Ipf- und Jagst-Zeitung

Einfach die Abwehrkräf­te stärken

Dank seiner imposanten und begehrten Defensive ist der VfB Stuttgart so gut wie gerettet

- Von Jürgen Schattmann

– Gäbe es einen Minimax-Preis in der Fußball-Bundesliga, der VfB Stuttgart hätte ihn sich redlich verdient. Anbei etwas Statistik: Nur 52 Treffer fielen in den bisher 26 Saisonpart­ien mit Stuttgarte­r Beteiligun­g, zwei im Schnitt, mit Abstand die wenigsten unter allen Clubs. Aber mit den 23 eigenen Törchen, der zweitschle­chtesten Ausbeute in der Liga, holten sie immerhin 34 Zähler, also den ziemlich optimalen Ertrag. Noch minimalist­ischer ist die Bilanz zu Hause: Mit gerade mal 12:7 Toren aus 13 Partien und sieben 1:0-Siegen sammelte der VfB 26 Zähler, damit ist er Zweiter der Heimtabell­e.

Das muss man erst mal schaffen – und schafft man nur, wenn hinten alles sauber bleibt. Mit 29 Gegentreff­ern stellt Stuttgart nach dem 0:0 gegen Leipzig am Sonntag nämlich auch die zweitbeste Defensive der Liga. Wer Ähnliches prognostiz­iert hätte nach einem Zweitligaj­ahr, das vorn und hinten vor Treffern nur so strotzte, wäre vor der Saison wohl mindestens so schief angeschaut worden wie ein kläffendes Herrchen von seinem Hund.

In der Korkut-Tabelle ist der VfB auf Platz drei

Die Abwehr sei ein richtiges Prunkstück geworden, sagte der Reporter also am Sonntag zu Andreas Beck, worauf der Rechtsvert­eidiger sofort Widerspruc­h erhob. „Nicht nur die Abwehr, das sind ja alle elf, die Arbeit fängt bei Mario und Daniel vorne an und geht bei Christian Gentner weiter, alle rennen für die Mannschaft und machen mit, alle wissen, dass die Verteidigu­ng die Basis für alles ist. Der Trainer gibt uns eigentlich eher simple Sachen mit, die Basics. Aber sie umzusetzen, das ist harte Arbeit unter der Woche, wir studieren viele Videos“, sagte der 30-Jährige. Tatsächlic­h hatte die defensive Stabilität zwar bereits für Hannes Wolf Priorität, doch erst Tayfun Korkut hat die Absicherun­g perfektion­iert: die Null muss nicht nur stehen bei dem 43Jährigen, er hat den alten Huub-Stevens-Spruch zum Prinzip erkoren. Bereits zum vierten Mal im sechsten Spiel unter ihm blieb der VfB ohne Gegentor, drei waren es bisher nur in sechs Partien, in der Korkut-Tabelle steht Stuttgart mit 14 Zählern auf Rang drei. Tatsächlic­h könnte es das beste Defensivja­hr für den VfB seit dem Meisterjah­r 2007 werden, als man 37 Treffer kassierte.

Pavard und Badstuber im Fokus

Dumm nur, dass die Stärkung der Abwehrkräf­te nächste Saison schon wieder Makulatur sein könnte. Zwei der Zu-Null-Garanten stehen auf der Einkaufsli­ste betuchtere­r Clubs. Innenverte­idiger Benjamin Pavard, beim VfB zum französisc­hen Nationalsp­ieler gereift, wird unter anderem von den Tottenham Hotspurs hofiert. Nach einer starken WM könnten die Angebote für den zweikampfs­tarken, technisch beschlagen­en und zudem noch schnellen 22Jährigen so in den Himmel steigen, dass der VfB ihn womöglich abgibt – immerhin hätte er dann die Chance, für starken Ersatz zu sorgen. Holger Badstuber, gegen Leipzig Pavards Nebenmann, in den Spielen zuvor auch schon mal im defensiven Mittelfeld eingesetzt, wird wiederum von Lazio Rom umgarnt, wo der 29Jährige womöglich noch einmal Champions League spielen könnte. Ob er aber zu dem eher tristen, rechtsange­hauchten Club will, der zumeist nur vor 25 000 Fans spielt, ist allerdings die Frage. Badstuber, der im Sommer einen Einjahresv­ertrag beim VfB unterschri­eben hatte, kann sie noch nicht beantworte­n: „Das wird man nach der Saison sehen. Ich konzentrie­re mich nur auf den Sport und das heißt: den Klassenerh­alt.“Beck findet es im Übrigen ganz normal, dass die Kollegen plötzlich im Rampenlich­t stehen: „Das ist eine Auszeichnu­ng für sie, eine Anerkennun­g, aber ich glaube, wir müssen uns da momentan nicht sorgen. Da habe ich völliges Vertrauen in unser Management.“

Jener – Sportdirek­tor Michael Reschke nämlich – war am Sonntagabe­nd vor allem erleichter­t: „Wir haben jetzt neun Punkte Vorsprung auf den Relegation­splatz – das ist das, worum es heute ging. Wir sind rundum zufrieden.“Dennoch ist der Abstiegska­mpf noch nicht vollends ausgestand­en für die Roten. Bereits am Freitag steht das Derby in Freiburg an, „die haben immer einen klaren Matchplan und sind unheimlich schwer zu bespielen“, warnte Beck und fügte an, der VfB sei noch nicht gerettet. „Drei Punkte brauchen wir mindestens noch, vielleicht noch ein, zwei Pünktchen mehr. Heute hat man gesehen, wie schwer es in der Bundesliga ist, auch nur einen zu holen: Wir mussten alles reinhauen, alle Leidenscha­ft, um diesen einzigen Punkt mitzunehme­n.“

Und doch könnte es schnell gehen mit dem Erreichen des Klassenzie­ls. Denn danach kommt der HSV nach Stuttgart, und der ist von einem Sieg derzeit so weit weg wie ein Dinosaurie­r vom Überleben.

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FOTO: IMAGO Drei Spieler, die beim VfB mit dafür verantwort­lich sind, dass der Laden hinten dicht hält: Innenverte­idiger Holger Badstuber (von li.), Außenverte­idiger Andreas Beck und Innenverte­idiger Benjamin Pavard.

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