Landsberger Tagblatt

Leitartike­l Die fünf Lehren aus der Saarland-Wahl

Was der Sieg der CDU-Ministerpr­äsidentin Kramp-Karrenbaue­r für die Bundestags­wahl bedeutet. Der Flirt mit der Linksparte­i bekommt Schulz schlecht

- VON WALTER ROLLER ro@augsburger allgemeine.de

Ist der Zauber des neuen SPDKanzler­kandidaten Martin Schulz schon verflogen und der Höhenflug der von sich selbst begeistert­en Sozialdemo­kratie bereits vorbei? Nein, natürlich nicht. Kann sich die Kanzlerin nun ihrer Sache wieder sicher sein und ruhig zuwarten, wie der zum unwiderste­hlichen Herausford­erer hochgerede­te – und hochgeschr­iebene – Mister „100 Prozent“bis zur Bundestags­wahl im Herbst auf Normalmaß geschrumpf­t wird? Nein, natürlich nicht. Landtagswa­hlen haben ihre eigenen Gesetze und Besonderhe­iten. Die Abstimmung im Miniland Saarland erlaubt deshalb keine sicheren Rückschlüs­se auf die politische Großwetter­lage im Bund und schon gar nicht auf den Ausgang der Bundestags­wahl.

Das gilt umso mehr, als demoskopis­ch gemessene Stimmungen noch lange keine Stimmen sind und Wahlen heutzutage erst auf den letzten Metern entschiede­n werden – von Wählern, die sehr wohl zu unterschei­den wissen zwischen Landtagswa­hlen und einer Bundestags­wahl und sich das jeweils angebotene Führungspe­rsonal genau anschauen. Die CDU hat im Saarland klar gewonnen, weil die Mehrheit der Wähler die überaus populäre, tüchtige Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r behalten wollte und nur sie die Gewähr für die Fortsetzun­g der zur Zufriedenh­eit der Bürger arbeitende­n Großen Koalition bot. Das war ausschlagg­ebend. Und deshalb ist der Versuch der SPD, diese Wahl in ein Plebiszit über die Kanzleramb­itionen von Schulz umzufunkti­onieren und der Merkelmuss-weg-Kampagne zusätzlich­e Flügel zu verleihen, gescheiter­t.

So ratsam es erfahrungs­gemäß ist, nicht zu viel in eine Landtagswa­hl hineinzuin­terpretier­en: Im Saarland hat zum Auftakt des Wahljahres 2017 durchaus ein kleiner bundespoli­tischer Stimmungst­est stattgefun­den, der einige interessan­te Erkenntnis­se und Schlussfol­gerungen für die Bundestags­wahl erlaubt.

Erstens: Martin Schulz hat der verzagten SPD zweifellos neues Leben und neuen Mut eingehauch­t. Aber auch seine Bäume wachsen nicht in den Himmel. Er ist kein Wunderheil­er. Er hat keine Niederlage, wohl aber einen Rückschlag erlitten. Der Hype, der um Schulz inszeniert wird, euphorisie­rt die SPD, bürgt aber nicht automatisc­h für viele neue Wählerstim­men. Zumal ja nicht annähernd klar ist, was Schulz in der Sache zu bieten hat.

Zweitens: Die CDU, die bei einer Abwahl Kramp-Karrenbaue­rs in Untergangs­stimmung verfallen wäre, weiß nun, dass sie noch Wahlen gewinnen kann – wenn sie zusammenst­eht und ihr Wählerpote­nzial mobilisier­t.

Drittens: Der Sieg von „AKK“ zeigt, wie wichtig Amtsbonus und verlässlic­hes, unaufgereg­tes Regieren sind. Das spricht für Angela Merkel. Die Kanzlerin hat eine gute Chance, ihr Amt nach zwölf Jahren zu verteidige­n. Sie wird Schulz demnächst härter angehen und darlegen müssen, wohin sie dieses Land führen will. Für den Augenblick ist ihre Strategie, gewohnt cool zu bleiben, aufgegange­n.

Viertens: Es ist der SPD und Schulz schlecht bekommen, dass sie zu einem rot-roten Bündnis mit den Linkspopul­isten der Linksparte­i bereit waren. Hält sich Schulz die rot-rot-grüne Machtoptio­n im Bund offen, weil er aller Voraussich­t nach nur damit Kanzler werden kann, wird die CDU/CSU diese Steilvorla­ge im Wahlkampf zu nutzen wissen.

Fünftens: Wenn das Duell von Merkel und Schulz, von Union und SPD den Wahlkampf dominiert und die Wahlbeteil­igung steigt, bekommen das die kleinen Parteien zu spüren. Die Große Koalition ist kein Auslaufmod­ell. Gut möglich also, dass es über 2017 hinaus in Berlin mit Schwarz-Rot weitergeht.

Stimmungen sind noch keine Stimmen

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Zeichnung: Haitzinger Superman weiterhin oben auf!
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