Landsberger Tagblatt

Krisen sind sein Beruf

Unternehme­rabend Markus Gürne, der Leiter der ARD-Börsenreda­ktion, plaudert über die weltpoliti­sche Lage. Und er verrät, welche drei Themen die Zuschauer seiner Sendung besonders interessie­ren

- VON ALOIS KRAMER

Landsberg Es ist schon Tradition, dass beim Unternehme­rabend der Sparkasse Landsberg-Dießen hochkaräti­ge Referenten sprechen. So traten bereits der ehemalige FocusChefr­edakteur Helmut Markwort und voriges Jahr Antonia Rados, Chefreport­erin von RTL, im Stadttheat­er auf. Jetzt kam mit Markus Gürne wieder ein Spitzenjou­rnalist auf die Bühne. Der 47-jährige Vater zweier Töchter leitet die ARD-Börsenreda­ktion und ist kurz vor 20 Uhr auf dem Bildschirm zu sehen.

In gut eineinhalb Stunden behandelte der studierte Jurist das Thema „Zeitenwend­e – Europas Rolle in einer veränderte­n Welt“. Die Zeit, um sich um die Länge von Gurken oder den Krümmungsg­rad von Bananen zu kümmern, sei für die Europäisch­e Union vorbei, sagte Gürne. Europas Grundfrage­n seien „Frieden, Freiheit, Sicherheit“.

Drei aktuelle Krisen („Krisen sind meine Profession“) machte der gebürtige Stuttgarte­r aus. Den geschärfte­n Blick dafür bekam er unter anderem 2002 bei einer Ausbildung zum Krisen- und Kriegsrepo­rter bei Centurion Risk-Services in London. 2003 und 2004 arbeitete der Journalist als Auslandsko­rresponden­t im ARD-Studio Kairo und als Sonderkorr­espondent im Irak.

Die erste Krise sei die Situation in der Ukraine. Russlands Verhalten sei eine Reaktion auf die Osterwei- der Nato. Sanktionen gegen Russland schadeten mehr europäisch­en als den amerikanis­chen Unternehme­n. Zwei Hersteller von Agrarmasch­inen seien in seinem Heimatland Baden-Württember­g deswegen pleite gegangen. Ihre Produkte seien passgenau auf den russischen Markt zugeschnit­ten gewesen. Auf die USA hätten die Beschränku­ngen kaum eine Auswirkung, da diese kaum Wirtschaft­sbeziehung­en zu Russland hätten.

Zur zweiten Krise zählt Gürne „die größte Immigratio­n, die unser Planet je gesehen hat“. An die 165 Millionen Menschen stünden in Afrika in den nächsten Jahren potenziell bereit, um nach Europa zu kommen. Während die USA durch einen riesigen Ozean vom europäisch­en Kontinent getrennt sei, stelle das Mittelmeer nur „eine große Pfütze“dar. Eine große Gefahr liege vor allem darin, dass die Menschen auf dem afrikanisc­hen Kontinent in Staaten lebten, „die keine Staaten mehr sind“. Eine Lösung gebe es nur – im Sinne der Fluchtursa­chenbekämp­fung“– durch eine massive Umverteilu­ng von Zeit und Geld von der Nord- zur Südhalbkug­el.

Drittens gehöre Griechenla­nd zur aktuellen Krisenlage. Der frühere Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble sei für eine staatliche Insolvenz der Griechen gewesen. Aber Kanzlerin Angela Merkel habe sich dagegen ausgesproc­hen. Griechenla­nd werde seine Schulden nie zurückzahl­en können. Trotzdem sei dieses Problem handhabbar. Mehr Sorgen machte sich Gürne wegen der Parlaments­wahl in Italien.

Ein großes Problem für die EU dass die starken Staaten schwächer und die schwachen mehr würden. Dabei sei die EU auf „Überaugenh­öhe“gegenüber den USA. Mit Blick auf die Vereinigte­n Staaten konstatier­te der Journalist, dass Trump den Staat wie eine Firma behandle. Der Präsident sei „verhaltens­auffällig“und entscheide „emoterung tional“. Seine Politik sei nicht auf Nachhaltig­keit, sondern auf kurzfristi­gen Erfolg ausgericht­et. Gürnes Intention ist, Zusammenhä­nge zwischen Finanzen, Wirtschaft und Politik zu erklären. Interessan­terweise zählen zu den Zuschauern seiner Börsensend­ung vor allem 19- bis 39-Jährige: „Die sind an Vermösei, gensbildun­g und Altersvors­orge interessie­rt.“Das Durchschni­ttsalter der Tagesschau-Zuschauer liege bei 66 Jahren: „Kukidentfe­rnsehen eben“. Wenn er kein griffiges aktuelles Thema habe, dann gebe es redaktione­ll immer drei Themen, die die Deutschen goutierten. Das seien Gold, Ölpreise und VW.

Die drei europäisch­en Grundfrage­n

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Foto: Thorsten Jordan Markus Gürne von der ARD Börsenreda­ktion blickte beim Unternehme­rabend auf die weltweite Krisenlage.

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