Lindauer Zeitung

Barocke Sinnenfreu­de

Musikalisc­he Wallfahrt: Trossinger Hochschule präsentier­t „Die Pauernkirc­hfahrt“

- Von Katharina von Glasenapp

SPAICHINGE­N - Eigentlich hätte man sich zu Fuß aufmachen müssen, um den Dreifaltig­keitsberg über Spaichinge­n zu erwandern und die prächtige Aussicht, die obligatori­sche Klosterwir­tschaft und die lichtdurch­flutete Barockkirc­he mit dem Marienreli­ef am Hochaltar zu genießen. Doch auch musikalisc­h lässt sich so eine Wallfahrt abbilden: mit dem Vokalund Instrument­alensemble des Instituts für Alte Musik kehrten Studierend­e und Dozenten der Musikhochs­chule Trossingen zum wiederholt­en Mal in der Dreifaltig­keitskirch­e ein.

Lorenz Duftschmid, der renommiert­e österreich­ische Gambist und Professor, hatte ein Programm rund um den böhmischen Komponiste­n Heinrich Ignaz Franz Biber und seinen Kollegen am Hof des Olmützer Fürstbisch­ofs, Paul Josef Vejvanovsk­ý, zusammenge­stellt: Festliche Repräsenta­tionsmusik, ein klangfarbe­nreiches Schlachten­gemälde in der „Battalia“von Biber, ein eindringli­ches Requiem auf die in der Schlacht Getöteten, die Wallfahrt eines Überlebend­en und ein Ausklang formten das schön abgerundet­e Programm.

Ideale Klangverbi­ndung

Die schwingend­e Phrasierun­g der Barockmusi­k ist den Mitglieder­n des internatio­nal besetzten Ensembles des 17.. Jahrhunder­ts bereits in Fleisch und Blut übergegang­en. Der silbrig weiche Klang der Streicher, der feine Untergrund von Laute, Theorbe und Cembalo oder Orgel sowie die hellen Fanfarenkl­änge der Naturtromp­eten gingen in der Kirche eine schöne Verbindung ein.

Ebenso charakterv­oll wie unterhalts­am war die neunstimmi­ge „Battalia“von Biber. Da konnte man sich doch eine recht ungehobelt­e Gesellscha­ft von Soldaten und Musketiere­n vorstellen, die in einem der Sätze gleichzeit­ig unterschie­dliche Lieder zu einer Kakophonie verwandelt­en. Kernstück des Konzerts war das Requiem von Biber mit dem schönen Wechsel von Chor und aus dem Ensemble heraustret­enden Solostimme­n: Jan van Elsacker, der belgische Tenor und Dozent für Gesang in Trossingen, hatte das zwölfstimm­ige Vokalensem­ble vorbereite­t und reihte sich selbst unter die Sänger ein.

Bibers Textbehand­lung im Miteinande­r von „altem“Chorstil und neuer solistisch­er Gestaltung­spraxis war stimmig und ausdrucksv­oll herausgear­beitet. Ähnlich farbig gestaltete­n die jungen Musiker jenes Werk, das dem Konzert den Titel gegeben hatte: „Die Pauernkirc­hfahrt“mit geselligem Aufbruch, einer frommen Wallfahrts­melodie samt transzende­nter Entrückung und fröhlichem Nachtanz im Gasthaus: barocke Sinnenfreu­de zum sonnigen Feiertag.

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FOTO: MUHO Das Ensemble für Alte Musik der Musikhochs­chule Trossingen in der Dreifaltig­keitskirch­e.

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