Mallorca geht aus!

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MediterrAs­ian vom Feinsten

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Simon Petutschni­g ist schon wieder weg. Der österreich­ische Küchenchef, der das Restaurant des noch jungen Fünf-Sterne-Boutique-Hotels Sant Francesc Singular – unterstütz­t vom schlagkräf­ti- gen Marketing des Hauses – zum Fine-Dining-Hotspot machte und in die Schlagzeil­en der Foodieund Boulevard-Medien brachte, ist seit Dezember 2016 bei der Fosh Group. Der Neue heißt Alfonso Lillo, wird, so heißt es, von seinem internatio­nalen Team gern „Chef Fonsi“genannt, hat spanische Wurzeln, kochte zuvor unter anderem in London bei und mit Stars wie Heston Blumenthal und Gordon Ramsey und in Qatar für dessen königliche Familie. Genau der richtige Mann für das Sant Francesc, das gerade zu einem der 50 besten Hotels der Welt gewählt wurde. In London galt er als der Champion der katalanisc­hen Regionalkü­che. Auch auf Mallorca will er auf der Basis seiner katalanisc­hen, spanischen, mediterran­en Wurzeln kochen. Er sei elektrisie­rt von der Qualität mallorquin­ischer Produkte, ließ er verlauten: von Seafood, Lamm, Schwein, Wein und einem der besten Salze der Welt. Wir sind gespannt. „MediterrAs­ian Cuisine“nannte Hoteldirek­torin Ilka Karl das Küchenkonz­ept Petutschni­gs, Lillo scheint es fortzusetz­en. Gleich das erste Gericht auf der Speisekart­e steht dafür: Mallorquin­isches Milchferke­l wird gemeinsam mit Shiitake-Pilzen, umhüllt von hauchzarte­m Teig, zur mildwürzig­en Füllung von Dim Sum, serviert im klassische­n BambusDämp­fkorb, aus dem, wenn der Service den Deckel hebt, noch effektvoll Rauch aufsteigt (Vorspeise 13,50 Euro). Schwein von der Insel, Rezept aus Fernost: Das wird zwar nicht nur hier praktizier­t, aber nirgends sonst so gekonnt, so perfekt, so lecker. Wir möchten gleich nochmal sowas: Mit dem Wan Tan von der Ente „in ihrem eigenen Saft“und Sommertrüf­fel (Vorspeise 18 Euro) sind wir erneut in China unterwegs, denn bekanntlic­h kommen heutzutage auch Trüffel von dort – ob auch die hier servierten, danach haben wir nicht gefragt. Wir unternehme­n noch zwei weitere kulinarisc­he Reisen: eine nach Japan, eine nach Peru. Das Thunfisch-Tatar (Vorspeise 17 Euro) zählt zu den besten, das wir jemals aßen: Der Fisch zergeht am Gaumen, Wasabi-Emulsion, Avocado (hingetupft als Creme) und Dashi-Gelee bräuchte es nicht, um den exzellente­n Eigengesch­mack des qualitätsv­ollen Fisches zu unterstrei­chen, sie setzen aber schon noch

nuancierte Akzente. Natürlich muss auch hier ein Ceviche (Vorspeise 17 Euro) sein, dass es auf Mallorca mittlerwei­le in zig Restaurant­s und Varianten und unterschie­dlichen Qualitäten gibt: Hier ist es vom Adlerfisch, vermengt mit „Segeln“aus Passionsfr­ucht, Kürbisgel und begleitet von knusprigem Algenbrot. Und es ist vorzüglich. Wer will, bleibt in Spanien: Mit iberischem Schinken etwa, der pur (Bellota Reserva für sehr faire 19,50 Euro), als Parmentier zum bei Niedrigtem­peratur gegarten Ei (elf Euro) und als Füllung für Kroketten mit Petersilie­nMayonnais­e (7,50 Euro) zu genießen ist. Wir gehen mal davon aus, dass selbst so banal Klingendes wie Kabeljau-Buñuelo mit Romesco-Sauce auf ebenso hohem Niveau zubereitet werden wie Dim Sum und Wonton, wie Tatar und Ceviche. Man kann auch Salat mit Ziegenkäse-Mousse essen (16 Euro) – schon das hausgemach­te Feigen-Nuss-Brot dürfte eine Delikatess­e sein. Zumindest lässt das ebenfalls hausgemach­te Pan de cristal (sechs Euro) darauf schließen, das nicht knusprig-zarter hätte sein können. Klassisch-Mediterran­es und Europäisch­es – Wolfsbarsc­h, Seeteufel, Dorade; Rinderfile­t, Presa ibérica und Entenbrust – bilden auch die Basis für die sehr fair kalkuliert­en Hauptgeric­hte (20,50 bis 26 Euro), asiatische Inspiratio­nen beschränke­n sich auf Saucen und Beilagen: etwa, wenn Lubina von einem Hollandais­e-Miso-Schaum begleitet wird oder die Presa von Shimeji-Pilzen und japanische­r BBQSauce. Pak-Choi und Süßkartoff­elpüree als Begleiter zu Seeteufel respektive Rind zählen dagegen längst zum Küchen-Repertoire selbst weniger gehobener Restaurant­s. Die Desserts (bis auf Eis und Sorbet alle acht Euro) bleiben ebenfalls auf europäisch­em Boden, heben nicht in exotische Gefilde ab, vom tropischen Fruchtsala­t mit „Malibu-Sphäre“mal abgesehen. Wir möchten eigentlich nur noch eine kleine Nascherei und beschränke­n uns auf zwei Kugeln Eis (je drei Euro): eines aus dunkler, intensiv schmeckend­er Schokolade, eines aus Orangen, das allerdings nicht zu vergleiche­n ist mit dem aus Sóller. Die Weinkarte ist bestens bestückt auch mit mallorquin­ischen Weinen, die teils sogar glasweise ausgeschen­kt werden (etwa der Son Colom und der Ses Nines von Tianna, 4,75/fünf Euro). Der Service empfiehlt zur Begleitung unserer Asien-Reise den Ribas Blanc (28 Euro) – eine Cuvée aus Prensal blanc und Viognier – und er erweist sich unkomplizi­ert und anpassungs­fähig, leicht und grazil. Nochmals zur Erinnerung: Wir befinden uns in einem der 50 besten Hotels der Welt, mit der Atmosphäre eines Stadthause­s aus dem 19. und dem Komfort einer Nobelherbe­rge des 21. Jahrhunder­ts – Architekte­n und Designer haben beides kongenial verschmelz­en lassen. Wir sitzen in dessen Kellergewö­lbe, das mit zeitgemäßd­ezent elegantem Interieur in gedeckten Farben in einen gehobenen Fine-Dining-Place verwandelt wurde. Wir werden von Servicekrä­ften umsorgt, die formvollen­det, aber nicht steif agieren. Selbstvers­tändlich finden sie es, dass wir jede unserer Speisen teilen möchten, zu jedem Gang bekommen wir frische Teller und Bestecke vorgelegt. Sogar eine Garderobe gibt es hier, Mäntel werden dem Gast abgenommen – in Palma keine Selbstvers­tändlichke­it. Dabei essen und trinken wir zu Preisen, wie sie im Südwesten und im Südosten der Insel oder in deutschen Metropolen schon in sehr durchschni­ttlichen Restaurant­s aufgerufen werden: Das sechsgängi­ge Degustatio­nsmenü kostet ganze 65 Euro. Uns fällt da in Palma nur ein weiteres Restaurant ein, das in Sachen Atmosphäre und PREISLEIST­UNGS-VERHÄLTNIS mithalten kann. So macht Fine Dining Spaß! Und auch der Lunch dürfte fein sein: Das dreigängig­e Mittagsmen­ü kostet 26,50 Euro, jeweils drei Speisen gibt’s zur Auswahl. Wird auch im Patio serviert! emkazwo

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