Lindauer Zeitung

Ein Büchlein, das Kranken Mut machen will

Trost- und Powerbuch seit über zehn Jahren erfolgreic­h – Kinderwüns­che für Menschen in Not

- Von Ulrich Stock

- „Ich wünsche dir einen Engel, der dich liebt, dir Schutz gibt und Geborgenhe­it“– diesen Wunsch hat Isabel Neulinger als zehnjährig­e Schülerin ins Trost- und Powerbuch geschriebe­n und dazu einen Engel, Herzen und ein Kind mit einer Sprechblas­e („Hilfe! Hilfe!“) gemalt. Heute ist Isabel 20 Jahre alt und immer noch stolz auf dieses Projekt, das Religionsl­ehrerin Monika Eisele im Jahr 2007 mit Viertkläss­lern der Grundschul­e Weißensber­g ins Leben gerufen hat.

Mehr als 11 000 Exemplare wurden seitdem verteilt. Nachdem das Trost- und Powerbuch zwischenze­itlich vergriffen war, folgte vor Kurzem eine neue Auflage. Inzwischen ist das kleine, bunte Büchlein, das nun schon seit zehn Jahren die Herzen von kranken Menschen und ihren Angehörige­n erfreut, die Trost, Mut und Kraft suchen, weit über die Region hinaus bekannt. Es liegt nicht nur in Kliniken und Hospizen, sondern inzwischen auch in einigen Geschäften aus (siehe Liste).

Die Idee zum Trost- und Powerbuch ist Eisele während eines Klinikaufe­nthalts 2005 in Wangen gekommen, als sie schwer erkrankt war. Die Pädagogin, die in Sigmarszel­l wohnt, musste damals viele Monate im Krankenhau­s verbringen. „Dabei habe ich selbst erlebt, was es heißt, mit Angst und Schmerz alleingela­ssen zu sein“, erzählt Eisele. Sie erkannte, dass „für den Körper alles da ist, aber für die Seele nicht“.

Als die Religionsl­ehrerin 2007 im Unterricht das Thema „Leid und Tod“behandelte, setzte sie mit ihren Schülern die Idee in die Tat um. Entstanden ist ein reich bebilderte­s Büchlein mit Kinderwüns­chen und Gebeten für kranke, aber auch traurige Menschen. Es soll ihnen zeigen, dass sie „in ihrer Angst und Verzweiflu­ng nicht alleine sind“, wie es im Vorwort heißt.

„Als Kind habe ich damals noch keine Vorstellun­g gehabt, wie sehr man den Menschen helfen kann – zum Beispiel durch kleine Gesten, einen Spruch oder auch einen gemalten Engel“, sagt Isabel. Jetzt, da sie älter ist, versteht sie erst richtig, wie viele Menschen sie damit erreicht hat. Und sie meint, dass es „solche Aktionen viel zu wenig gibt, denn Kranke brauchen Rücksicht, Zuspruch und Trost – mit einem Wort Seelsorge“. Auch wenn sie und ihre Mitschüler damals – zusätzlich zur Schule – viel Freizeit in das Trostund Powerbuch investiert haben, steht sie nach wie vor hinter dem Projekt. Isabel: „Ich bin stolz darauf und würde es jederzeit wieder tun.“

Eisele sieht die Aktion unter dem Vorzeichen „Kinder helfen Kranken“und betont dabei, dass es sich bei dem Projekt nicht um ein Kinderbuch handelt, sondern um „ein Büchlein für Erwachsene, von Kindern gemacht“. Es richtet sich nicht nur an die Kranken selbst, sondern auch an deren Angehörige, die ebenso Trost und Halt benötigen, meint Eisele. Entstanden sei ein „echter Schatz“. Damit das Büchlein auch zu den Kranken findet, wurden sogenannte „Oasen“in den Fachklinik­en Wangen eingericht­et. Dort liegen die Büchlein und weitere schöne Sprüche.

Immer kostenlos

Das Trost- und Powerbuch, das zum Jubiläum um vier Seiten auf 28 erweitert wurde, wird grundsätzl­ich kostenlos abgegeben. Patienten lesen es in der Klinik, andere nehmen es mit nach Hause. Wer möchte, kann freiwillig etwas spenden, sagt Eisele. Mit dem Geld werden die Druckkoste­n unterstütz­t, inzwischen gibt es aber auch Sponsoren. So wurde die Neuauflage von zuletzt 5000 Exemplaren von der Gemeinscha­ftsaktion „Lindau fördert“finanziert, bestehend aus der Stadt Lindau, der Spielbank und ProLindau.

Über ein Dutzend Jugendlich­e aus der Region, darunter viele ehemalige Schüler aus den damaligen vierten Klassen, unterstütz­en das Projekt „Trost- und Powerbuch“. Von Anfang an dabei war auch Max Echter (20), der inzwischen gelernter Schreiner ist und mit diesem Fachwissen kleine Holzkästch­en und Wandregale baut, die in den Kliniken aufgestell­t bzw. aufgehängt werden. An diesen sogenannte­n Oase-Stationen werden die Büchlein präsentier­t und Patienten sowie Angehörige­n zur Verfügung gestellt. Mitgeholfe­n neben vielen anderen Jugendlich­en haben auch Max’ Schwester Johanna (19) sowie Carolin Kern (18) – sie haben die Regale und Kästchen liebevoll mit Engelchen, Sternchen und Blümchen bemalt. „Wir haben angefangen und jetzt können wir nicht mehr aufhören“, meint Max und macht damit klar, dass er und die anderen Jugendlich­en dem Projekt auch weiterhin treu bleiben wollen.

 ?? FOTO: ULRICH STOCK ?? Von ehemaligen Schülern gezimmert und bemalt: Holzkästch­en, in dem die Trost- und Powerbüche­r präsentier­t werden.
FOTO: ULRICH STOCK Von ehemaligen Schülern gezimmert und bemalt: Holzkästch­en, in dem die Trost- und Powerbüche­r präsentier­t werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany