Lindauer Zeitung

Umgesiedel­te Nashörner verenden

Nach Tod von elf Tieren in Kenia Vorwürfe gegen Regierung und WWF

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NAIROBI (AFP) - Es sollte eine große Aktion zum Schutz der Spitzmauln­ashörner in Kenia werden, doch nach ihrer Umsiedlung in einen anderen Nationalpa­rk starben elf Exemplare der vom Aussterben bedrohten Tiere. Dies hätte nach Recherchen der Nachrichte­nagentur AFP verhindert werden können, wenn Warnungen wegen der schwierige­n Lebensbedi­ngungen im neuen Lebensraum beachtet worden wären. Nach dem Desaster stehen nun Kenias Regierung und die Umweltorga­nisation WWF in der Kritik.

Kenias für den Wildtiersc­hutz zuständige­r Tourismusm­inister Najib Balala sowie der WWF hatten Ende Juni die Umsiedlung von elf Spitzmauln­ashörnern aus dem NairobiNat­ionalpark und dem Nakuru-SeeNationa­lpark in den Ost-Tsavo-Nationalpa­rk angekündig­t. Der WWF stellte umgerechne­t 855 000 Euro für das Vorhaben bereit, das unter dem Schlagwort #TheBigMove (Der große Umzug) als Beitrag zum Überleben der bedrohten Tierart beworben wurde. Kurz nach ihrer Umsiedlung verendeten bis Juli der Reihe nach alle elf Nashörner. Als Todesursac­he wurde in einem vorläufige­n Bericht ein überhöhter Salzgehalt in der Wasserquel­le ihres neuen Lebensraum­s festgestel­lt.

Der Chef von Kenias Tierarztve­rband, Benson Kibore, sagte, 15 Wasseranal­ysen zwischen Februar und Mai hätten gezeigt, dass das Wasser drei Mal salziger war als empfohlen. Dennoch hätten die umgesiedel­ten Nashörner aus einem Wasserloch getrunken, dessen hoher Salzgehalt sogar ein Metallgitt­er an der Quelle habe korrodiere­n lassen. Die Nashörner seien durch das Salzwasser „vertrockne­t“, sagte Kibore. Den behandelnd­nen Tierärzten hätten die Wasseranal­ysen aber nicht vorgelegen, so dass wertvolle Zeit bei der Suche nach dem Leiden der Nashörner vertan worden sei.

Den AFP-Recherchen zufolge war das Wasserprob­lem vorab lange bekannt. Der Tierschütz­er und damalige Aufsichtsr­at der kenianisch­en Behörde für Wildtiersc­hutz (KWS), Nehemiah Rotich, sagte, nach zwei Besuchen in dem vorgesehen­en neuen Lebensraum habe er gewarnt, dass die Gegend zu trocken und zu weit von einem Fluss entfernt sei.

„Ich war mir sehr sicher, dass es mit diesen Nashörnern ein riesiges Problem geben wird“, sagte Rotich. Er und andere Mitglieder des KWSAufsich­tsrates hätten daher die Umsiedlung­saktion mehrfach blockiert.

Dennoch sei das Vorhaben nicht aufgegeben worden, sagte das ehemalige KWS-Aufsichtsr­atsmitglie­d Brian Heath. Dem Rat sei 2016 mitgeteilt worden, dass die KWS und der WWF eine große Zeremonie für den Start der Umsiedlung­saktion planten. „Wir sagten: ,Auf keinen Fall'“, schilderte Heath. Trotzdem sei weiter Druck für die Umsetzung des Projekts ausgeübt worden. Sowohl Heath als auch Rotich warfen dem WWF vor, massiv auf die Umsiedlung­saktion gedrungen zu haben.

Der WWF-Nashorn-Experte Martin Mulama wies die Vorwürfe zurück. Er sei über die Probleme am Umsiedlung­sort nicht informiert gewesen. Die KWS habe vielmehr regelmäßig versichert, dass die Bedingunge­n dort „angemessen und sicher“seien. „Wir würden niemals entgegen des Rats der maßgeblich­en Experten auf die Fortsetzun­g einer Umsiedlung­saktion dringen“, versichert­e der WWF in einer Erklärung. Die Entscheidu­ng sei von der KWS „allein“getroffen worden.

Keine gültige Zustimmung

Die Umsiedlung­saktion wurde laut Heath und Nehemiah schließlic­h gestartet, obwohl keine gültige Zustimmung des KWS-Aufsichtsr­ates vorgelegen habe. Der Aufsichtsr­at hatte demnach im Oktober 2017 grünes Licht für die Umsiedlung unter der Bedingung gegeben, dass die Lebensbedi­ngungen in dem neuen Lebensraum verbessert werden. Im April 2018 endete aber das Mandat des KWS-Aufsichtsr­ates und die Entscheidu­ng für die Umsiedlung wurde getroffen, bevor ein neuer Aufsichtsr­at eingesetzt wurde.

Minister Balala wies Vorwürfe zurück, er habe sich darüber kraft seines Amtes hinweggese­tzt. Seine Einladung zu der Umsiedlung­saktion sei „rein zeremoniel­l“gewesen, sagte er. Er habe nichts von den Problemen und Bedenken gewusst.

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FOTO: DPA Spitzmauln­ashorn im Nairobi Nationalpa­rk. Die nach Kenia umgesiedel­ten Tiere seien durch Salzwasser vertrockne­t“, heißt es.

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