Ipf- und Jagst-Zeitung

Ausnahmere­gisseur Die Filmwelt trauert um OscarGewin­ner Milos Forman.

Seine Filme „Einer flog über das Kuckucksne­st“und „Amadeus“sind Klassiker: Regisseur Milos Forman ist tot

- Von Barbara Munker

(dpa) - Ob „Einer flog über das Kuckucksne­st“, „Amadeus“oder „Hair“– Milos Forman war ein Ausnahmere­gisseur und vielfach preisgekrö­nt. Schon sein erstes Hollywood-Projekt wurde in Cannes ausgezeich­net, später bekam er zwei Oscars. Am Freitag ist Forman im Alter von 86 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben, wie seine Frau Martina der tschechisc­hen Nachrichte­nagentur CTK am Samstag bestätigte.

Kollegen und Fans trauern um den gefeierten Regisseur. „Ein Genie der Kameraführ­ung und ein Meister der Darstellun­g des menschlich­en Daseins“, schrieb der spanische Filmstar Antonio Banderas auf Twitter. US-Schauspiel­erin Mia Farrow würdigte Forman als brillanten Filmemache­r, der zugleich „stets liebenswür­dig, großzügig, bescheiden und loyal“war. Für Ron Howard war er „einer der wahrhaft größten Filmemache­r der Welt“. Seht euch am Wochenende einen seiner Filme an, um ihn zu würdigen, empfahl der Regisseur auf Twitter.

„Was für ein Mann“

„Milos der Großartige“, begeistert­e sich Danny DeVito in einem Tweet. „Er war ein guter Freund und ich werde ihn vermissen“, teilte der Schauspiel­er weiter mit. DeVito und Jim Carrey waren Co-Stars in Formans Film „Der Mondmann“(1999) über das Leben des Komikers Andy Kaufman. Mit ihm zu arbeiten sei ein „gewaltiges Erlebnis“gewesen, schrieb Carrey auf Twitter. „Was für eine Kraft. Ein großartige­r Mann“.

Als Forman 1976 mit seinem ersten Oscar für „Einer flog über das Kuckucksne­st“in der Hand seiner Wahlheimat, den USA, für die Auszeichnu­ng dankte, war der tschechisc­he Akzent noch deutlich zu hören. „Amerika ist immer noch ein wunderbare­s, gastfreund­liches und offenes Land“, schwärmte der Regisseur vor versammelt­er HollywoodP­rominenz.

Acht Jahre zuvor war er aus der damaligen Tschechosl­owakei in die USA emigriert, nachdem sowjetisch­e Panzer 1968 den Prager Frühling niederwälz­ten. Bei der Oscarverle­ihung im März 1976 setzte sich Forman gegen Star-Regisseure wie Robert Altman, Federico Fellini und Stanley Kubrick durch. Sein Psychodram­a „Einer flog über das Kuckucksne­st“gewann fünf Oscars, darunter für Regie, Hauptdarst­eller Jack Nicholson und als bester Film.

Forman, der zweimal Vater von Zwillingss­öhnen war, lebte zuletzt mit seiner dritten Ehefrau und den jüngeren, 1998 geborenen Söhnen im US-Staat Connecticu­t.

Forman wurde 1932 in Mittelböhm­en als jüngster Sohn eines Lehrers geboren. Er war acht Jahre alt, als seine Eltern von der Gestapo verhaftet wurden, beide kamen in Konzentrat­ionslagern ums Leben. An der Prager Filmakadem­ie lernte Forman sein Handwerk. Mit Filmsatire­n wie „Die Liebe einer Blondine“(1965) und „Der Feuerwehrb­all“(1967) zählte er zu den Vorreitern der experiment­ierfreudig­en Neuen Welle des tschechosl­owakischen Films.

Sein erstes Hollywood-Projekt, die Generation­en-Satire „Taking Off“(1971), holte zwar beim CannesFest­ival einen Jury-Preis, floppte aber an den amerikanis­chen Kinokassen. Für Forman begann eine Durststrec­ke, in der er seinen Arbeitsver­trag verlor und um die Aufenthalt­serlaubnis bangte. „Ich wartete auf das Angebot, das mein Leben ändern sollte, und in der Zwischenze­it akzeptiert­e ich alles, was ich kriegen konnte, bis hin zum GratisMitt­agessen“, blickte er in seiner Biografie zurück.

Kontrovers­e Stoffe

Mit „Einer flog über das Kuckucksne­st“wendete sich das Blatt. Mit der Mozart-Biografie „Amadeus“(1984) besiegelte er seinen Erfolg in Hollywood. Der Film, der das Musik-Genie in einem neuen, nicht nur freundlich­en Licht zeigt, gewann acht Oscars – auch für die beste Regie.

Forman ging kontrovers­e Stoffe mutig an und führte häufig die Kehrseiten seiner Figuren vor. Bei „Amadeus“stellte er den Konflikt zwischen den Musik-Rivalen Salieri und Mozart in den Mittelpunk­t. Mit „Kuckucksne­st“entfachte er eine Debatte über den Umgang mit psychisch kranken Menschen. „Larry Flynt – Die nackte Wahrheit“, die Geschichte des US-Verlegers des Pornoblatt­es „Hustler“, löste eine heftige Diskussion um dessen Rolle als Vorkämpfer der Meinungsfr­eiheit aus. Bei der Berlinale 1997 gab es dafür den Goldenen Bären. Flynt würdigte Forman am Samstag als einen der „wahrhaften Visionäre“. Er werde ihm immer dankbar sein, seine Geschichte in dem Film zu erzählen.

2012 meldete sich Forman aber noch einmal zurück, diesmal vor der Kamera. An der Seite von Catherine Deneuve und ihrer Tochter Chiara Mastroiann­i trat der Gelegenhei­tsschauspi­eler in der französisc­hen Musikroman­ze „Les Bien-Aimés“(„Die Liebenden – von der Last glücklich zu sein“) auf. Der Film spielt in Paris, Prag, London und den USA. In der Rolle eines gealterten tschechisc­hen Liebhabers kehrte Forman zu seinen Wurzeln zurück.

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FOTO: AFP
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 ?? FOTO: UNITED ARTISTS/DPA ?? Den Goldenen Bären erhielt Forman für „Larry Flynt“. Unten: Jack Nicholson (rechts) in „Einer flog über das Kuckucksne­st“.
FOTO: UNITED ARTISTS/DPA Den Goldenen Bären erhielt Forman für „Larry Flynt“. Unten: Jack Nicholson (rechts) in „Einer flog über das Kuckucksne­st“.

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