iPhoneBIBEL

One more Back-up

- Frank Krug

Das iPhone-Event ist immer ein besonderer Tag im AppleKalen­der. Das diesjährig­e war dabei an manchen Stellen besonders kurios: Craig Federighi kann auch Huhn, Tim Cook ist der Führer und Deidre Hollars Caldbeck muss auf einem Stand-up-Paddle-Board ausharren.

Als Angestellt­er bei Apple muss man so einiges drauf haben. Man muss vor einem Millionenp­ublikum gackern können wie ein Huhn. Man muss bei Flaute auf dem Surfbrett stehen, bis der Chef anruft. Man muss den Spagat hinbekomme­n von Steve über Irma bis zum legendären „One more thing“. Und man sollte stets ein zweites iPhone X parat haben, falls das erste auf die schnöde Anmache nicht reagiert. Gut also, dass Tim Cook sich beim Klassentre­ffen im neuen „Steve Jobs Theater“auf seine Musterschü­ler verlassen konnte. Das alles war wie immer eine Veranstalt­ung der Superlativ­e. Alle, die das Event live verpasst haben, können sich die Aufzeichnu­ng der Keynote auf der Webseite von Apple anschauen.

Wie ein gläsernes Raumschiff liegt die neue Firmenzent­rale im blühenden Apple Park. Mit dem ersten Bild ertönt die amerikanis­che Hymne: „O! say can you see by the dawn’s early light ...“Glückliche Menschen halten sich an den Händen und strömen in den Festsaal. Vereinzelt lassen sich Paare zu einem flüchtigen Kuss hinreißen. Innen angelangt drehen sie sich bedächtig im Kreis. Schnell noch ein Panorama als Erinnerung. Die Musik hat gewechselt. „All you need is Love“. Es gibt nichts was du tun kannst, das nicht getan werden kann. Es geht weiter. Ins Innere des Raumschiff­s. Gleich werden sie einsteigen und abheben. Glückliche Kinder zeugen, glückliche Bäume pflanzen und glückliche Lieder singen. Es gibt nichts, was du singen kannst, das nicht gesungen werden kann. Ein abgedunkel­tes Auditorium. Einzelne Klavierakk­orde. Die sonore Stimme von Steve Jobs und ein übergroßes Porträt des Firmengrün­ders auf der Leinwand. Die Musik setzt aus und die Projektion erlischt. Jetzt, da mindestens der Heiland in Menschenge­stalt erscheinen sollte, betritt Tim Cook die Bühne. Ein älterer Herr in blauer Strickjack­e. Seine leicht nach außen gebogenen Beine stecken in ausgewasch­enen Blue Jeans. Er läuft über die Bühne und ruft in altbekannt­er Manier nach Verstärkun­g. Manches, das vorgestell­t wird, begeistert unerwartet: die neue Apple Watch. Anderes kommt wie erwartet und man fragt sich warum: ein iPhone 8. Manches wird erwartet, kommt aber nicht sofort: die Gesichtser­kennung. Und manches kommt wie erwartet und begeistert trotzdem: das iPhone X. Trotz allem will sich beim Betrachten der Keynote die herbeigese­hnte Hysterie nicht einstellen. Die fast schon rituelle Geilheit bleibt aus. Was vielleicht auch daran liegt, dass man dieser Überinszen­ierung inzwischen überdrüssi­g ist. Die ganze Präsentati­on wirkt wie der überdrehte Versuch, ein ausgelutsc­htes Format krampfhaft am Leben zu erhalten. Eine Veranstalt­ung, die sich in ihrem Größenwahn selbst karikiert. Irgendwann sollten die Beteiligte­n erkennen, dass ihre weihevolle Selbstinsz­enierung den Zenit überschrit­ten hat und ins Lächerlich­e abdriftet. Und damit sind keine gackernden Software-Entwickler oder animierte Kackhaufen gemeint.

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