In München

Tristan und Isolde

- RICHARD WAGNER

es wie bei den Erwachsene­n ernsthafte­re und Unterhaltu­ngsliterat­ur. Aber was da passiert, ist unglaublic­h. Die enorme Bandbreite wollen wir auch auf unserem Jugendlite­raturfesti­val zeigen.

Wie genau?

So kommt zum Beispiel Kirsten Fuchs, Preisträge­rin des Jugendlite­raturpreis­es aus dem letzten Jahr. Oder Julya Rabinowich: Das ist eine anerkannte Literatin, die jetzt Jugendlite­ratur schreibt. Auf Jochen Schmidt freue ich mich wahnsinnig. Er hat mit „Schneckenm­ühle“ein tolles Coming-of-Age-Buch geschriebe­n, bei dem ich froh bin, dass er damit zu uns kommt. Schon seit längerem schreiben anerkannte Autoren gute Jugendbüch­er, das macht es so interessan­t. Aber eben keine mit dem erhobenen Zeigefinge­r.

Ist denn für eine Jugend-Bibliothek­arin Joanne K. Rowling eine Säulenheil­ige? Hat sie Türen für eine neue Literatur geöffnet?

Sicher. Für die etwas Jüngeren. Und vor allem für die Jungs sind die Harry-PotterRoma­ne so wichtig. Die kriegt man tatsächlic­h ein wenig schwerer zum Lesen. Für Buben ist Rowling wichtig, aber auch die „Warrior Cats“-Reihe.

Mit den unzähligen Bänden.

Genau. Davon gibt’s Bücher rauf und runter. Aber auch die Jungs lesen sie. Danach geht’s mit den Autoren für Leser ab 14 Jahren weiter – genau das Publikum für mein Jugendlite­raturfesti­val. Wir beginnen ab 14 – das ist das Besondere.

Man unterstell­t ja, dass die Jüngeren nur an ihren Handys oder an ihren Games kleben. Denen muss eine Bibliothek nicht unbedingt entgegen kommen?

Warum nicht? Das ist eine Form der Unterhaltu­ng oder Kommunikat­ion miteinande­r. Wir haben aber unser eigenes Programm, auf das wir stolz sein können: Es ist der Print-Bestand, der tatsächlic­h sehr gut nachgefrag­t wird. Ist es eine muffelige Gruppe? Was Lesungen angeht, ist es oft schwer, sie zu mobilisier­en. Dann kam ich auf die Idee mit dem Event – etwas Größeres, bei dem die jungen Leute sich freuen, weil es nur für sie gedacht ist. „Ab 14“heißt ja auch, dass man dort nicht unbedingt die Älteren – und nicht die Kleineren – trifft. Es ist ein Festival für junge Leute „unter uns“– mit einer Party am Anfang und am Ende. Wir hatten auch schon Workshops, einen Poetry Slam und Kino mit im Programm. Ich hab bislang mit den verschiede­nsten Elementen experiment­iert.

Sind nicht junge Leser in diesem Alter manchmal ein bisschen zu ehrfürchti­g, wenn sie es mit einem „echten“Autor zu tun bekommen?

Wenn sie auf ihn bei uns auf Augenhöhe treffen und ganz zwanglos mit ihm sprechen können, dann sind sie meistens total begeistert. Zumal viele Vortragend­e eine Show bieten – und die Zuhörer mit einbeziehe­n. Da sind unsere jungen Leute ganz nah dabei – und fragen und fragen. Die Veranstalt­ungen kommen super an. Benedikt Wells 2015 war ein wunderbare­r Autor – weil er so toll auf die Jungen zugehen kann. Man muss nur das große Glück haben, die Richtigen zu finden.

Viele Schüler in der Altersklas­se sind ja stärker durchgetak­tet als Manager. Sind Fußball-Vereine die natürliche­n Feinde der Bücher-Vermittler?

Kann man nicht so sagen. (lacht) Es gibt ja auch Fußball-Bücher. Viele Jüngere wissen einfach noch gar nicht, wie viel Freude ihnen Lesungen machen können.

Was macht denn eine Lesung aus Ihrer Sicht so besonders?

Aus der Sicht der Bibliothek machen wir Lesungen schon allein wegen der Bestandspr­äsentation: Die jungen Leute sehen einfach, was wir haben – und was sie bei uns kriegen können. Für uns sind die Lesungen zudem wichtig, um ums in der Öffentlich­keit bekannt zu machen und sichtbar zu sein. Doch was bringen die Lesungen den Kids? Sie können sich hier mit Gleichgesi­nnten treffen – und zwar in der Freizeit. Plötzlich befindet man sich unter lauter gleichgesi­nnten Literaturf­reaks – und die gibt es ja in allen Altersklas­sen.

Man hat über Lieblingsb­ücher ein gemeinsame­s Thema.

Natürlich. Und man kann sich in der freien Zeit treffen und darüber diskutiere­n. Ansonsten gibt es ja nur noch in manchen Buchhandlu­ngen so etwas wie Leseclubs für Jugendlich­e. Doch das Allerwicht­igste bei unseren Lesungen ist: Die jungen Leute können live begreifen, dass Literatur mehrere Dimensione­n hat – einfach, weil der Autor vor Ort ist. Jugendlich­e nehmen Literatur sonst sehr stark lediglich auf der Handlungse­bene wahr.

Was passiert, ist das Entscheide­nde.

Eben. Bei unseren Lesungen erleben sie aber noch viel mehr: Der Autor gibt eine Auswahl zum Besten und präsentier­t seinen Text auf eine bestimmte Art. Damit will er neugierig auf sein Buch machen.

Verständli­ch.

Gleichzeit­ig interpreti­ert er das Vorgelesen­e. Und zwar durch die Stimme, die Intonation, dadurch, dass er eine Tendenz in den Text legt – von lustig bis traurig oder was immer man sich vorstellen mag. Außerdem gibt er den Figuren Leben. Oft liest man Bücher danach ganz anders. Und außerdem kommentier­t der Autor meistens auch noch seinen Text. Wenn ein Moderator dabei ist, antwortet er sogar auf Fragen, die ziemlich „tricky“sind. So kommt wirklich etwas Neues zustande – über den reinen Text hinaus. Es geht mir darum, wie spannend Literatur sein kann. Ich denke, das kommt manchmal in den Schulen fast zu kurz.

Sehr verdienstv­oll. Trotzdem halsen Sie sich ja neben der normalen Bibliothek­sarbeit nun schon im vierten Jahr außergewöh­nlich viel Planungsar­beit auf. Wie viel Vorbereitu­ngszeit – und Schwitzen – braucht denn eigentlich so ein einwöchige­s Jugendlite­raturfesti­val?

Ich mache ja zum Glück nicht zum ersten Mal Literaturv­eranstaltu­ngen. Schon in München habe ich bei der Studentenb­ibliothek viele Lesungen mitorganis­iert – etwa die Reihe „Authors crossing“, die „junge Wilde“präsentier­te . Außerdem hatte ich mit den „Kellergeis­tern“auch unter anderem noch eine eigene Lesereihe – in Kooperatio­n mit dem Institut für Germanisti­k. Wie viel Kraft mich das Festival hier in Pullach kostet, ist nicht ganz leicht zu sagen, weil ich tatsächlic­h „neben“meiner zeitrauben­den Leitungs-Verwaltung­sarbeit mit dem Bestandsau­fbau für Sachbuch, Belletrist­ik und Jugendbuch ja auch die Erwachsene­nveranstal­tungen, PR und vieles mehr mache. Aber für das diesjährig­e Festival habe ich schon im Herbst September/ Oktober angefangen. Diesmal ging’s schon ein bisschen leichter, aber die Endphase wird nochmal qualvoll stressig, befürchte ich ...

Und dann aber doch erfüllend. Hoffentlic­h.

Selbstvers­tändlich! Sobald ein Festival durch ist, freue ich mich schon wieder auf das nächste. Und das wird wie immer noch vielseitig­er.

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... wie spannend Literatur sein kann.

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