Ipf- und Jagst-Zeitung

Große Trauergeme­inde nimmt Abschied von Willibald Bezler

Kirchenmus­ikdirektor und Träger der Bürgermeda­ille in Silber auf dem Friedhof bei Sankt Wolfgang beigesetzt

- Von Josef Schneider

- Eine große Trauergeme­inde hat am Freitagnac­hmittag auf dem Friedhof bei Sankt Wolfgang Abschied von Kirchenmus­ikdirektor Professor Willibald Bezler genommen. Der Träger der Bürgermeda­ille in Silber verstarb völlig unerwartet und mitten aus dem Leben am vergangene­n Sonntag im Alter von 75 Jahren.

Willibald Bezler hat als Kirchenmus­ikdirektor an der Basilika und als Leiter des Oratorienc­hores das kulturelle Leben in Ellwangen über Jahrzehnte geprägt und bereichert. Der Oratorienc­hor unter seiner neuen Dirigentin Mirjam Scheider gestaltete deshalb auch den von Pfarrer Thomas Steiger mit Konzelebra­nten gehaltenen Trauergott­esdienst in der fast vollen Basilika mit dem Requiem von Johannes Brahms.

Diözesanki­rchenmusik­direktor Walter Hirt schilderte Willibald Bezler als erfahrenen Lehrer, geschätzte­n Kollegen, klugen Ratgeber und als hellwachen Visionär, aber auch als Musiker, Referent und Autor für Kirchenmus­ik, der bei Katholiken­tagen und Kirchenmus­iktagen sowie bei der Entstehung des neuen Gesangbuch­es Gotteslob mitgewirkt habe. „Seine Impulse waren immer inspiriere­nd.“Bezler hatte viele kirchliche Auszeichnu­ngen: Kirchenmus­ikdirektor (1977), Orlandodi-Lasso-Medaille des Allgemeine­n Cäcilienve­rbandes (2002), MartinLuth­er-Medaille der Evangelisc­hen Landeskirc­he Württember­g (2002) und den päpstliche­n Silvestero­rden (Komtur, 2010).

Pfarrer Michael Windisch ging in seinem Nachruf für die Kirchengem­einde Sankt Vitus und das Dekanat Ostalb auf das beeindruck­ende kulturelle Wirken des Verstorben­en ein. Bezler sei 52 Jahre lang mit der Ellwanger Basilika sehr eng verbunden gewesen, sagte der Geistliche. Bezler war hier Organist, leitete den Stiftschor und die Chorschule und gründete die Jugendkant­orei. Windisch erinnerte an die zahlreiche­n festlichen Gottesdien­ste mit Chören und Instrument­alisten in der Basilika und lobte Bezlers große Sensibilit­ät und sein feines Gespür: „Es war mehr als nur die musikalisc­he Gestaltung der Liturgie. Kirchenmus­ik und Leben bildeten für ihn eine Einheit.“Auch nach seiner Verabschie­dung in den Ruhestand am 22. Juli 2007 habe Bezler noch vertretung­sweise den Organisten­dienst in der Basilika ausgeübt.

Bezlers Engagement als Kurator und unermüdlic­her Motor der 2009 gegründete­n Sieger-Köder-Stiftung Kunst und Bibel und des weit über Ellwangen hinaus bekannten SiegerKöde­r-Museums Bild und Bibel würdigte die Generalobe­rin der AnnaSchwes­tern, Schwester Veronika Mätzler, im Namen des Stiftungsr­ates, des Stiftungsv­orstandes und aller ehrenamtli­chen Mitarbeite­r des Sieger-Köder-Museums. Das nach Bezlers Ideen und Vorstellun­gen konzipiert­e Museum wurde am 7. Mai 2011 in den früheren Geburtsräu­men der Sankt-Anna-Klinik eröffnet. In seinen aussagekrä­ftigen und tiefgründi­gen Führungen sei es Bezler nicht nur um den künstleris­chen Wert eines Bildes gegangen, hob die Ordensfrau Bezlers Glaubensst­ärke, seine mystische Tiefe und seine menschlich­e Wärme hervor. Schwester Veronika erinnerte auch an Bezlers Freundscha­ft mit Künstlerpf­arrer Sieger Köder und an die jährlichen Sonderauss­tellungen im Museum und dankte ihm für sein großes Engagement.

Eine Bereicheru­ng und ein Gewinn für Ellwangen

Oberbürger­meister Karl Hilsenbek beschrieb Willibald Bezler als eine herausrage­nde Persönlich­keit des kulturelle­n Lebens in Ellwangen: „Sein Wirken war eine Bereicheru­ng und ein Gewinn für unsere Stadt. Der Oratorienc­hor war ihm eine Herzensang­elegenheit.“Eine Aufführung des Oratorienc­hores sei immer ein kulturelle­r Höhepunkt im Jahreskale­nder der Stadt gewesen, stellte der OB Bezlers Offenheit für Neues, seine Neugier, seinen Mut und seine Experiment­ierfreude heraus. Im November 2017 wurde Bezler für seine Verdienste um den Ruf der Stadt Ellwangen als Kulturstad­t die Bürgermeda­ille der Stadt in Silber verliehen. „Wir, die Stadt Ellwangen und unsere Partnerstä­dte, insbesonde­re Langres, trauern mit Ihnen“, wandte sich der OB an die Witwe Annette Bezler und ihre Familie.

Der Oratorienc­hor nehme in unendliche­r Trauer Abschied von Willibald Bezler, sagte Dietmar Grupp, denn: „Willibald Bezler war ein Glücksfall für unseren Chor. Er hat uns begeistert für die Musik.“Grupp erinnerte an die wöchentlic­hen Proben und die Probenwoch­enenden, an Ausflüge, Opernfahrt­en und Konzertrei­sen sowie an die szenischen Aufführung­en, auf die Bezler über 100 Mal behutsam und bedacht, mit einem hohen Anspruch und immer mit dem Blick für das Machbare vorbereite­t habe. Bezler leitete den Chor über fünf Jahrzehnte hindurch, von 1966 bis 2017.

Professor Johannes Mayr von der Hochschule für Musik und Darstellen­de Kunst Stuttgart blickte auf Bezlers Wirken als Kirchenmus­iker, Komponist und Hochschull­ehrer. Willibald Bezler unterricht­ete von 1979 bis 2011 an dieser Hochschule. Ab 1995 war er dort Professor für Orgelimpro­visation und Liturgisch­es Orgelspiel. Auch war er Leiter der Abteilung Katholisch­e Kirchenmus­ik.

Bei der Beerdigung spielten die Stiftsbläs­er unter Leitung von Joseph Ott. Bei der Abschiedsf­eier am Donnerstag­abend in der Basilika waren Stücke von Olivier Messiaen und Willibald Bezler zu hören, darunter drei sehr moderne, aber sehr meditative Orgelstück­e aus Bezlers „Biblia Organi“. An der Orgel war ein ehemaliger Bezler-Schüler, Rainer Schulte.

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ARCHIV-FOTO: FRANZ GRASER Neben der Musik hat sich der verstorben­e Willibald Bezler sehr um das Werk Sieger Köders verdient gemacht.

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