Ausgelassene Momente und verbissene Debatten
Das große Protestantentreffen in Berlin steht unter dem Motto „Du siehst mich“. Überall schauen Kulleraugen treuherzig in die Welt, um sie ein Stück besser zu machen. Warum aber sucht man den Streit mit den Rechtspopulisten der AfD?
und trat in die mecklenburgische Landeskirche ein. „Bei Gott ist nichts unmöglich, ist ein Satz, der ungeheure Kraft geben kann“, sagt sie. Denn er wirke nicht an den Menschen vorbei, „sondern durch unsere Entscheidungen“. Zum Beispiel durch die junge Afghanin Malala Yousafzai, die sich selbst nach einem Mordanschlag der Taliban auf sie unbeirrt für Mädchenbildung in ihrer Heimat einsetzte. Sie erhielt dafür 2014 den Friedensnobelpreis. „Warum sehen wir selbst hier auf dem Kirchentag nur auf die Mächtigen und Prominenten?“, giftet Manuela Schwesig ein bisschen gegen den Hype um das Spitzentreffen von Barack Obama und Angela Merkel vor dem Brandenburger Tor. „Wir, das sind wir alle. Und wer sie sieht, macht unser Land ein Stück gerechter“, schließt die Ministerin ihre Bibelarbeit.
An die wohltätige Kraft von privaten Spenden glaubt der englische Philosoph William MacAskill. Er hat selbst ausprobiert, dauerhaft einen Teil seines Einkommens zur Armutsbekämpfung zu spenden. Eine einfache Lösung mit angeblich großem Effekt, gab der junge Professor den Kirchentagsbesuchern mit auf den Weg. Sie setze nur voraus, selbst möglich viel zu verdienen… Gerd Müller, der Bundesminister für Entwicklung, appelliert zwar auch: „Liebe Christen, wir müssen neu teilen lernen!“Aber der CSU-Politiker aus dem Allgäu, beseelt vom Ziel, eine Welt ohne Hunger zu schaffen („das ist möglich!“),
„Es steht kein christliches Menschenbild im Parteiprogramm der AfD.“
Der Berliner Bischof Markus Dröge
denkt im Maßstab von fairem Handel und ökologischen Mindeststandards im globalen Wirtschaften. Zum Beispiel existenzsichernde Löhne für Menschen, die für uns die Klamotten nähen.
Was wäre ein Kirchentag ohne Heini und Reini, wie Kabarettisten das inzwischen unzertrennliche Gespann von Heinrich BedfordStrohm, den Vorsitzenden des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Kardinal Reinhard Marx, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, nennen. In ihrer Bibelarbeit geht es um die Aussöhnung der zerstrittenen Brüder Jakob und Esau. Eigentlich aber geht es um den Stand der ökumenischen Aussöhnung der Konfessionen. Treuherzig versichern sich die beiden Duzfreunde: „Wir wollen zusammen gehen.“Was am Ende herauskommt? Sie wissen es nicht. „Es gibt auch noch den Heiligen Geist“, betont der EKD-Vorsitzende. Anschauen tun sie sich auf jeden Fall.