Regionales Label, internationale Käufer
Das Label „Justin Reddig“ist gerade dabei, sich von Kleinmachnow aus weltweit zu etablieren
Kleinmachnow. Mode für Hollywood-Stars und deutschen Adel aus Kleinmachnow – kann es das geben? Ja, kann es. Und gibt es auch. Denn mit dem Label „Justin Reddig“ist ein kleines Unternehmen gerade dabei, sich von hier aus weltweit zu etablieren. Geprägt wird die Marke von zwei Menschen, die auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher sein könnten: Justin Reddig, 27, Engländer und Deutscher, der 2008 seinen High-School-Abschluss an der Berliner John-F.-Kennedy-Schule gemacht hat, und Bogumila Greifenberg, 50, ursprünglich aus Schlesien, die 1986 nach Westberlin gekommen und seit 17 Jahren geschäftlich in Kleinmachnow ansässig ist. Gefunden haben sie sich, als Reddig als damals jugendlicher Kunde in Greifenbergs Kosmetiksalon Hilfe suchte, wo die beiden im Gespräch ihre große Gemeinsamkeit entdeckten: die Liebe für Mode und das dazugehörige Handwerk.
Vor gut fünf Jahren entstand dann schließlich das erste Kleid in eben diesem Kosmetikstudio, das heute Mode-Atelier und Showroom ist. Beide haben keine Ausbildung im Modebereich und sich ihr Wissen und Können über alte Bücher, Beobachten und Tutorials angeeignet. Sie sind stolz auf ihre Fähigkeiten: „Wir machen Milanesische Knopflöcher – das können nur ganz wenige!“Und Greifenberg erzählt, dass sie vieles noch von ihrer Großmutter gelernt hat. Teilweise werden ganze Kleider von Hand genäht, bei besetzten Korsagen werde jedes Kristallsteinchen händisch aufgestickt, und, so erzählt Reddig, um herauszufinden, wie etwas genäht sei, würden auch durchaus ganze Sachen komplett zerlegt, um sie zu verstehen. Greifenberg: „Wir sind Autodidakten – das heißt: einmal gesehen und klappt schon!“
Das Team ist eingespielt: Er entwirft, was sie gemeinsam besprochen haben, und sie gibt „Hinweise als Frau“. Greifenberg ist dann für die Umsetzung mit der Schnitttechnikerin zuständig. Dann gibt es einen Prototypen, die Anprobe, und wenn alles passt, geht das neue Modell in die Produktion. Zusammengearbeitet wird mit verschiedenen Manufakturen in Deutschland, Frankreich und Italien. Die Kollektionen werden in kleiner Serie gefertigt und natürlich gibt es auch Einzelstücke, die im Atelier genäht werden, so werden etwa Abendkleider in der Regel auf Maß gefertigt.
Noch sei der Bekanntheitsgrad recht klein, da das Label in erster Linie auf Mundpropaganda setzen würde, so Reddig, nur hin und wieder sei man mit Modeschauen und Showrooms auf der Fashion Week in Berlin vertreten. Auf Messen wie in Mailand, Shanghai oder NYC sei man nur zum Stoffeinkauf, nicht zur eigenen Präsentation. Und doch sind sie nicht mehr unbekannt: Die Käufer von Justin Reddig kommen aus Berlin, Brandenburg und Sach- sen, viele sind auch aus den USA – Los Angeles und Santa Barbara –, einige aus Russland. Deutsche Adelshäuser zählen ebenso zu den Abnehmern wie Schauspielerinnen aus dem US-Entertainment, die gerne gut gekleidet sind, wie die beiden erklären.
Denn der Stil des Labels hat eine klare Richtung: „Alles kommt vom Thema Smoking oder Black Tie“, sagt Reddig. Die Strictesse, die dahinterstecke, sei es, die ihn fasziniere. Alles bis zu den Strümpfen sei vorgegeben, es sei ein sehr klassischer Ansatz. Inspirationen für die eigenen Modelle, die zeitlos sein sollen, saisonal nicht gebunden, funktional und praktikabel und trotzdem von individuellem Geist geprägt, finden die beiden Designer dabei überall: „Fassaden, Bäume, andere Strukturen, alles geht durch einen internen Filter“, schildert Greifenberg und spricht von einem Kleid als Blüte, bei dem aber dennoch die Silhouette völlig bestehen bleibe.
Für den Standort Kleinmachnow haben sich Reddig und Greifenberg ganz bewusst entschieden, sagen sie. Natürlich gäbe es am Kurfürstendamm mehr Laufpublikum, aber sie wollen es ruhig haben und dieses Gefühl auch an ihre Kunden weitergeben: „Sie sollen sich hier wie im Wohnzimmer fühlen, wenn sie unsere Kleider anprobieren.“
Wir sind Autodidakten – das heißt: einmal gesehen und klappt schon! Bogumila Greifenberg, Modemacherin