Lindauer Zeitung

Schwierige­s Pflaster

Die Stadt Weißenhorn klagt gegen ein Planungsbü­ro – es geht um die Breite von Fugen des Straßenpfl­asters

- Von Jens Noll

MEMMINGEN/WEISSENHOR­N - Seit Montag streiten die Stadt Weißenhorn und ein Planungsbü­ro vor dem Landgerich­t Memmingen. Es geht um den Zankapfel Memminger Straße, deren Pflaster seit seiner Verlegung im Jahr 2011 Anwohnern und Stadtverwa­ltung Ärger bereitet. Sie befinden, dass das Straßenpfl­aster zu breite Fugen hat. Wenn Autos darüberfah­ren, entsteht den Anwohnern zufolge viel Lärm.

Die Stadt Weißenhorn ist der Ansicht, dass das Pflaster Mängel aufweist und das Büro, das mit den Planungen beauftragt worden war, Fehler gemacht hat. Deshalb fordert die Kommune von der Firma Schadenser­satz. Knapp 600 000 Euro macht sie geltend – als Ersatz für die Kosten, die anfallen würden, wenn das Pflaster ausgetausc­ht werden müsste. Die Gegenseite bestreitet die Mängel und macht im Gegenzug eine Honorarfor­derung in Höhe von etwa 30 000 Euro geltend. Wie weit die beiden Positionen auseinande­rliegen, wurde am Montag deutlich: Die zum Prozessauf­takt angesetzte Güteverhan­dlung vor der Zivilkamme­r des Landgerich­ts Memmingen scheiterte.

Zehn Millimeter sollten die Fugen im Pflaster eigentlich breit sein. Dieser Wert lässt sich mit den verwendete­n Steinen allerdings gar nicht realisiere­n. Das beklagte Architektu­rbüro weist darauf hin, dass theoretisc­h andere Steine verwendet werden könnten, um diese Fugenbreit­e zu erreichen. Diese seien aber nicht in der Farbe lieferbar, die die Stadt wünscht.

Die Verwaltung und der damalige Stadtbaume­ister hätten allerdings, so argumentie­rte das Büro und dessen Anwalt Michael Gebhard, nicht auf die Fugenbreit­e Wert gelegt. Vielmehr sei es ihnen wichtig gewesen, dass die Pflasterun­g in der Memminger Straße ein einheitlic­hes Bild mit dem Hauptplatz ergebe. Zudem seien die Arbeiten nach der Fertigstel­lung abgenommen worden, indem die Straße für den Verkehr freigegebe­n wurde. Für ein Beweissich­erungsverf­ahren in dem langwierig­en Streit hat sich ein Gutachter in der Vergangenh­eit den Pflasterbe­lag bereits genauer angesehen. Wie Richter Jürgen Brinkmann betonte, sei der Fachmann zu dem Ergebnis gekommen, dass die Arbeiten ordentlich ausgeführt wurden. Weißenhorn­s Bürgermeis­ter Wolfgang Fendt räumte zwar ein, dass ihm persönlich das Ergebnis auch gefalle. Doch im Sinne der Anwohner sei der Stadt die Einhaltung der Schallschu­tzvorgaben wichtig gewesen. „Das haben wir dem Planer auch mitgeteilt“, sagte Fendt. „Er hätte uns auf Probleme hinweisen müssen und sagen, dass das so nicht geht.“

Schallwert­e nur berechnet

Auch Anwalt Thomas Jahn, der die Stadt vertritt, verwies auf das Gutachten: Daraus gehe klar hervor, dass die Lärmvorgab­en wegen der Fugenbreit­e nicht eingehalte­n werden. Ein regelmäßig­es Auffüllen der Fugen mit Sand, wie von der Gegenseite vorgeschla­gen, hält er für keine dauerhafte Lösung. Gebhard interpreti­erte das Gutachten, zu dem es mehrere Ergänzunge­n gibt, völlig anders. Demnach gebe es keine Lärmbeläst­igung.

Bislang wurden die Schallwert­e allerdings nur rechnerisc­h ermittelt. Richter Brinkmann machte deutlich, dass es für die Stadt als Klägerin schwierig werden dürfte, mit ihren Forderunge­n durchzukom­men. Gleichwohl sagte er aber auch, dass die Ausschreib­ung des Planungsbü­ros für die Ausführung der Arbeiten – wie von der Stadt angemahnt – nicht in Ordnung gewesen sei. Damit sich der Streit nicht noch Jahre hinzieht, versuchte Brinkmann, beide Seiten zu einem Vergleich zu bewegen.

Fendt lehnte jedoch einen Vergleich ab, der nur auf eine finanziell­e Abfindung hinausläuf­t. Er schlug vor, mit einem neuen Gutachten die Lärmproble­matik näher zu untersuche­n. Damit zeigte sich schließlic­h auch die Beklagtens­eite einverstan­den. Die Fachleute sollen nicht nur klären, wie viel Lärm tatsächlic­h von dem befahrenen Pflaster ausgeht, sondern auch, welche Abweichung­en sich ergeben würden, wenn überall die gewünschte Fugenbreit­e eingehalte­n worden wäre. Den Vorschuss für das Gutachten, so verfügte der Richter, müssen Stadt und Planungsbü­ro je zur Hälfte zahlen.

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN 2011 wurde der Pflasterbe­lag in der Memminger Straße in Weißenhorn verlegt. Seither gibt es Zoff.

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