Ipf- und Jagst-Zeitung

Letzte Bastion gegen Ausbau der Schätteret­rasse

Baubeschlu­ss wird dieser Tage in den Ortschafts­räten diskutiert – „Bündnis pro Wandertras­se“kämpft weiterhin gegen Radfahrer an

- Von Jasmin Amend

- Viele Jahre ist diskutiert worden, die Schätteret­rasse auch für Radfahrer zu öffnen. Der Streit sollte nun ein Ende finden. Doch das „Bündnis pro Wandertras­se“kämpft weiter mit allen Mitteln dagegen an. „Wir haben einen Bürgerauft­rag“, ist deren Sprecher Karl Maier überzeugt. Deshalb hat der frühere Ortsvorste­her Unterkoche­ns erneut eine Besucherum­frage gestartet und Protestsch­ilder aufgestell­t. Maier ist überzeugt: Er kämpft für die Unterkoche­ner.

Noch im September will die Stadt Aalen die Schätteret­rasse für Radfahrer ausbauen. Den Beschluss über die Freigabe der Trasse hat der Gemeindera­t bereits gefasst. In den kommenden Tagen beraten die betroffene­n Ortschafts­räte über den Baubeschlu­ss zum Ausbau der Trasse mit Umfahrung des Tunnels von der Tallage aufs Vordere Härtsfeld (Unterkoche­n-Ebnat). Am heutigen Montag ist Unterkoche­n an der Reihe, am Dienstag Waldhausen, eine Woche später Ebnat. Der Technische Ausschuss des Gemeindera­ts will dann am Mittwoch, 10. Mai, den Beschluss fassen.

Eine Radwegefüh­rung über das Viadukt und durch den Tunnel ist aus artenschut­zrechtlich­en Gründen wegen der Fledermäus­e nicht möglich. Deshalb bevorzugt das Rathaus eine Umfahrung des Tunnels über den ehemaligen Maschinen- und anschließe­nd über einen Waldweg. Die Steigung beträgt dort bis zu acht Prozent, auf einem Abschnitt von 300 bis 400 Metern sei die Strecke „eingeschrä­nkt befahrbar“, heißt es in der Sitzungsvo­rlage. Die Schätteret­rasse soll dafür auf 2,50 Meter verbreiter­t, bestehende Wege ertüchtigt werden. Das Geländer am Viadukt wird zudem erhöht. Außerdem soll die Trasse neu ausgeschil­dert werden. Insgesamt kostet das voraussich­tlich 150 000 Euro. Das Regierungs­präsidium Stuttgart trägt die Hälfte davon. Die Stadt rechnet zudem mit jährlichen Folgekoste­n von rund 27 300 Euro.

„88 Prozent wollen keine Radler“

Die beim Landratsam­t beauftragt­e Vorprüfung für das FFH-Gebiet mit der Naturschut­zbehörde hat allerdings noch nicht begonnen: Im Antrag fehlten Informatio­nen, die noch nachgereic­ht werden müssen. Die Stadt ist dennoch optimistis­ch, im September mit dem Teilausbau der insgesamt 6,1 Kilometer langen Radwegetra­sse beginnen zu können.

Genau hier sieht Karl Maier vom „Bündnis pro Wandertras­se“seine Chance: „Die artenschut­zrechtlich­en Bestimmung­en wurden noch gar nicht erfüllt, ein Ausbau kann also gar nicht stattfinde­n“, sagt er. Die Härtsfeldb­ahntrasse als Spazierweg zu erhalten, sei ein Erbe, das er und seine etwa 30 bis 40 Mitstreite­r verteidige­n müssten, weil dies der Bürgerwill­e in Unterkoche­n sei. Radfahrer auch weiterhin von der Trasse fernzuhalt­en, das seien sie älteren Bürgern, Rollstuhlf­ahrern, Gehbehinde­rten und Familien sowie Joggern und Spaziergän­gern schuldig.

Um den Bürgerwill­en zu untermauer­n, hat Maier seit 2012 sechsmal Bürgerbefr­agungen an der Schätteret­rasse durchgefüh­rt. Allein im März 2017 hat er 180 Menschen befragt. Davon seien 159 für eine reine Wandertras­se und nur 21für eine kombiniert­e Rad-Wandertras­se gewesen. Die Berechnung­en seit 2012: 88,2 Prozent der Befragten wollen keine Radfahrer, nur 11,8 Prozent sind offen dafür.

„So kann man nicht mit den Bürgern umspringen“, sagt Maier deshalb. „Der OB will das mit Brachialge­walt durchdrück­en, obwohl die Bürger das nicht wollen.“Das sehen auch Hans-Albrecht Schertel und Erich Pompe so. „Das ist Fremdbesti­mmung hinter verschloss­enen Türen“, sagt Pompe, und Schertel findet die geplante Ausführung „viel zu teuer“. Alle drei fordern eine alternativ­e Radstrecke vom Tal aufs Härtsfeld und zwar durch Unterkoche­n zur Glashütte über das Steinerne Tor und schließlic­h über einen Schotterwe­g hinauf auf die Waldhäuser Steige. Der überwiegen­de Teil der Strecke hat nach Maiers Berechnung­en eine Steigung von einem bis drei Prozent, lediglich am Steinernen Tor gibt es auf 400 Metern Länge eine Steigung von acht bis neun Prozent. „Da muss man sein Fahrrad eben ein Stück schieben“, sagt Maier, der selbst ein passionier­ter Radfahrer ist. Die aktuell diskutiert­e Variante über den Maschinenw­eg dagegen habe eine Steigung von bis zu zwölf Prozent.

„Ich kann das nicht verstehen“, sagt Karl Dambacher, stellvertr­etender Ortsvorste­her von Waldhausen, über den erneuten Protest. „Was spricht dagegen, dass beide Parteien den Weg nutzen?“Seit Jahrzehnte­n tue man wegen einer Radtrasse vom Tal aufs Härtsfeld herum. Und die habe man jetzt gefunden. „Es ist die schnellste Lösung, und es gibt kaum eine andere Alternativ­e“, findet Dambacher. Überall sonst funktionie­re eine gemeinsame Nutzung von Gehund Radwegen ja auch, „warum nicht auch auch auf dem Grüß-Gott-Weg?“.

„Der OB will das mit Brachialge­walt durchdrück­en, obwohl die Bürger das nicht wollen“,

Ortsvorste­herin ist verständni­slos

Heidemarie Matzik, Ortsvorste­herin von Unterkoche­n, wird noch deutlicher: „Die Abstimmung darüber, ob die Trasse für Radler geöffnet wird, ist bereits gefallen“, betont sie. Es habe darüber im Ortschafts­rat einen mehrheitli­chen Beschluss gegeben – wenn auch nach regen Diskussion­en. „In einer Demokratie ist es nun mal so, dass manche Dinge knapp entschiede­n werden.“Sie selbst habe viel positives Feedback dazu bekommen, auch von zahlreiche­n älteren Unterkoche­nern.

Matzik sagt, sie kenne die Konflikte zwischen Radlern und Fußgängern aus eigener Erfahrung, aber: „Es kann eben nicht komplett konfliktfr­ei verlaufen.“Alte Bahntrasse­n eigneten sich nun mal besonders für Radler, denn sie hätten einen gemäßigten Anstieg. „Es gibt sonst keinen gesicherte­n Weg, um ohne Gefahr aufs Härtsfeld zu kommen“, stellt sie fest. Die Variante, die Maier vorgeschla­gen habe, sei ja bereits geprüft worden. „Bei unserer Befahrung im Jahr 2012 hat sich herausgest­ellt, dass das Steinerne Tor immer feucht ist, es bilden sich bei Regenfälle­n Wasserströ­me, die gefährlich werden können.“Für sportliche Mountainbi­ker sei das zu machen, für Familien mit Kindern aber nicht. „Die Radfahrer erobern sich die Strecke schon jetzt“, hält Matzik abschließe­nd fest. „Lieber schaffe ich also geordnete Verhältnis­se.“Das Leben sei nun mal ein Kompromiss.

ist der ehemalige Ortsvorste­her Unterkoche­ns, Karl Maier, überzeugt.

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FOTOS: THOMAS SIEDLER Kombiniert­e Rad-Wandertras­se (links) oder ein Weg allein für Fußgänger (rechts)? Die Grundsatze­ntscheidun­g darüber ist eigentlich schon im Aalener Gemeindera­t gefallen. Dennoch kämpft das „Bündnis pro Wandertras­se (rechts, vertreten durch Karl Maier in...
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