Erst das Safety Car, dann Max Verstappen
Sebastian Vettel wird beim Großen Preis von China nur Achter – Daniel Ricciardo triumphiert
(dpa/SID) - Seinen Frust über den unverschuldeten Zusammenstoß mit Max Verstappen beim Formel-1-Spektakel von Schanghai hakte Sebastian Vettel mit ein paar ernsten Worten und einem Klaps auf die Schulter des ungestümen 20-Jährigen ab. Ein wieder einmal zu risikoreiches Überholmanöver des RedBull-Piloten zwölf Runden vor Schluss hat dem deutschen FerrariStar auch die letzte Hoffnung auf seinen dritten Saisonsieg in Folge genommen und versetzte ihm einen ersten heftigen Dämpfer in diesem Jahr. Die Kollision mit Verstappen warf den WM-Spitzenreiter beim Sieg des furiosen Daniel Ricciardo im zweiten Red Bull bis auf Position acht zurück und machte eine Aussprache mit dem einsichtigen Niederländer nötig. „Er war zu spät auf der Bremse. Man hat gesehen, dass es auf seine Kappe geht. Im Endeffekt hat es unser beider Rennen zerstört, zum Glück konnten wir beide noch weiterfahren. Mit so einer Aktion kann man auch größeren Schaden anrichten“, sagte Vettel.
Der 30-jährige Hesse war am Ende froh, mit seinem beschädigten und kaum zu beherrschenden Auto überhaupt ins Ziel gekommen zu sein. Eine Woche nach Verstappens waghalsigem Überholmanöver gegen Lewis Hamilton in Bahrain leistete der Sünder diesmal aber Abbitte. „Ich bin sauer, das Rennen war am Ende sch.... Es war meine Schuld“, räumte Verstappen ein. Durch eine Zehn-SekundenStrafe wurde er letztlich Fünfter.
Weit mehr als über die Kollision ärgerte sich Sebastian Vettel über einen schlecht getimten Boxenstopp, durch den er – von der Pole Position gestartet – seine Führung abgeben musste. Der am Ende zweitplatzierte Valtteri Bottas war, vorgezogen, schon in der 20. Runde zum Reifenwechseln gekommen. Als der Deutsche neue Pneus bekam, passierte ihn der finnische Mercedes-Chauffeur. „Wir hatten das Rennen im Griff“, sagte Vettel. „Wir haben uns da vertan.“
Am Ende raste Bottas in seinem 100. Grand Prix vor Vettels Teamkollege Kimi Räikkönen auf Position zwei. Nach einem sehr durchwachsenen Wochenende reichte es für den fünfmaligen China-Sieger Lewis Hamilton dank der Verstappen-Strafe noch zu Platz vier. „Ich habe nicht die Geschwindigkeit gehabt, die ich normalerweise habe“, analysierte der Weltmeister später frustriert. Nach drei Rennen wartet Mercedes noch immer auf den ersten Erfolg in diesem Jahr. „Wir waren heute nur die dritte Kraft“, stellte Teamchef Toto Wolff fest. „Das war nicht das Level, das wir uns erhofft haben.“Es tröstete Hamilton kaum, dass er zum 28. Mal nacheinander in die Punkte fuhr und damit einen Rekord aufstellte. Der Brite (45 Zähler) bleibt aber erster Verfolger von Sebastian Vettels (54). Renault-Pilot Nico Hülkenberg wurde in Schanghai starker Sechster.
Dank einer aggressiven Reifenstrategie mit zwei Boxenstopps raste der nur als Sechster gestartete Ricciardo zu seinem ersten Grand-Prix-Sieg seit Baku im vergangenen Jahr. „Ich gewinne keine langweiligen Rennen. Es kam unerwartet“, sagte der Australier mit einem breiten Grinsen und feierte obligatorisch mit einem „Shoey“– indem er Champagner aus seinem Schuh schlürfte.
Vor einer Woche in Bahrain hatte Ricciardo das Rennen wegen einer defekten Batterie schon nach zwei Runden beenden müssen. Am Samstag brannte in Schanghai im letzten Training der Motor seines Turboladers. Die Mechaniker schafften es gerade noch, den Boliden bis zur Qualifikation zu reparieren. „Von dort, wo wir gestern waren, hätte man nicht geglaubt, dass wir heute hier sein würden“, sagte Ricciardo denn auch. „Die Mechaniker und Ingenieure haben sich diesen Sieg wirklich verdient.“
Red Bulls Strategie geht auf
Für Vettel hatte das Rennen perfekt begonnen. Er verteidigte seine imposant herausgefahrene 52. Karriere-Pole und blieb bis zum Reifenpoker vorn. Als er ansetzte, an den zu diesem Zeitpunkt führenden Bottas heranzukommen, krachten die beiden Toro-RossoPiloten Brendon Hartley und Pierre Gasly ineinander. Das Safety Car fuhr auf den Kurs, das Feld zog sich zusammen. Red Bull reagierte sofort und verpasste seinem Duo frische Reifen. Vettel fand sich als Zweiter zwischen Bottas und Hamilton wieder. Alle drei waren schon zuvor einmal an die Box gekommen und verzichteten jetzt auf neue Pneus. „Der Zeitpunkt war zu spät, dass Valtteri und ich noch reagieren konnten“, sagte Vettel. „Es ist nicht gut, wenn das Safety Car das Rennen ändert.“
Nach fünf Runden gab die Rennleitung das Geschehen wieder frei, die Red Bulls setzten zur Aufholjagd an. Verstappen scheiterte mit dem Versuch, an Hamilton vorbeizukommen, dann kam es zum Crash mit Vettel. Der Rest ist bekannt: Platz acht. Samt klarer Vettel’scher Ansage: „Dumm gelaufen. Aber es geht weiter.“