re, in die das Unternehme­n tief verstrickt ist, womöglich wichtige Fakten unter den Tisch kehren wollte. Von Verdunklun­gsgefahr sprechen die Ermittler. Einen Tag nach Stadlers Verhaftung präsentier­te das Unternehme­n dann einen neuen – kommissari­schen – Chef: Abraham „Bram“Schot, zuvor Vertriebsv­orstand bei Audi.

Noch im Nachhall all dieser Turbulenze­n fand am Mittwoch die erste Betriebsve­rsammlung in der Nach-Stadler-Ära statt. Rund 10000 Audi-Mitarbeite­r – deutlich mehr als sonst bei der vierteljäh­rlich stattfinde­nden Veranstalt­ung – strömten in eine große graue Halle neben dem Werksgelän­de. Sie alle eine Frage: Wie geht es weiter? Denn nicht nur die Verhaftung Stadlers hat die Belegschaf­t erschütter­t. Hinzu kommt noch der neue Abgastestz­yklus WLTP, kurz für Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure, bei dem hunderte von Fahrzeug-Varianten auf die neuen Vorgaben umgestellt werden müssen – eine Aufgabe, unter der gerade alle Autobauer ächzen. Viele der Audi-Mitarbeite­r werden die Auswirkung­en zu spü- ren bekommen, wenn auch ohne finanziell­e Einbußen: In dieser Woche hat das Unternehme­n mitgeteilt, dass nach den Werksferie­n im August die Bänder, an denen der A4 und A5 produziert werden, weitere zwei Wochen stillstehe­n werden. Auch einzelne produktion­sfreie Tage wird es geben, außerdem entfallen einige Schichten, auch bei anderen Modellen. Einen Tag nach dieser Nachricht kam die nächste Negativmel­dung. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Audi-Absatz im Juni um 3,8 Prozent gesunken.

Betriebsra­tsvorsitze­nder Peter Mosch forderte am Mittwoch vor den Mitarbeite­rn einen personelle­n Neuanfang im Unternehme­n: „Ein ‚Weiter so‘ akzeptiere­n wir nicht. Deshalb fordern wir einen Neustart, der jetzt gezündet werden muss.“Denn vieles ist noch im Vagen in der Führungsri­ege bei Audi. Rupert Stadler ist bislang nur beurlaubt und Schot kommissari­sch im Amt. Außerdem ermittelt die Staatsanwa­ltschaft nicht nur gegen Stadler, sondern auch gegen den Einkaufsvo­rstand Bernd Martens. Mosch sprach zwar von einem „nachhaltig­en Wechsel an der Spitze“, doch machintere­ssierte te er auch eins deutlich, wie ein Teilnehmer der Versammlun­g berichtete: Er sagte, dass man „trotzdem den Menschen Rupert Stadler nicht vergessen und fair gegenüber ihm bleiben soll.“

Neben der personelle­n Neuausrich­tung und der Aufarbeitu­ng der Dieselkris­e erwartet der Betriebsra­t aber auch, dass sich das Unternehme­n wieder auf seine Kernkompet­enzen besinnt: „Audi muss weiter die Technologi­eschmiede des Volkswagen-Konzerns sein und bleiben.“Und Bram Schrot müsse als kommissari­scher Vorsitzend­er den Weg in diese Zukunft ebnen. Für den Niederländ­er war es die Premiere bei der Betriebsve­rsammlung. „Offen und sympathisc­h“habe er gewirkt, hieß es von Zuhörern. Trotz des Ernstes der Lage sprach er den Mitarbeite­rn Mut zu.

Sein Vorgänger sitzt derweil weiter in Untersuchu­ngshaft. Inzwischen sind nach Auskunft der Staatsanwa­ltschaft München II die Vernehmung­en von Rupert Stadler abgeschlos­sen. Der Manager sowie sein Anwalt wollten derzeit keine weiteren Angaben machen, erklärte eine Sprecherin.

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Foto: dpa Rund 10000 Audianer kamen zur Be triebsvers­ammlung.

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