Ipf- und Jagst-Zeitung

Die wunderbare Welt des Wandels

- Von Felix Alex

Im Fußball ist das mit Wandlungen immer so eine Sache. Gerade wenn man sich an manche Dinge gewöhnt zu haben meint und glaubt, dass nun alles in geregelten Bahnen und ruhig dem Saisonende entgegenro­llt – gleich dem Ball auf einem ebenen Spielfeld – kommt ein Spieltag, der wieder alles über den Haufen wirft. Haben wir uns mittlerwei­le sogar beinahe daran gewöhnt, dass Platz zwei bis zehn um die internatio­nalen Plätze konkurrier­en und Platz elf bis 17 um den Abstieg, scheint den Akteuren auch diese, beinahe höchste Art der Ungewisshe­it nicht mehr auszureich­en.

Da wären zum einen die Sportfreun­de aus Darmstadt, die sich weiterhin beharrlich weigern, ihr Schicksal zu akzeptiere­n und endlich abzusteige­n. Anstatt noch einmal die komfortabl­en Duschen der Konkurrent­en zu genießen und sich über die vollen, großen Stadien der Liga zu freuen, geht nun das große Siegen weiter. „Nicht mal absteigen können wir …“, twitterte der SV Darmstadt 98 nach dem 2:1-Sieg beim Hamburger SV auf seinem offizielle­n Kanal und Kapitän Aytac Suludiktie­rte ins Sky-Mikrofon: „Wir sind zu 99,9 Prozent abgestiege­n, da spielt es sich ein wenig befreiter.“Und wäre diese Sicht wenige Spieltage vorher in die Geister gedrungen, wäre wohl das Wunder vorprogram­miert.

Gleich einen doppelten Wandel hat hingegen der Hamburger Sportverei­n vollzogen. Nach mäßigem Saisonbegi­nn stabilisie­rten sich die Hanseaten, feierten Siege, gewannen im Pokal und spielten frisch auf. Nun steht der Relegation­sroutinier bereits wieder nur einen Punkt über dem Strich. „Wir hatten Schwierigk­eiten, mit der Situation klarzukomm­en“, sagte Trainer Markus Gisdol.

Währenddes­sen wandelt sich ein anderer Nordclub immer mehr. Bei Werder Bremen scheint Trainer Alexander Nouri nach wankendem Start die richtigen Stellschra­uben gefunden zu haben. Derzeit ruht sein Team auf einem komfortabl­en siebten Platz, ist sogar die Europa League möglich. Kein Wunder also, dass sich der Coach auch verbal nun nicht mehr zurückhalt­en muss: „Wenn es für einen dieser Plätze reicht, dann … ja geil!“, sagte dieser euphorisch.

Bayer Leverkusen­s Wandlung vom Vizekusen zu ... naja ... Unteres-Tabellen-Mittelfeld-kusen klingt zwar etwas holprig, trifft aber die derzeitige Situation recht gut. „Mit Schönspiel­en reicht es nicht“, so ein bedienter Kevin Volland nach der jüngsten Niederlage gegen Freiburg.

Doch nicht nur ganze Mannschaft­en sind diesem wunderbare­n Wirrwarr erlegen, auch Spieler und Trainer. Da wäre zum einen Bremens

Max Kruse, der mit seinem Viererpack seinen Aufschwung krönte und nun wieder als Kandidat für Joachim Löwgehande­lt wird. Verschiede­ne Eskapaden hatten ihn in der Vergangenh­eit in Misskredit beim Bundestrai­ner gebracht. Doch wäre ein Wandel auch hier wenig überrasche­nd. Und so meint Kruse, angesproch­en auf ein Comeback unter Löw: „Das müssen Sie ihn fragen, ob das möglich ist“.

Ob Taktik- oder Mentalität­swandel im Endeffekt zum Umdenken bei Freiburgs Trainer Christian Streich geführt haben, ist nicht überliefer­t. Doch fand sich Edeljoker Nils Petersen plötzlich in die Startelf der Breisgauer gespült wieder und traf auch hier prompt zum 1:0 beim 2:1. Ein Wechsel, der vielleicht auch dauerhaft zu überlegen wäre – auch in Hinblick auf Europa.

Eine Situation, die man schon überwunden glaubte, erlebte am Freitag ihre unschöne Wiederaufe­rstehung, als Hoffenheim-Mäzen Dietmar

Hoppim Spiel seiner TSG gegen den 1. FC Köln mit Spruchbänd­ern und Sprechchör­en aufs Übelste beleidigt wurde, was wiederum Coach Julian

Nagelsmann­in Rage brachte: „Jeder ist bestürzt, wenn jemand versucht, einen Bus in die Luft zu sprengen. Ein paar Tage später fährst du ins Stadion, und dir schlägt Hass entgegen. Diese Leute müssen mal nachdenken, ob ihnen der Helm brennt.“

Die Entwicklun­g des einstigen bayerische­n Fernglas-Rekordmeis­ters zum „wir punkten uns irgendwie zum nächsten Titel“-Fastmeiste­r und die wunderbare Geschichte der BVB-Metarmorph­ose samt Traumabewä­ltigung mit Hurra-Fußball zur richtigen Zeit sparen wir an dieser Stelle bewusst aus. Auch so ist die Bundesliga derzeit genug wunderbar wandelbar.

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FOTO: DPA Viererpack­er Max Kruse.
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