In manchen Ländern ist ein neuer Name kein Problem
Abgeschobener Georgier taucht unter anderer Identität in Deutschland auf – Acht Monate Haft auf Bewährung
KEMPTEN (se) - Keine fünf Monate nach seiner Abschiebung ist ein Georgier am Grenzübergang Füssen aufgefallen. Der Mann saß in einem Fernbus auf dem Weg nach Italien. Papiere wiesen ihn unter verschiedenen Namen aus. In Deutschland hätte er allerdings gar nicht sein dürfen. Für ihn galt ein Einreiseverbot für zweieinhalb Jahre. Nun verurteilte das Amtsgericht Kempten den 54-Jährigen zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe zur Bewährung. Gleichzeitig ordnete es an, dass er das Land binnen einer Woche verlassen muss.
Mit seiner Heimat hat der Mann nicht mehr viel am Hut. Er fühlt sich dort politisch verfolgt, Arbeit als gelernter Möbeltechnologe finde er nicht. Asylgründe sind dies freilich nicht. Das haben Verwaltungsgerichte rechtswirksam festgestellt, bevor der Mann im vergangenen August abgeschoben wurde.
Mit der Abschiebung verbunden war ein Verbot, die Bundesrepublik innerhalb der folgenden 30 Monate zu betreten. Über die Dauer des Einreiseverbots sei er nie informiert worden, machte der Georgier geltend. Außerdem habe es auch keine Probleme bei Kontrollen gegeben, als er Anfang des Jahres von Paris nach Stuttgart gefahren war, wo ein Teil seiner Familie wohnt.
Dass dies so problemlos gelang, könnte am neuen Ausweis des Mannes gelegen haben. In den aktuellen Papieren steht ein anderer Familienname als in den Dokumenten, die er früher vorzeigte. „Es ist in Georgien legal, verschiedene Familiennamen zu führen“, versicherte der Angeklagte. Da staunten die Jugendlichen einer achten Klasse der Mittelschule Friesenried im Zuhörerraum.
Für Richter Andy Kögl ist dieses Phänomen dagegen keine Überraschung. Vor allem in Osteuropa existierten Staaten, in denen das Namensrecht nicht mit dem hiesigen zu vergleichen ist. Gleichwohl hinterlasse dies im Fall des Georgiers „einen faden Beigeschmack“. Der neue Name könne eben auch dem Zweck gedient haben, in Deutschland möglichst unerkannt leben zu können.
In diese Richtung wiesen auch Schilderungen des Georgiers zu seiner Europa-Tour. Eine Heirat in Deutschland sei kurz vor der Trauung geplatzt. Italien war sein nächstes Ziel, dort wohnten andere Verwandte. Einen Asylantrag habe er jenseits des Brenners stellen wollen, sagte er.
Unerlaubte Einreise nach Abschiebung sowie unerlaubter Aufenthalt sind nach dem Aufenthaltsgesetz verboten. Bei Verstößen droht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Staatsanwalt hielt acht Monate Haft für angemessen, der Verteidiger meinte, dass mit vier Monaten auf Bewährung dem Recht Genüge getan sei. Der Angeklagte erbat sich einige Tage Übergangsfrist, um sich von seinen Familienmitgliedern verabschieden zu können. „Danach werde ich ausreisen.“
Zugunsten des 54-Jährigen bewertete das Gericht im Urteil, dass er bereits fünf Monate in Untersuchungshaft verbracht hat. Negativ wurde vermerkt, dass nur wenige Monate nach der Abschiebung vergangen waren, bis der Mann wieder in Deutschland war. „Glauben Sie, man hat Sie aus Spaß abgeschoben?“, fragte der Richter. Die Bewährungsfrist legte er auf fünf Jahre fest. Das Einreiseverbot bleibt für die restliche Laufzeit bestehen.
Zulasten des Beklagten fielen seine Vorstrafen wegen Beleidigung und Diebstählen aus. Das interessierte nach der Verhandlung die Schüler: „Kommt es oft vor, dass jemand mehrere Vorstrafen hat?“Die Juristen schmunzelten. Kögl berichtete von seinem „Rekordhalter: Der hatte 99 Vorstrafen. Von mir bekam er die hundertste Verurteilung.“