Zeitung trennt sich von Hanitzsch
Wegen einer als antisemitisch kritisierten Karikatur
Die Süddeutsche Zeitung beendet wegen einer als antisemitisch kritisierten Karikatur ihre jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem Zeichner Dieter Hanitzsch. Chefredakteur Wolfgang Krach hatte sich zuvor bereits für die Karikatur entschuldigt. Als Grund für die Beendigung der Arbeit mit Hanitzsch gab die Chefredaktion der Zeitung „unüberbrückbare Differenzen“an „darüber, was antisemitische Klischees in einer Karikatur sind“. Diese hätten sich nicht nur in der veröffentlichten Karikatur selbst, sondern auch in Gesprächen mit Hanitzsch gezeigt. Die Zeitung werde ihre redaktionsinternen Abläufe bei der Veröffentlichung von Karikaturen überprüfen, kündigte Krach an.
Der Deutsche Presserat wird wegen der Karikatur ein Prüfverfahren einleiten. Wie eine Sprecherin des Selbstkontrollgremiums am Donnerstag sagte, seien bislang sechs Beschwerden eingegangen. Die am Dienstag erschienene Zeichnung von Hanitzsch zeigt den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu in Gestalt der Gewinnerin des Eurovision Song Contest, Netta. Er hält eine Rakete mit Davidstern in die Höhe; in den Mund gelegt ist ihm der traditionelle jüdische Ausspruch „Nächstes Jahr in Jerusalem“. Netanjahu ist mit großen abstehenden Ohren dargestellt, was als antisemitisches Stereotyp gilt.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sieht „Assoziationen an die unerträglichen Zeichnungen der nationalsozialistischen Propaganda geweckt“. Auch wenn Karikaturen ironisieren und provozieren sollten, sei hier eine rote Linie überschritten, sagte er der Bild. „Mit einer derartigen geschmacklosen Zeichnung entwertet man jede berechtigte Kritik an den Handlungen der israelischen Regierung.“Hanitzsch erklärte: Der Vorwurf, dass man die Zeichnung als antisemitisch auffassen könne, treffe ihn nicht. Auch als Deutscher wolle er die Politik Netanjahus kritisieren können.