Das kleine Radweg-Einmaleins
Was Radfahrer im Straßenverkehr beachten müssen
KREIS LINDAU (lz) - Der Tisch ist gedeckt und in der Mitte steht sogar ein frischer Blumenstrauß – für das perfekte Frühstück fehlen nur noch Semmeln und Gebäck. Für den jüngsten Sohn der Familie heißt das: Ab aufs Radl und schnell zum Bäcker. Also zur Haustür raus, die Straße entlang und an der nächsten Kreuzung links auf den Radweg, beziehungsweise den Fußweg mit weißem „Radfahrer frei“-Schild. Von der anderen Richtung kommend ist der gleiche Weg jedoch mit einem unterschiedlichen Verkehrszeichen beschildert. Das zeigt zwei weiße Fußgänger und darunter ein Fahrrad auf blauem Hintergrund – ein Weg, zwei Schilder. Bedeuten beide Verkehrszeichen das Gleiche oder steckt mehr dahinter?
Gibt es einen Unterschied zwischen einem Radweg und einem Gehweg mit „Radfahrer frei“Schild ?
Ja, sagt Reiner Lutz, der stellvertretender Leiter des Sachgebiets Verkehr beim Polizeipräsidium Schwaben-Südwest. „Das blaue RadwegSchild beinhaltet eine Benutzungspflicht“, erklärt er. Bei einem weißen „Radfahrer frei“-Schild dürfen sich Radfahrer aussuchen, ob sie auf Straße oder Gehweg fahren. „Auf dem Gehweg sind Fußgänger aber bevorrechtigt und Radler dürfen nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren.“Wo ein blaues Schild einen Radweg markiert, müssen sie diesen auch benutzen.
„Autofahrer regen sich oft auf, wenn ein Kiesweg neben der Straße verläuft und vor allem Rennradler trotzdem auf der Fahrbahn unterwegs sind – Radfahrer dürfen das aber, solange da kein blaues Schild steht“, sagt Lutz.
Wer hat auf einem Rad- und Gehweg Vorrang?
Keiner. Fußgänger und Radfahrer müssen aufeinander Rücksicht nehmen. Es gibt zwei Arten von Radund Gehwegen: Sind die weißen Figuren auf dem blauen Schild durch einen waagrechten Strich getrennt, benutzen Radler und Fußgänger den Weg gemeinsam, sie kommen einander entgegen und überholen sich. Ein senkrechter Strich bedeutet, dass Rad- und Gehweg durch eine Linie auf der Fahrbahn getrennt sind. „Die vermeintlichen Vorteile sind, dass Radler nicht wegen jedem Fußgänger abbremsen müssen, sie kommen also besser voran. Dennoch dürfen sie die Sorgfalt nicht außer Acht lassen“, sagt Lutz.
Auf dem Rad- und Gehweg ist vor lauter Fußgängern kein Durchkommen. Dürfen Radler auf die Straße ausweichen?
Nein, auch dann gilt die Benutzungspflicht. „Die Regeln sind eindeutig“, sagt Lutz. Laut dem Polizisten müssen Radler die vorgeschriebenen Wege auch benutzen, wenn ihnen diese zu schmal, voll oder dreckig sind – auch wenn die Straße geräumt ist und auf dem Radweg noch Schnee liegt. Allerdings: „Ob man im Einzelfall darüber hinwegsieht, ist was anderes.“
Ein Radler fährt auf der Straße, obwohl daneben ein Radweg ist. Welches Bußgeld erwartet ihn?
Wer einen ausgewiesenen Radweg nicht benutzt, zahlt 20 Euro. „Wenn der Radfahrer eine lange Autokolonne hinter sich herzieht, behindert er damit andere“, erklärt Lutz. In diesem Fall ist ein Bußgeld von 25 Euro fällig. Gefährdet er andere Verkehrsteilnehmer, zahlt der Radfahrer 30 Euro.
Wann gibt es gesonderte Radfahrstreifen auf der Fahrbahn?
Die jeweilige Straßenverkehrsbehörde, das ist oft die Gemeinde, entscheidet darüber von Ort zu Ort. Ein Radfahrstreifen ist durch eine durchgezogene Linie von der Fahrbahn getrennt. „Oft ist der Streifen auch rot bemalt und das blaue Verkehrszeichen ist auf dem Boden abgebildet. Ein Pkw darf diesen Streifen nicht befahren“, erklärt Lutz. Ist der Streifen durch eine gestrichelte Linie von der Fahrbahn getrennt, spricht man von einem Schutzstreifen. Den Schutzstreifen dürfen Autos befahren, wenn kein Radfahrer darauf unterwegs ist.
Dürfen Kinder auf dem Gehweg fahren?
Ja, bis zum Alter von neun Jahren müssen sie das sogar. Seit einer Gesetzesänderung im vergangenen Jahr darf auch eine Aufsichtsperson die Kinder auf dem Gehweg begleiten. Buben und Mädchen bis elf Jahre dürfen den Gehweg ebenfalls benutzen, ihre Begleitperson allerdings nicht.
Die Autos auf der Fahrbahn warten an einer roten Ampel. Darf ein Radler auf den Gehweg wechseln, um an der Ampel vorbeizufahren?
„Wenn er schiebt, wieso nicht?“, meint Reiner Lutz. Sobald ein Radfahrer seinen Drahtesel schiebt, gilt er als Fußgänger und darf auf den Gehweg. „Solange er nicht abgestiegen ist, darf ein Radfahrer auch keinen Zebrastreifen in Anspruch nehmen, das wäre eine Gefährdung des Pkw-Verkehrs“, erklärt der Polizist.