Sieger ohne Zustimmung
Al-Sisi triumphiert bei den Wahlen in Ägypten, doch viele gingen gar nicht erst hin
Kairo. Nicht einmal die Hälfte der Ägypter hat bei der Präsidentenwahl ihre Stimme abgegeben. Dabei zog das Regime am Nil alle Register. Die Straßen waren gepflastert mit Plakaten von Präsident Abdel Fattah al-Sisi. Arme Ägypter erhielten für ihr Kreuz auf dem Stimmzettel Lebensmittelpakete oder Geldscheine.
Staatliche Angestellte und Belegschaften von Betrieben wurden gemeinsam in Bussen zur Abstimmung chauffiert. Nichtwählern dagegen drohte der Sprecher der Nationalen Wahlkommission mit einer Geldbuße. Das ägyptische Staatsfernsehen inszenierte die dreitägige Abstimmung als gut besuchtes, fröhliches Volksfest mit Tanz und Gesang, während Augenzeugen in den Wahllokalen in der Regel nur einen mäßigen Andrang beobachteten.
Die Strategie des Machtapparates mit ihrer Mischung aus Werben, Drohen und Bestechen nutzte am Ende nur bedingt. Nach ersten inoffiziellen Ergebnissen, die in Ägyptens Staatspresse veröffentlicht wurden, stimmte gut ein Drittel der 60 Millionen Wahlberechtigten für Sisi. Er erhielt mehr als 96 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. Lediglich 720 000 Ägypter machten ihr Kreuz beim Alibi-Konkurrenten Moussa Mostafa Moussa, einem obskuren Architekten und Baustoffhändler, der eigentlich auch Sisi unterstützt.
Offenbar zwei Millionen Menschen schrieben dagegen aus Protest andere Namen auf die Zettel und machten diese damit ungültig. Das amtliche Endergebnis soll am Montag bekannt gegeben werden. Die ganze Wahl sei zu „eine Million Prozent“demokratisch gewesen, erklärte ein Sprecher des Sisi-Lagers gegenüber der BBC.
Ob die Angaben der Behörden zu Wahlbeteiligung und Ergebnis tatsächlich der Realität entsprechen, ist nach der jahrzehntelang üblichen Praxis von Fälschungen und Manipulationen in Ägypten fraglich. Bei der ersten Sisi-Wahl 2014 lag die Beteiligung offiziell bei 47,4 Prozent, während westliche Diplomaten und erfahrene ausländische Wahlbe- obachter wie die amerikanische Carter-Stiftung sie auf höchstens 20 bis 25 Prozent taxierten. Damals hatten sich vor allem Wählerinnen und Wähler unter 30 Jahren fast komplett verweigert.
Im Vorfeld hatte Sisi alle ernsthaften Mitbewerber ausschalten lassen. 14 ägyptische Menschenrechtsorganisationen riefen daraufhin die eigene Bevölkerung auf, diese „Farce einer Abstimmung“zu boykottieren. Die Herrschenden hätten „selbst die Mindestanforderungen für eine freie und faire Wahl zertrampelt“, schrieben sie zur Begründung.
Erfolgreiche Abgabe: Eine ägyptische Wählerin zeigt nach ihrer Stimmabgabe das Siegeszeichen. Trotz vieler Versprechen für Wähler und Strafandrohungen für Nicht-Wähler blieb die Beteiligung sehr niedrig.