Ein Wasseralfinger als unangefochtener „König von Sylt“
In Herbert Secklers Lokal geben sich Promis die Klinke in die Hand – Jetzt hat er eine Filiale in Stuttgart eröffnet
- Mit einer kleinen Strandbude auf Sylt hat er angefangen, dort hat er auch gekocht und gekellnert. Heute dirigiert er ein Unternehmen mit 170 Mitarbeitern. Von der Insel will er nie wieder weg, er wollte auch kein Lokal auf dem Festland haben: der gebürtige Wasseralfinger Herbert Seckler. Doch jetzt hat er dort bereits die zweite Gastronomie, die unter dem Label „Sansibar by Breuninger“läuft: Im Dorotheenquartier in Stuttgart hat er sich vor wenigen Tagen ein weiteres Standbein geschaffen.
Schwäbisch schwätzen kann er immer noch, wie am Telefon unschwer zu hören ist. Sein Bruder lebt in Dewangen, er selbst komme aber kaum noch in die alte Heimat, erzählt Seckler. Er gilt als der unangefochtene „König von Sylt“. Seine „Sansibar“ist ein Restaurant in den Dünen, wenige Meter vom Sylter Strand entfernt. Seit über 30 Jahren gilt die Sansibar als der Promitreff.
Anfangs servierte er dort Hausmannskost, Würstchen mit Pommes. Seckler erzählte in einem Interview: „So klein ging’s los. Dass daraus etwas Großes wird, daran habe ich nicht gedacht. Es lief auch nicht von Anfang an rund. Ich stand mehrmals kurz vor der Pleite.“
Die berühmteste Strandbude Deutschlands
Heute sieht die berühmteste Strandbude Deutschlands mit ihrem dunklen Holz aus wie eine Skihütte. Das Lokal mit seinen 160 Innen- und 250 Außenplätzen ist immer rappelvoll. Bis zu 4000 Gerichte pro Tag kommen dort in der Hochsaison aus der Küche, abends geht ohne Tischreservierung gar nichts. Im Weinkeller liegen zwischen 30 000 und 40 000 Flaschen Wein aus aller Herren Länder in rund 2000 Positionen.
Seckler wurde 2009 vom Gastronomiekritiker Gaul-Millau zum „Restaurateur des Jahres“ernannt. Der Wasseralfinger ist gelernter Koch und hat viel im Ausland gearbeitet. 1974 kam er als 22-Jähriger auf die nordfriesische Insel. 1977 kaufte er eine Strandhütte auf Sylt, die er zu einem Treffpunkt für alle machen wollte: eine Art alpine Skihütte mitten im Dünensand. Er war sein eigener Herr, aber auch sein einziger Angestellter. „So langsam ging es aufwärts, es wurde immer ein bisschen besser“, erzählt er. 1981 heiratete er seine Frau Helga, eine Schwäbin aus Hechingen, aber kennengelernt haben sie sich in Norddeutschland.
Kurz danach die Katastrophe: Herbert Secklers Strandbude stand in Flammen mit der Folge, dass der Chef – finanziell gesehen – total abgebrannt war. „Ich war nicht versichert“, erinnert er sich. Warum es gebrannt hat, ist nie herausgekommen.
„Nein, Herbert Seckler hat kein Glück gehabt. Er hat sich sein Glück hart erarbeitet“, sagt der frühere Air-Berlin-Chef Joachim Hunold über den Sansibar-Wirt.
Dennoch schaffte er einen Neubeginn. Es war der Anfang seiner Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält. Es wird erzählt, der Journalist und Regierungssprecher Peter Boenisch und Lebemann Gunter Sachs hätten 1983 die Strandbude als In-Location entdeckt und seither gebe sich dort die Prominenz die Klinke in die Hand – von Til Schweiger über Wladimir Klitschko, Franz Beckenbauer, Udo Lindenberg und Wolfgang Joop bis zu Franzi van Almsick.
Seckler selbst schweigt sich über die Namen seiner Stammgäste zwar aus, aber einige seiner Freunde haben sich über ihn geäußert unter dem Titel „Das große Sansibar-Buch“. Fußball-Legende Günter Netzer zum Beispiel: „Seine Menschenkenntnis, sein Blick auf die Rituale haben mich fasziniert. Und seine Bodenständigkeit! Nie ist er abgehoben, es hat nicht einmal die Gefahr bestanden. All der Erfolg hat ihn nie veranlasst, ein anderer zu werden.“
Joachim Hunold, der frühere Chef der Fluggesellschaft Air Berlin, ist sich sicher, dass der Erfolg der Sansibar kein Zufall war. „Nein, Herbert Seckler hat kein Glück gehabt. Er hat sich sein Glück hart erarbeitet. Und weil er dabei auf dem Teppich geblieben ist, wird es wohl noch lange anhalten.“
Millionendeals und Verträge für neue Chefredakteure
Und der frühere „Spiegel“-Chefredakteur Claus Jakobi schreibt: „Ich habe miterlebt, wie mindestens zwei Millionendeals, zwei Chefredakteursverträge und ein Bund fürs Leben im ,Sansibar’ geschlossen wurden, von Abkommen über zeitlich begrenzte Liebe ganz zu schweigen. Herbert Seckler kennt mehr Geheimnisse als der Chef des Bundesnachrichtendienstes, er kennt mehr Geheimnisse seiner Gäste als mein Labrador Flöhe hat. Doch sie sind bei ihm sicherer aufgehoben als in einem Safe.“
Doch nicht nur Promis fühlten sich bei ihm wohl, berichten Insulaner. Bei Seckler werde jeder Gast herzlich aufgenommen und liebevoll betreut.
Inzwischen vertreibt er über Stores seine eigene Marke – Mode für Damen, Herren und Kinder –, Unterwäsche, Schuhe Accessoires, aber auch Hundehalsbänder oder Strandkörbe. Gastronomen und Geschäftspartner wie Air Berlin oder Hapag Lloyd beziehen über ihn ihren Wein. Das Logo des Unternehmens besteht aus zwei Säbeln. Und das kam so: Als sich Gäste über die Preise beschwerten, sagte Seckler im Spaß zu ihnen: „Ihr seid eben unter die Piraten gefallen.“Das fanden sie lustig und irgendwann wurden die Säbel zum Markenzeichen.
Ein Familienmensch und ein treuer Besucher der Wilhelma
Dabei ist Seckler ein Familienmensch durch und durch. Seine Frau und er haben vier Kinder, drei Töchter und einen Sohn. Inzwischen sind sie auch stolze Großeltern. Er verlässt Sylt selten und ungern, geht aber gerne in die Wilhelma in Stuttgart und kauft bei Breuninger in der Landeshauptstadt ein.
Dies ist auch der Grund, dass er einem Vorsatz untreu wurde. Eigentlich wollte er nie irgendwo anders ein Lokal betreiben. Dann eröffnete er zusammen mit Breuninger eine Filiale in Düsseldorf. Und seit einigen Tagen gibt’s eine zweite in Stuttgart. Auf insgesamt 765 Quadratmetern bietet sie 377 Plätze, 273 im Innenbereich in der Karlspassage und 104 im Außenbereich am Dorotheenplatz. Zur Eröffnung war Seckler in die Landeshauptstadt gekommen, danach ging es sofort wieder zurück nach Sylt.
Heimweh nach Wasseralfingen habe er nicht, hat er in einem Interview verraten, um dann einzuschränken: „Ab und zu vermisse ich die schöne Alblandschaft.“Immerhin kämen viele Schwaben in sein Lokal und richteten ihm einen schönen Gruß aus der Heimat aus.