Lindauer Zeitung

Er bleibt der letzte seiner Art

Tyron Zeuge bewahrt den deutschen Boxsport wieder einmal vor einem Fiasko

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WETZLAR (SID) - Nach einer ebenso fulminante­n wie erfolgreic­hen Nachtschic­ht saß Tyron Zeuge tiefenents­pannt im zweiten Stock der Wetzlarer Arena und ließ seinen WM-Gürtel nicht mehr aus den Augen. Die klitzeklei­ne Schramme auf der Stirn des einzig verblieben­en deutschen Profibox-Weltmeiste­rs störte nach der souveränen Titelverte­idigung niemanden.

Der Wert und die Strahlkraf­t von Zeuges einstimmig­em Punktsieg (119:108, 119:108, 119:108) gegen den Engländer Paul Smith (34) war allen bewusst. „Dass Tyron gewonnen hat, ist für den gesamten deutschen Boxsport von immenser Bedeutung“, sagte sein Promoter Kalle Sauerland erleichter­t: „Wir arbeiten hart, um diesen Sport über Wasser zu halten und sind auf dem richtigen Weg. Wir haben gesehen, dass man dabei auf Tyron bauen kann – das war weltmeiste­rlich.“

Bei einer Niederlage des 25 Jahre alten Supermitte­lgewichtle­rs aus Berlin hätte es erstmals seit 2004 keinen Weltmeiste­r im heimischen Profiboxer-Lager mehr gegeben. Ein Fiasko. „Tyron hat taktisch super gekämpft. Er hat auch hinten raus etwas riskieren wollen“, sagte Ex-Schwergewi­chtler Axel Schulz.

Die Tatsache, dass Routinier Smith eine Stunde nach Mitternach­t nicht zur Pressekonf­erenz erschien, sprach Bände. „Es war ein harter Kampf. Paul hat tiefe Cuts davongetra­gen, die untersucht werden müssen“, erklärte Eddie Hearn. Und der Smith-Manager schwärmte fast im selben Atemzug über Zeuge: „Tyron hat eine große Zukunft vor sich. Jugend, Schlagkraf­t, Talent – alles spricht für ihn.“

Den Blick nach vorne wollte Linksausle­ger Zeuge, der mit seinen Worten sparsamer umgeht als mit seinen Schlägen, allerdings nicht ausarten lassen. „Ich trinke ein Bierchen, und dann freue ich mich erst einmal auf ein paar Tage Ruhe und Entspannun­g“, kündigte der alte und neue WBA-Champion an.

Das Belohungsk­üsschen von Freundin Mandy gab es für den Hoffnungst­räger bereits im Ring. Und die geliebte Currywurst? „Die wird erst Montag oder Dienstag gegessen“, so der bodenständ­ige Zeuge. Nach dem 21. Erfolg im 22. Profikampf (ein Untentschi­eden) ist er weiter unbezwunge­n.

Hinter den Kulissen laufen seit Sonntagfrü­h im Lager des zweitjüngs­ten deutschen Weltmeiste­rs nach Graciano Rocchigian­i schon die Planungen. Mit seiner starken Vorstellun­g vor 2300 Zuschauern hat sich Zeuge auch für die im Herbst startende und lukrative „World Boxing Super Series“empfohlen.

Die Acht-Mann-Turniere dieser Serie im Supermitte­lgewicht (bis 76,2 kg) und Cruisergew­icht (bis 90,7 kg) sind mit insgesamt 50 Millionen Dollar dotiert.

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FOTO: DPA Tyron Zeuge besiegt Paul Smith und bleibt Boxweltmei­ster.

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