Leitartikel Die fünf Lehren aus der Saarland-Wahl
Was der Sieg der CDU-Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer für die Bundestagswahl bedeutet. Der Flirt mit der Linkspartei bekommt Schulz schlecht
Ist der Zauber des neuen SPDKanzlerkandidaten Martin Schulz schon verflogen und der Höhenflug der von sich selbst begeisterten Sozialdemokratie bereits vorbei? Nein, natürlich nicht. Kann sich die Kanzlerin nun ihrer Sache wieder sicher sein und ruhig zuwarten, wie der zum unwiderstehlichen Herausforderer hochgeredete – und hochgeschriebene – Mister „100 Prozent“bis zur Bundestagswahl im Herbst auf Normalmaß geschrumpft wird? Nein, natürlich nicht. Landtagswahlen haben ihre eigenen Gesetze und Besonderheiten. Die Abstimmung im Miniland Saarland erlaubt deshalb keine sicheren Rückschlüsse auf die politische Großwetterlage im Bund und schon gar nicht auf den Ausgang der Bundestagswahl.
Das gilt umso mehr, als demoskopisch gemessene Stimmungen noch lange keine Stimmen sind und Wahlen heutzutage erst auf den letzten Metern entschieden werden – von Wählern, die sehr wohl zu unterscheiden wissen zwischen Landtagswahlen und einer Bundestagswahl und sich das jeweils angebotene Führungspersonal genau anschauen. Die CDU hat im Saarland klar gewonnen, weil die Mehrheit der Wähler die überaus populäre, tüchtige Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer behalten wollte und nur sie die Gewähr für die Fortsetzung der zur Zufriedenheit der Bürger arbeitenden Großen Koalition bot. Das war ausschlaggebend. Und deshalb ist der Versuch der SPD, diese Wahl in ein Plebiszit über die Kanzlerambitionen von Schulz umzufunktionieren und der Merkelmuss-weg-Kampagne zusätzliche Flügel zu verleihen, gescheitert.
So ratsam es erfahrungsgemäß ist, nicht zu viel in eine Landtagswahl hineinzuinterpretieren: Im Saarland hat zum Auftakt des Wahljahres 2017 durchaus ein kleiner bundespolitischer Stimmungstest stattgefunden, der einige interessante Erkenntnisse und Schlussfolgerungen für die Bundestagswahl erlaubt.
Erstens: Martin Schulz hat der verzagten SPD zweifellos neues Leben und neuen Mut eingehaucht. Aber auch seine Bäume wachsen nicht in den Himmel. Er ist kein Wunderheiler. Er hat keine Niederlage, wohl aber einen Rückschlag erlitten. Der Hype, der um Schulz inszeniert wird, euphorisiert die SPD, bürgt aber nicht automatisch für viele neue Wählerstimmen. Zumal ja nicht annähernd klar ist, was Schulz in der Sache zu bieten hat.
Zweitens: Die CDU, die bei einer Abwahl Kramp-Karrenbauers in Untergangsstimmung verfallen wäre, weiß nun, dass sie noch Wahlen gewinnen kann – wenn sie zusammensteht und ihr Wählerpotenzial mobilisiert.
Drittens: Der Sieg von „AKK“ zeigt, wie wichtig Amtsbonus und verlässliches, unaufgeregtes Regieren sind. Das spricht für Angela Merkel. Die Kanzlerin hat eine gute Chance, ihr Amt nach zwölf Jahren zu verteidigen. Sie wird Schulz demnächst härter angehen und darlegen müssen, wohin sie dieses Land führen will. Für den Augenblick ist ihre Strategie, gewohnt cool zu bleiben, aufgegangen.
Viertens: Es ist der SPD und Schulz schlecht bekommen, dass sie zu einem rot-roten Bündnis mit den Linkspopulisten der Linkspartei bereit waren. Hält sich Schulz die rot-rot-grüne Machtoption im Bund offen, weil er aller Voraussicht nach nur damit Kanzler werden kann, wird die CDU/CSU diese Steilvorlage im Wahlkampf zu nutzen wissen.
Fünftens: Wenn das Duell von Merkel und Schulz, von Union und SPD den Wahlkampf dominiert und die Wahlbeteiligung steigt, bekommen das die kleinen Parteien zu spüren. Die Große Koalition ist kein Auslaufmodell. Gut möglich also, dass es über 2017 hinaus in Berlin mit Schwarz-Rot weitergeht.
Stimmungen sind noch keine Stimmen