Der Postzusteller
„Die nächsten Wochen verlangen uns alles ab“
Ich bin seit 43 Jahren bei der Post und inzwischen Teamleiter in Dietmannsried im Oberallgäu. Die Adventszeit war immer schon anstrengend, weil es viel mehr Pakete gab – aber durch Corona sind es heuer noch mehr. Die Schutzmaßnahmen erschweren den Arbeitsablauf zusätzlich: Um den Abstand zu wahren, können nur noch vier Leute auf einmal die Briefe und Pakete den jeweiligen Kollegen zuordnen, danach kommen die anderen vier. Vor der Pandemie haben das alle acht zusammen gemacht. Normalerweise haben wir neun Zustellbezirke, jeder von uns übernimmt einen. Zur Vorweihnachtszeit bekommen wir zwei Kollegen zur Verstärkung, um die zusätzliche Arbeit zu bewältigen. Trotzdem verlangen uns die nächsten Wochen alles ab. Man muss auch bedenken, dass der Winter die Arbeit erschwert: Es wird früher dunkel, durch Schnee haben wir mit Glatteis und schlecht geräumten Straßen zu kämpfen. Deshalb haben wir Grödeln, warme Kleidung und Stirnlampen bekommen. Wegen Corona hat sich nicht nur unser Umgang untereinander, sondern auch der mit Kunden verändert. Wir halten immer den Sicherheitsabstand ein und unterschreiben stellvertretend, damit sie den Stift nicht in die Hand nehmen müssen. Außerdem dürfen wir kein Geld mehr annehmen. Aus diesem Grund müssen die Leute zur Nachnahme in die Filiale kommen. Sorgen mache ich mir aber keine, die Stimmung im Team ist auch gut. Ich wünsche mir nur, dass die Menschen Verständnis haben, wenn ihre Post ein bisschen später kommt als sonst. Wir tun schon alles, was wir können und stellen die Briefe und Pakete auf jeden Fall noch am selben Tag zu. Mir macht der Beruf trotz allem eine wahnsinnige Freude. Wenn ich noch mal auf die Welt komme, werde ich wieder Postzusteller. (bu)