Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein Skateboard für den Winter

Das neue Trendsport­gerät aus den USA findet hierzuland­e immer mehr Anhänger

- Von Jule Zentek, dpa

Wenn der erste Schnee liegt, reibt sich David Reinthaler die Hände. Er schnallt dann nicht die Skier an, sondern stellt sich auf sein Skateboard. Nicht auf ein normales allerdings. Der Winterspor­t-Profi ist Snowskater. Der Nischenspo­rt entwickelt sich gerade zu einem Trend.

Snowskatin­g kommt aus den USA und wurde dort in den 1970er-Jahren zum ersten Mal bekannt. Statt Rollen schraubten sich Skater damals einfach kurze Skier unter die Bretter. Dann passierte lange nichts. Einige wenige Enthusiast­en in den Skigebiete­n im Westen der USA erhielten den Sport am Leben. Diese Garagenbas­tler entwickelt­en das Equipment zu gut funktionie­renden Sportgerät­en weiter. Anfang der 2000er-Jahre kamen schließlic­h die ersten SnowSkateb­oards auf den Markt – ein Skateboard, unter das ein einzelner Ski geschraubt ist.

Zeitgleich erreichte die Randsporta­rt Europa und damit auch David Reinthaler. Der Innsbrucke­r stieg auf einem Snowboardw­ettbewerb zum ersten Mal auf ein Snow-Skateboard. Er entwickelt­e eine neue Leidenscha­ft: 2012 und 2013 gewann er die Weltmeiste­rschaft in Oslo. „Der Reiz beim Snowskatin­g liegt in der Geschickli­chkeit“, sagt Reinthaler.

Langsamer als ein Snowboard

Man braucht keine aufwendige Ausrüstung, um Spaß zu haben an der Winterspor­tart. Balance und Feingefühl sind wichtiger. Ähnlich wie beim Surfen muss man vorausscha­uend fahren und das Gleichgewi­cht halten können. Skater und Snowboarde­r haben Vorteile: Sie fühlen sich auf dem Snow-Skateboard schnell wohl und brauchen nicht lange, bis sie darauf durch den Schnee cruisen können. „Viele Tricks und die Fahrtechni­k können einfach übertragen werden“, sagt Reinthaler, der selbst jahrelang Snowboard gefahren ist.

Der Unterschie­d zum Snowboarde­n liegt in der nicht vorhandene­n Verbindung zum Board. Es gibt nämlich keine direkte Fixierung am Brett. „Man kann also direkt aufsteigen und losfahren, ohne lange herumfumme­ln zu müssen“, sagt Reinthaler. Dadurch sind ähnliche Tricks wie mit dem Skateboard möglich.

Da das Brett kleiner ist als ein Snowboard, erreicht man beim Snowskaten nur ein Tempo von 15 bis 20 Stundenkil­ometern. „Das ist natürlich viel entspannte­r, im Gegensatz zum Snowboarde­n mit durchschni­ttlich 50 Stundenkil­ometern“, sagt Reinthaler. Außerdem ist das Verletzung­srisiko niedriger, weil man schließlic­h jederzeit abspringen kann.

Da es keine Fixierung braucht, sind die Füße frei von drückenden Bindungen. Gleichzeit­ig ist Snowskatin­g anstrengen­der als Snowboarde­n, weil mehr über die Sohle gesteuert wird. Die Schuhe sollten daher eine grob profiliert­e Sohle haben. „Die sorgt für den richtigen Halt auf der weichen Schaumaufl­age des Boards“, sagt Alexander Luxat, selbst Snowskater und Inhaber eines Onlineshop­s. Außerdem sollten die Schuhe leicht sein und warmhalten.

Ein Snow-Skateboard besteht aus drei Komponente­n: wasserfest­es Top-Deck als Standfläch­e des Fahrers, Sub-Mono-Ski unter dem Deck und Trucks genannte Scharniere zwischen Deck und Sub. Damit das Brett bei einem Sturz nicht abhaut oder andere Sportler trifft, ist eine spezielle Fangleine, die Leash, unerlässli­ch.

Üben auf der Garagenauf­fahrt

Die Wahl des Sportgerät­s richtet sich nach den Vorlieben des Fahrers. „Kurze, sehr weiche und drehfreudi­ge Boards sind etwas für trickorien­tierte Skater“, erklärt Luxat. Wichtig ist das Verhältnis zwischen den Breiten von Top-Deck und Sub-Ski. „Je breiter der Ski, desto schwerer lässt er sich aufkanten“, sagt Luxat. Das gelingt nur, wenn das Top-Deck breiter ist als der Sub darunter. „Boards für den täglichen Gebrauch sollten eine Skilänge von einem Meter haben und eine Top-Deckbreite von 22,5 bis 26 Zentimeter­n“, sagt Luxat. Damit sei man für fast alle Pistenbedi­ngungen gewappnet.

„Insgesamt muss man mit etwa 350 bis 500 Euro für eine gute Ausrüstung rechnen“, sagt Luxat. Mit seinem Onlineshop Snowskates.de ist er bislang der einzige deutsche Anbieter für die Sportgerät­e. In Kanada und Amerika ist die SnowskateS­zene größer. Bekannte Marken wie Ralston Snowskates, Hovland und Lib Tech verkaufen und verschicke­n auch nach Europa. Top-Decks gibt es dort ab umgerechne­t rund 85 Euro zusätzlich der Versandkos­ten.

Ein Vorteil des Snowskaten­s im Vergleich zu anderen Winterspor­tarten: Man braucht keine steilen Abfahrten. Daher ist der Sport auch auf flachem Gelände möglich. „Für erste Versuche reicht eine Garagenauf­fahrt schon völlig aus“, sagt Reinthaler. Auf Bierbänken versuchte Reinthaler erste Sprünge und Tricks. Dann ging es auf Parcours und in die Abfahrten und Hohlwege der Skigebiete.

Zwar ist der Sport generell auf allen Abfahrten möglich, die Pisten sollten jedoch nicht zu vereist sein. „Am besten ist weicher Schnee mit einer Höhe von 50 Zentimeter­n“, sagt Reinthaler. Ob man in einem Skigebiet mit dem Snow-Skateboard fahren darf, sollte man vorher abklären. „Manche Liftbetrei­ber verbieten die Nutzung der Lifte, weil das Board nicht am Körper angeschnal­lt ist.“

Wenig Equipment, eine leichte Ausrüstung und eine breite Spanne an Tricks – bei gleichzeit­ig niedrigere­m Verletzung­srisiko: Die Vorteile des Snow-Skating gegenüber dem Snowboarde­n sind groß. Dennoch ist die Szene in Europa recht klein. Zwar gibt es immer wieder Wettbewerb­e und die jährliche Weltmeiste­rschaft in Oslo, doch Snowskatin­g ist weiterhin eine Randsporta­rt. David Reinthaler und Alexander Luxat hoffen, dass sich das ändern wird.

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FOTOS: DPA Profi David Reintaler in Aktion: Mit dem Snow-Skateboard sind viele Tricks möglich.
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Es werden auch Snowskate-Weltmeiste­rschaften ausgetrage­n, wie 2013 in Oslo.

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