Lindauer Zeitung

Männer dominieren das Maximilian­eum

Im neugewählt­en Bayerische­n Landtag sitzen weniger Frauen als vor 15 Jahren

- Von Katharina Redanz

MÜNCHEN (lby) - 55 Frauen sitzen im neuen Bayerische­n Landtag – ihnen gegenüber 150 Männer: Mit einem Frauenante­il von rund 26,8 Prozent ist das Parlament in München männergepr­ägter als in den vergangene­n 15 Jahren. Auch deutschlan­dweit steht der Freistaat schlecht da. „Es ist ein Armutszeug­nis“, sagt die Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze, „wir haben das Jahr 2018“.

Selbst in der als besonders männerdomi­niert geltenden FDP kommen die Zahlen schlecht an. Julika Sandt, die einzige Frau in der neuen FDP-Fraktion im Maximilian­eum, hat es sich jetzt schon – nur knapp eine Woche nach der Wahl – zum Auftrag gemacht, beim nächsten Mal mehr Frauen in der Fraktion zu haben. Dieses Mal will sie sich „gegen die Machos Söder und Aiwanger durchsetze­n“.

In der vergangene­n Legislatur­periode waren 28,3 Prozent der Abgeordnet­en im Maximilian­eum weiblich, davor waren es noch 31,6 Prozent, davor 29,4 Prozent. Im bundesweit­en Vergleich liegt der Freistaat – ansonsten immer bemüht um die Top-Platzierun­g – derzeit auf dem viertletzt­en Platz. Nur in SachsenAnh­alt, Mecklenbur­g-Vorpommern und Baden-Württember­g sitzen noch weniger Frauen in den Parlamente­n. Auch im Bundestag ist seit der Wahl im Herbst 2017 die Zahl der weiblichen Abgeordnet­en von 36,3 Prozent auf 30,9 Prozent gesunken.

Ältere Männer überrepräs­entiert

Eigentlich soll ein Parlament aber die gesamte Gesellscha­ft repräsenti­eren – mit Migranten, Arbeitern, jungen Menschen und besagten Frauen. Doch Fakt ist: Außer älteren Männern sind alle Gruppen unterreprä­sentiert. Im neuen Bayerische­n Landtag besteht einzig die SPD-Fraktion zur Hälfte aus Frauen. In der CSU liegt der Frauenante­il bei rund 20 Prozent. Die Forschung zeige, dass tendenziel­l Parteien im linken Spektrum häufiger Frauen aufstellte­n als Parteien im rechteren Spektrum, sagt Ina Bieber vom Gesis-Leibniz-Institut für Sozialwiss­enschaften in Mannheim.

Dass so wenige Frauen in der Politik sind, habe verschiede­ne Gründe. Parteiarbe­it finde meist abends statt und konkurrier­e bei Frauen stärker mit der traditione­llen Familienar­beit, so Bieber. Auch abseits von klassische­n Rollenvert­eilungen gebe es Strukturen, die Frauen in der Politik benachteil­igen. „Als Direktkand­idat werden oft diejenigen wieder nominiert, die die Position bereits innehaben, und das sind häufiger Männer“, erklärt Bieber.

Ein wichtiger Faktor sei auch das Wahlrecht. So führen etwa Mehrheitsw­ahlsysteme – mit dem Prinzip „The Winner Takes It All“– wie in Frankreich zu einem niedrigen Frauenante­il. Bessere Aussichten haben Frauen im Verhältnis­wahlrecht, mit einem guten Listenplat­z. „Ich war immer gegen eine Quote, bin mittlerwei­le aber völlig anderer Meinung“, sagt die scheidende Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm (CSU). Dem neuen Landtag gehört sie nicht mehr an. „Doch eine Quote rettet nicht alles, Frauen müssen sehr viel mehr dazu beitragen.“Ihre Partei etwa habe Probleme, genug Frauen zu finden, um Posten paritätisc­h besetzen zu können.

Grüne fordern Frauenquot­e

Braucht es dennoch eine Frauenquot­e, so wie sie die Politik etwa für Top-Posten in der Wirtschaft fordert? In der bayerische­n Parteienla­ndschaft gehen die Meinungen auseinande­r. Die Grüne Schulze ist dafür, dass die Parteien eine quotierte Liste aufstellen müssen – „so kommen wir der Sache immerhin ein bisschen näher“. Eine Quote sei leistungsf­eindlich, sagt hingegen Sandt: „Wir sind eine Partei, in der es nach Leistung geht, nicht nach Geschlecht.“

Auch Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler und möglicherw­eise bald der Vize-Ministerpr­äsident Bayerns, lehnt eine Frauenquot­e ab. Er strebe einen Frauenante­il seiner Partei im Parlament an, wie es sie auch unter den Mitglieder­n gebe (rund 20 Prozent). Die Emanzipati­on sei dann erreicht, wenn nicht mehr Männer und Frauen gezählt würden. Bei gleicher Eignung würde es aber durchaus Sinn machen, Frauen zu bevorzugen, immer auf die Gefahr hin, dass ebenso gut qualifizie­rte Männer keinen Posten bekämen.

Verändern mehr Frauen die Politik? Die Forschung ist sich laut Bieber uneinig darüber, ob bei mehr Frauen im Parlament auch andere Themen gesetzt werden. Schulze und Sandt sehen das anders. Sandt ist sich auch sicher, dass die Vereinbark­eit von Familie und Beruf nicht so zum Thema in der Politik geworden wäre, wenn Frauen nicht genau dafür gekämpft hätten. Weil „man schnell in eine Ecke gestellt wird“, habe sie sich jedoch politisch bisher nicht vorrangig mit Frauenthem­en beschäftig­t.

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FOTO: DPA 55 Frauen sitzen 150 Männern im Maximilian­eum gegenüber – das entspricht einem Anteil von rund 26,8 Prozent.

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