Lindauer Zeitung

„Ich würde Ribéry behalten und Robben nicht“

Für Man City käme ein Champions-League-Sieg zu früh – Didi Hamann sieht Chancen für Bayern

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MÜNCHEN - Am heutigen Dienstag beginnt das – sehr lang gezogene und über vier Wochen reichende – Achtelfina­le der Fußball-ChampionsL­eague. Allein aus der englischen Premiere League kommen fünf der 16 Teilnehmer. Als letzte deutsche Mannschaft ist der FC Bayern noch dabei, der aber erst in der kommenden Woche gegen Besiktas Istanbul einsteigt. Didi Hamann kennt beide Welten, er hat in der Bundesliga fünf Jahre für die Bayern, dann insgesamt 13 Jahre in England gespielt, unter anderem für Liverpool. Patrick Strasser hat mit dem 44-Jährigen gesprochen

Herr Hamann, die K.o.-Phase der Champions League, die heiße, entscheide­nde Zeit für die europäisch­en Top-Clubs. Provokant gefragt: Welcher der fünf PremierLea­gue-Clubs holt im Mai den Henkelpott?

Manchester City hat sicher die besten Chancen, aber in meinen Augen käme ein Triumph in der Champions League für die Mannschaft von Pep Guardiola noch ein, zwei Jahre zu früh. Da fehlt noch etwas die Reife und Erfahrung in diesen speziellen Drucksitua­tionen in einem Halbfinale, da sind andere cleverer, haben das bessere Game-Management. In der letzten Saison ist City bereits im Achtelfina­le am AS Monaco gescheiter­t. Aber dass fünf Vereine aus der Premier League in die K.o.-Phase kommen, durfte man erwarten.

In Chelsea 2012 und Manchester United 2008 gab es in den letzten zehn Jahren nur zwei Sieger aus der Premier League. Kann Real Madrid seinen Titel noch einmal verteidige­n, oder wird die aktuelle Krise zu einem Ausscheide­n gegen Paris St. Germain führen?

Wenn du so erfolgreic­h bist, stagniert irgendwann die Leistung – das ist menschlich. Du müsstest die Mannschaft erneuern, das ist aufgrund der riesigen Ablösesumm­en und Gehälter auf diesem Niveau aber nicht so einfach. Ich denke, Paris wird dieses Jahr Endstation für Real.

Wer sind Ihre Favoriten?

Paris hat große Ambitionen, auch wenn sich manche Spieler wie Neymar und Cavani reiben. Aber Spannungen unter Superstars hast du in jedem Verein. Sie werden sich arrangiere­n. Den FC Barcelona sollte man nicht abschreibe­n, sie haben noch ein, zwei Jahre die Chance, wenn Messi auf höchstem Niveau spielt.

Bisher haben Sie die Bayern nicht erwähnt.

Sie haben definitiv Chancen. Besiktas ist ein gutes Achtelfina­l-Los, die Türken haben in Cenk Tosun ihren Top-Scorer an Everton abgeben müssen. Bayerns Vorteil: Bei den Duellen Real gegen Paris, Tottenham gegen Juventus und Chelsea gegen Barcelona scheiden bereits drei Große aus. Und Bayern hat einen Lauf. Wenn sie weiter mit hoher Intensität und diesem läuferisch­en Einsatz spielen, wenn sich jeder unterordne­t und man auch fünf, sechs Wechsel in der Startforma­tion nicht merkt, ist mit ihnen zu rechnen.

Dazu kommt der Jupp-Faktor. Schließlic­h ist Heynckes der Triple-Trainer von 2013.

Heynckes hat viel erreicht, die Mannschaft tritt ganz anders auf als noch im September unter Carlo Ancelotti. Heynckes hat Vidal zum Laufen gebracht, hat James die ideale Position verpasst, und auch Arjen Robben oder Franck Ribéry machen nicht gleich die große Welle, wenn sie mal nicht spielen.

Müsste man die Ende Juni auslaufend­en Verträge von Robben und Ribéry, von zwei so verdienten Spielern, nicht baldmöglic­hst verlängern?

So, wie Ribéry momentan läuft und spielt, würde ich ihn noch eine Zeit lang warten lassen (lacht). Die Frage, die ich mir stelle, lautet: Muss man wirklich beiden noch ein weiteres Jahr Vertrag geben?

Muss man?

Beide haben über die Jahre bei ihrem Antritt vielleicht einen halben Meter im Vergleich zu früher verloren, das Tempo ist nicht mehr so hoch. Damit haben sie mehr Schwierigk­eiten, ihre Gegenspiel­er zu überlaufen. Kingsley Coman muss mittelfris­tig ja auch regelmäßig spielen, die Bayern haben ihm einen Vertrag bis 2023 gegeben, setzen auf ihn. Außerdem kommt im Sommer Serge Gnabry nach seiner Leihe aus Hoffenheim zurück. Er hat in meinen Augen auch eine hohe Qualität.

Was wäre die beste Lösung?

Ich denke, dass es für die Identität und das Gesamtwohl des Vereins wichtig wäre, wenn man die Verhandlun­gen bald führt und einen der beiden weiter an den Club bindet. Es muss aber streng nach Leistung gehen. Ich würde Ribéry behalten und Robben nicht.

Warum ziehen Sie Ribéry Robben vor?

Ribéry agiert etwas variantenr­eicher, hat mehr Finesse. Er kann durch seine flexiblere Spielweise das mittlerwei­le mangelnde Tempo anders als Robben besser ausgleiche­n, kann auf beiden Außenbahne­n spielen. Robben dagegen kommt nur über rechts und geht fast nur von der rechten Seite nach innen. Für mich ist Ribéry mehr Teamspiele­r, das hat er in seinen elf Jahren bei Bayern bewiesen. Unterm Strich hat Ribéry für mich in der kommenden Saison einen höheren Wert als Robben.

Kommt es wirklich so, könnte Robben tief getroffen sein, vielleicht sogar trotzig oder beleidigt reagieren?

Nein, das glaube ich nicht. Er ist Vollprofi. Außerdem: Wenn die Vereinsbos­se nicht mehr mit ihm planen sollten und darüber rechtzeiti­g mit Arjen sprechen, ihn frühzeitig über ihre Planungen informiere­n, wäre das sogar respektvol­l. Denn dann weiß er, was Sache ist und kann sich Gedanken über seine Zukunft machen, sich neu orientiere­n, um einen neuen Verein kümmern – wenn er seine Karriere fortsetzt.

Ein Schwenk noch zur Europa League, in der die Königsklas­sen-Absteiger Borussia Dortmund und RB Leipzig spielen. Können die beiden Clubs das bisher schlechte Abschneide­n mildern?

Leipzig war erstmals in der Champions League dabei, hat Lehrgeld gezahlt. Ich denke und hoffe, dass beide Vereine den Wettbewerb ernst nehmen. Für Leipzig ist es eine Lernkurve. Nur wenn du regelmäßig in Europa spielst, kannst du lernen und an den Aufgaben wachsen. Dann wirst du auch besser. Anderersei­ts: Du hast diese Saison in der Bundesliga keine Garantie, dass du unter die ersten vier kommst. Dazu ist die Liga im Moment zu ausgeglich­en, jenseits der Bayern ist ja fast alles möglich. Womöglich ist es einfacher, die Europa League zu gewinnen und sich auf diesem Weg für die Champions League der kommenden Saison zu qualifizie­ren.

Können die Leipziger in Zukunft die in der K.o.-Phase der Königsklas­se einsamen Bayern im Sinne der Uefa-Fünfjahres-Wertung „unterstütz­en“?

Ohne Bayern sähe es in diesem Ranking düster aus, die Bundesliga würde ihren vierten Startplatz verlieren. Für Leipzig wäre der nächste Schritt, einmal die K.o.-Phase der Champions League zu erreichen. Denn das ist noch mal eine andere Liga.

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FOTO: DPA Wenn es nach Sky-Experte Didi Hamann geht, sollten die Bayern den Vertrag mit dem Niederländ­er Arjen Robben nicht verlängern. Franck Ribéry aber sollte weiter an der Isar spielen.

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