Kollegen des Täters schweigen
Ein Leiharbeiter aus Polen hat aus Eifersucht seine Freundin totgeschlagen. Sein Umfeld will nicht viel dazu sagen – auch aus Angst?
Augsburg Im Foltermord-Prozess gegen einen polnischen Leiharbeiter stoßen die Richter des Augsburger Landgerichts im Umfeld des Angeklagten auf eine Mauer des Schweigen. Piotr S., 32, hat bereits zugegeben, dass er seine Freundin aus Eifersucht gefoltert und zu Tode geprügelt hat. Am Mittwoch sollten in dem Prozess zahlreiche ebenfalls aus Polen stammende Kollegen des Angeklagten als Zeugen aussagen. Viel war allerdings nicht zu erfahren.
Die meisten Kollegen von Piotr S. gaben vor, sich nicht mehr gut zu erinnern. Auf Fragen der Richter, ob sie Streitigkeiten oder Probleme zwischen dem Angeklagten und seiner Freundin mitbekommen haben, antworteten sie meist ausweichend – oder wollten von nichts gewusst haben. Piotr S. war bei einer Bobinger Leiharbeitsfirma angestellt, die auf Arbeitskräfte aus Osteuropa spezialisiert ist. Er wohnte mit vielen seiner Kollegen in einer heruntergekommenen Unterkunft in Großaitingen. S. arbeitete, wie viele polnische Arbeiter, bei einem Fleischwarenhersteller im Kreis Landsberg. Die Kollegen aus der Leihfirma waren und sind aber nicht nur dort, sondern auch andernorts tätig – etwa bei einem Kunststoffproduzenten im Kreis Augsburg oder einem Rollladenhersteller im Kreis Günzburg. Keiner der Kollegen, die im selben Haus wie Piotr S. wohnten, will von der Tat etwas mitbekommen haben.
Der Angeklagte räumte zu Prozessbeginn ein, dass er seiner Freundin Marlena P., 33, in seinem Zimmer der Unterkunft erst teils die Haare abrasiert und sie dann massiv geschlagen hat – unter anderem in den Genitalbereich und gegen den Kopf. Die Tat spielte sich am Nachmittag des 25. Oktober vorigen Jahres ab. S. fuhr seine Freundin erst rund drei Stunden später ins Krankenhaus nach Bobingen. Dort stellten die Ärzte fest, dass bei der Frau bereits der Hirntod eingetreten war.
Gegenüber einer aus Polen stammenden Kollegin bei der Fleischwarenfirma soll Piotr S. etwa eine Woche vor der Tat gesagt haben, seine Freundin sei eine Schlampe, die sich ständig in Discos rumtreibe. Er werde ihr die Kleidung zerreißen und ihr die Zähne einschlagen, wenn sie sich nicht ändere. So kam es dann auch. Die Kollegin aus der Wurstfabrik weigerte sich zunächst, vor Gericht zu erscheinen. Sie hatte offenbar Angst vor Repressalien durch den Angeklagten oder andere Leiharbeiter. Doch das Gericht forderte sie dennoch auf, zum Prozess zu kommen. Als Zeugin behauptete die Frau zunächst, sie habe außer „Hallo“und „Tschüss“nie etwas mit S. gesprochen. Erst als Staatsanwältin Martina Neuhierlihr damit drohte, dass sie wegen des Verdachts der Falschaussage festgenommen werde, bestätigte die Zeugin doch noch das Gespräch.
Piotr S., der von Anwalt Klaus Rödl verteidigt wird, war von rasender Eifersucht getrieben. Er war überzeugt, dass seine Freundin ihn mit einem anderen Mann betrügt. Mehrere Zeugen beschreiben sein Verhalten als „krankhaft“. Tatsächlich aber gibt es keine Hinweise, dass Marlena P. eine Affäre hatte. Eine Freundin des Opfers sagte aus: „Sie hat ihn über alles geliebt, sie war ihm treu.“