AUSSTELLUNGEN
Immer im Kreis
Wohl dem, der Siebenmeilenstiefel besitzt und sich vierteilen kann. Alle anderen werden in den nächsten zwei Wochen entweder sehr wenig Schlaf abbekommen oder sehr viel verpassen, denn in den nächsten zwei Wochen ist wahnsinnig viel los. So viel, dass man es kaum bewältigen kann. Aber das schöne an Ausstellungen ist ja, dass sie länger laufen, so dass man sich schon ein bisschen Zeit lassen kann. Anders ist das mit der Art Muc, sie dauert nur drei Tage und zwar von Donnerstag, den 25. bis Sonntag, den 28. Mai. Zum zweiten Mal findet die Messe auf der Praterinsel statt. „Münchens größte Plattform für aktuelle Kunst“beschreibt sich die Veranstaltung selbst und kündigt 90 Einzelkünstler und 20 Galerien an, aus Deutschland, Österreich, Frankreich, England, Luxemburg, Belgien und der Schweiz. Gezeigt wird „junge Kunst, die man sich auch leisten kann“. Wobei das ja nun ziemlich relativ ist. Sämtliche Informationen zu Künstlern, Veranstaltungen, den Sonderausstellungen „Artmuc Digital“und „Director’s Choice“gibt es hier: artmuc.info
Und jetzt? Rüber in den Kunstraum, dort startet am 25. Mai die Gruppenausstellung Wiederverzauberung. Re-Enchantment (bis 25. Juni). Fünf Künstler wurden eingeladen, sich mit einem Vortrag Max Webers zu beschäftigen, der sich dieses Jahr zum hundertsten Mal jährt. Am 7. November 1917 hielt der Soziologe in München diesen Vortrag, in dem er sich mit seinem zentralen Thema beschäftigte: „Die Entzauberung der Welt“. Mit ihren rationalen Methoden befreite die moderne Wissenschaft den Menschen aus irrationalen Erklärmustern. Dabei beschnitt sie alle anderen Formen und Wege der Erkenntnis – und blieb Antworten schuldig. Auf die großen Fragen „Was sollen wir tun? Wie sollen wir leben?“– wie sie der russische Schriftsteller Tolstoi im 18. Jahrhundert stellte – hat die Wissenschaft bis heute keine Antworten. Das soll diee Ausstellung ändern. Federico Cavallini, Daniel Maier-Reimer mit Luca Vitone, Margherita Moscardini und Stefan Vogel treten an, die „Wiederverzauberung der Welt“voran zu treiben, indem sie neue Formen der Erkenntnis entstehen lassen. Und zwar jenseits jeder Methode.
Und jetzt? Rüber ins Lenbachhaus, wo am Montag, den 29. Mai ab 19 Uhr die Ausstellung After the Fact, Propaganda im 21. Jahrhundert (30. Mai bis 17. September, Katalog) offiziell eröffnet wird. Propaganda ist allgegenwärtig, heute mehr denn je. Schon aus dem einfachen Grund, weil wir gar nicht mehr nicht kommunizieren können, seitdem wir andauernd online sind. Trotzdem wird der Propagandabegriff meist genutzt, um über historische Phänomene oder Missstände anderswo zu sprechen. Geht es um uns im Hier und Jetzt, sprechen wir lieber von „strategischer Kommunikation“, „politischem Management“oder „Marketing“. Wie beschäftigen sich Künstler mit dieser Form der Meinungsmache? Sie adaptieren, um zu karikieren, sie fiktionalisieren, sie demontieren, sie experimentieren. Arbeiten von Coco Fusco, Alfredo Jaar, Carlos Motta, Khalil Rabah, Aura Rosenberg, Sean Snyder oder Franz Wanner versuchen, das Prinzip Propaganda zu fassen und sichtbar zu machen. Begleitend zur Ausstellung findet in Kooperation mit den Münchner Kammerspielen ein Veranstaltungsprogramm statt. Infos hier: lenbachhaus.de
Und jetzt? Rüber ins Kunstfoyer, wo am Dienstag, den 30. Mai die Ausstellung Peter Keetman. Gestaltete Welt (31. Mai bis 10. September, Katalog) eröffnet wird. Der deutsche Fotograf (1916 bis 2005) kam aus guter Familie und wusste früh, dass er Fotograf werden wollte. Bevor er richtig loslegen konnte, kam der Krieg dazwischen, aus dem er 1944 schwer verletzt, aber immerhin lebendig zurückkam. 1949 war er Gründungsmitglied der fotoformGruppe. In neun Kapiteln und mit 360 Arbeiten stellt die Ausstellung Keetman als jungen Wilden der stilbildenden Gruppe vor. Sie zeigt ihn aber auch als einen der innovativsten und poetischsten Fotografen der Nachkriegszeit, der in seinem großen Oeuvre Naturund Bewegungsstudien, fotografische Experimente, Industriefotografie und angewandte Arbeit miteinander verband.
Und jetzt? Rüber in die Villa Stuck, wo am Mittwoch, den 31. Mai die Ausstellung Willy Fleckhaus. Design, Revolte, Regenbogen (1. Juni bis 10. September, Katalog) eröffnet wird. Die erste große museale Würdigung des Grafikdesigners zeigt 350 Objekte, darunter Magazine, Fotografien, Illustrationen, Bücher, Buchreihen und Plakate. Manches davon kennt man, weil Fleckhaus die visuelle Kultur der jungen Bundesrepublik von den 60er- bis 80erJahren geprägt hat. Als Fleckhaus (1925-1983) zu gestalten begann, wurden Zeitschriften von Einrichtern, bestenfalls Grafikern betreut, die im Impressum der Magazine keine besondere Würdigung fanden. Als Fleckhaus mit nicht einmal 60 Jahren verstarb, war die „Art Direktion“zum festen Begriff und zu einer wichtigen Position im Herstellungsprozess geworden. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählt die „Regenbogenreihe“für den Suhrkamp-Verlag. Er hat das Logo der „FAZ“gestaltet, der Zeitschrift „twen“ein Gesicht gegeben und überhaupt nie die Beine still gehalten.
Und jetzt? Rüber ins Museum Brandhorst, dort gibt es Malerei, Glasarbeiten, Videos und die Installation einer Hamburger Künstlerin zu sehen, die in New York lebt: Kerstin Brätsch. Innovation (25. Mai bis 17. September). Viele ihrer Arbeiten thematisieren den Druck, mit dem das Medium Malerei durch die zunehmende Digitalisierung konfrontiert wird. Bilder werden zu reinen Oberflächen, die sich auf verschiedenste Trägermaterialien ausbreiten können und mit zunehmender Geschwindigkeit zirkulieren. Was bleibt dann noch?