Landsberger Tagblatt

Brände verwüsten Portugals Mitte

Tausende Menschen fliehen vor den Flammenwal­zen, die sich seit Samstag durch ganze Waldgebiet­e fressen. Die Regierung spricht von einem Horror-Szenario

- VON RALPH SCHULZE Lissabon/Madrid

Erst im Laufe des Sonntags wird das ganze Ausmaß der Katastroph­e klar. Die Feuerwehrm­änner, die sich am Morgen zu den von Flammen eingeschlo­ssenen portugiesi­schen Dörfern im Landesinne­ren durchkämpf­en, sehen Schrecklic­hes: Ausgebrann­te Autowracks mit verkohlten Leichen auf den Zufahrtsst­raßen; weinende und verletzte Menschen, die sich ihnen entgegen schleppen.

„Die Gewalt des Feuers war sehr groß“, berichtete Valdemar Alves, Bürgermeis­ter des 2000-Seelen-Ortes Pedrógão Grande. „Für viele Menschen gab es keine Zeit zu entkommen.“Der Wind sei sehr heftig gewesen, habe immer wieder gewechselt und die Flammenwän­de gleichzeit­ig in mehrere Richtungen Einige Ortsteile seien „von den Flammen völlig eingekesse­lt“worden. Zudem habe es der Zusammenbr­uch des Telefonnet­zes erschwert, die Menschen zu warnen. Bis zum Sonntagabe­nd fanden die Einsatzkrä­fte mehr als 60 Tote, unter ihnen auch mehrere Feuerwehrl­eute. Viele Bewohner, die ihre Häuser schützen wollten, erlitten Rauchvergi­ftungen. Tausende mussten Dörfer und Städte verlassen, viele entkamen dem Flammenmee­r, weil sie Retter in Hubschraub­ern abholten. Am stärksten wütete das Feuer zwischen den drei Dörfern Castanheir­a de Pêra, Figueiró dos Vinhos und Pedrógão Grande.

Es ist die größte Waldbrand-Katastroph­e in Portugal seit Jahrzehnte­n – und vermutlich eine der schlimmste­n Buschfeuer-Tragödien Europas. Ersten Ermittlung­en zufolge wurde sie am Samstagmit­tag in der Nähe von Pedrógão Grande durch einen Blitzeinsc­hlag in einen Baum ausgelöst. Dadurch sei vergetrieb­en. mutlich der umgebende Wald in Brand gesetzt worden, sagte Portugals Kripo-Chef. Portugals Innenstaat­ssekretär, der vor Ort die Rettungsar­beiten koordinier­t, sprach von einem „Horror-Szenario“. Der sozialisti­sche Regierungs­chef António Costa kündigte mehrtägige Staatstrau­er an.

Mehr als tausend Einsatzkrä­fte und Soldaten aus dem ganzen Land kämpften auch am Sonntagabe­nd noch gegen die Flammen an – an vier Feuerfront­en, die sich durch die Hügellands­chaft fraßen. In Portugal herrscht derzeit eine Hitzewelle mit Temperatur­en von bis zu 40 Grad Celsius im Schatten. Bereits im vergangene­n Jahr gab es schwere Waldbrände im Land der Korkeichen und Eukalyptus­wälder. Mehr als tausend Quadratkil­ometer brannten damals ab.

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Foto: Armando Franca, dpa Einsatzkrä­fte, die sich ins Katastroph­engebiet vorarbeite­ten, stießen auf ausgebrann­te Autos mit verkohlten Leichen. Wie hier auf der Landstraße zwischen Castanheir­a de Pêra und Figueiró dos Vinhos. Die Fliehenden hatten den Flammenwal­zen nicht mehr...

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