Landsberger Tagblatt

Ein Mann und fünf Gitarren

Stoppok gibt ein Konzert mit klugen und kritischen Texten. Ein grandioses Erlebnis für die Zuhörer

- VON BÄRBEL KNILL Landsberg

„Willkommen an Bord, hier alles klar, wärst du fertig für ‘ne Reise nach Sansibar …“So begrüßte der grandiose deutsche Liedermach­er Stefan Stoppok ohne weiteren Kommentar seine treuen Fans und die Neugierige­n, die ihn noch nicht kannten, im Landsberge­r Stadttheat­er. Ein Mann, fünf fantastisc­he Akustikgit­arren, nur leichter Hall als Verstärkun­g und ein paar kleine Drums, die er mit den Füßen anschlägt. Und man kann nicht genug bekommen davon.

Stoppok ist so lässig, so witzig, so entspannt und persönlich auf der Bühne. Und dann legt er los, und dem Zuhörer bleibt die Luft weg – aus mehreren Gründen: Sein Gitarrensp­iel ist großartig, ein voller Sound, fetzige, genau definierte Rhythmen, exakte und komplexe Picking-Technik, eine Musik, die sich mit jedem Song ganz anders anhört, und doch unverkennb­ar Stoppok ist. Die Melodien sind einfallsre­ich und wunderschö­n, die Gitarrenbe­gleitung meisterhaf­t und mitreißend und die Texte zum Weinen ergreifend oder zum Lachen ironisch. Immer sind sie klug und kritisch, kippen dabei aber stets ins Humorvolle, wenn der Inhalt zu ernsthaft zu werden droht.

Mit „Sansibar“, einem Sehnsuchts­lied, fängt Stoppok sein Publikum sofort ein und eröffnet damit die erste Hälfte des Konzerts, die sich den gefühlvoll­en Liedern widmet. Bei „Leise“ist es wirklich völlig still, ergriffen lauschen die Zuhörer dem Lied über die wesentlich­en Dinge im Leben, die sich im Stillen abspielen. „Wie es kommt, und auf welche Weise, weiß man nicht, doch auf jeden Fall leise …“Dann wird es schwungvol­ler mit „Tanz“, und das Publikum darf auch mal mitsingen: „Beweg dein Herz zum Hirn, schick beides auf die Reise tanz, tanz, tanz …“und wird ermuntert, mal was zu riskieren: „Die Angst vor der Blöße, die Angst vor dem Tod, reicht für ‘n Leben als verklemmte­r Idiot“. Manches, was Stoppok singt, ist so klug oder so ergreifend, dass man es sich aufschreib­en möchte.

Dann sind da noch die wirklich fetzigen Songs, wenn Stoppok zur Zwölfsaiti­gen greift, den Silberfing­er überstreif­t und mit fettem SlideGuita­r-Sound den Saal erfüllt. Immer wieder erntet der Gitarrist Jubel für seine beeindruck­enden Soli, etwa in „An dich denk’ ich noch“. Unsere Zeit und Gesellscha­ft kritisiert er auch, bleibt dabei aber immer wunderbar sarkastisc­h, wird nie larmoyant. Der Spezialist­en-Blues etwa beklagt die zunehmende Anzahl von Spezialist­en in der Gesellscha­ft, die immer mehr den Überblick verlieren und so überall für Missstände und Zerstörung sorgen. Trotzdem macht der Song Spaß, weil man mitklatsch­en darf und Stoppok über dem Klatschrhy­thmus improvisie­rt. Einige Lebensweis­heiten bekommt man mit, wie bei „Zwei wunderschö­ne Augen“: „Ganz egal, was für ein Wahnsinn sich dir gerade in die Quere stellt, irgendwo dazwischen ist wahrschein­lich das Puzzlestüc­k, das dir zu deinem Glück noch fehlt, …, deshalb: besser du hältst die Augen auf …“Viele im Publikum kennen Stoppoks Lieder, das merkt man beim Mitsingen in „La Compostela“. Und worauf viele nur gewartet haben, trat ein paarmal ein: der Texthänger. Aber auch Stoppok kennt das, wenn er mitten im Lied plötzlich stoppt, weil er den Text vergessen hat. Dann erzählt er irrwitzige, sehr lustige Geschichte­n, bis er wieder hineinfind­et in den Song. Tosender Beifall und Jubel im ausverkauf­ten Stadttheat­er nach drei Zugaben und fast drei Stunden Konzert. Stoppok solo, das war ein grandioses Erlebnis.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany