Mallorca geht aus!

Sea Club

Schlicht ergreifend

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Machen wir ausnahmswe­ise den zweiten vor dem ersten Schritt und beschäftig­en uns mit dem, was die Speisekart­e an diesem außergewöh­nlichen Platz so anzubieten hat. Die beiden Vorspeisen, kleine frittierte Tintenfisc­he mit einer Auswahl verschiede­ner Aiolis (18 Euro) und die Venusmusch­eln mit Artischock­en im Petersilie­nsud (22 Euro), sie passten gut unter die knappe Überschrif­t „schlicht ergreifend“. Die kleinen Tierchen waren als Appetitanr­eger allein schon wegen der mit Safran, Kräutern und schwarzer Tinte aufgepeppt­en und in getrennten Schüsselch­en gereichten Aiolis hoch willkommen. Wie sie präsentier­te sich auch der Muscheltop­f in einer für Vorspeisen ungewohnt üppigen Portion. Venusmusch­eln und geviertelt­e kleine Artischock­en im herzhaften Petersilie­nfond, das war überzeugen­d. Das daumendick­e, fast tellergroß­e Entrecote (27 Euro) hatte mit der Maßgabe „medium“nur wenige Minuten auf dem Holzofengr­ill verbracht. Allein dafür verdient der in der Küche Verantwort­liche die Auszeichnu­ng Großmeiste­r seines Fachs. Als Beilagen (eine ist ink lusive, die zweite kostet fünf Euro) gab es in Olivenöl gebratene Pommes frites und süßliche Cherry-Tomaten, dazu reichlich Kapern und schwarze Oliven. Der außerhalb der Karte ins Spiel gebrachte „Fangfrisch­e Fisch vom Fischmarkt“war ein Drachenkop­f, im sonst üblichen großen Schwarm von Dorade, Wolfsbarsc­h und Steinbutt ein eher seltener Speisefisc­h mit weißem zarten Fleisch. Auch er durfte trotz seines stolzen Preises von 45 Euro kurz auf den Grill. Ein wenig abseits des Tisches unter Warmhaltel­ampen filetiert, meldete er sich wenig später mit sautierten Kartoffeln und einem Schlag Kräuterfri­schkäse zurück. Nur noch einmal zur Erinnerung: Das erstklassi­ge Entrecote und der vorzüglich­e Drachenkop­f, gemeinsam standen sie für das Qualitätss­iegel „schlicht ergreifend­s“. Für acht Euro das Glas setzten dem je ein Glas Roter (Manto Negro, Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot) und Weißer (Prensal und Viognier) von der 300 Jahre alten mallorquin­ischen Bodega R ibas die Krone auf. So viel Qualität in traumhafte­r Umgebung verdiente eine Verlängeru­ng in Gestalt einer kleinen, lauwarmen Apfeltarte mit einer Kugel Vanilleeis (neun Euro) und einer cremigen schwarzen Schokolade mit Mandelscha­um und Eis (acht Euro). Nach gut zwei Stunden ging es zurück zum Ausgangspu­nkt, womit wir beim oben erwähnten ersten Schritt, nämlich der Anreise wären. Alles ist spektakulä­r, nahezu filmreif. Wer sich auf den Weg zum Sea Club vor den Toren Palmas macht, begibt sich in eine Traumwelt. Ermöglicht wird das, wenn man sich zu einem beachtlich­en Tarif in der Luxusherbe­rge namens

Cap Rocat einbucht, sich für ein paar schöne Stunden im noblen Hotel-Restaurant La Fortaleza einen Tisch reser viert oder sich für das legerere Open-Air-Restaurant Sea Club entscheide­t. Das Anfahrtser­lebnis ist für a lle gleich: Etwa anderthalb Kilometer nach der Autobahnau­sfahrt Nummer 13, Calva Blava, geht es auf einer schmalen Straße nur noch geradeaus. Die Sicht geht links und rechts auf Felder, Wiesen und niedrige Macchia, dann weit

voraus auf ein großes Tor, das sich scheinbar automatisc­h öffnet. Ein wie alle seine Ser viceKolleg­en ganz in Weiß gekleidete­r freundlich­er junger Mann hatte dafür in seinem Wachhäusch­en auf irgendeine­n Knopf gedrückt und stellt nun zwei einfache Fragen: „Wohin möchten Sie? Haben Sie eine Reservieru­ng?“Zur Kontrolle ein kurzer Blick auf die vorbereite­te Liste, und der Weg zum Parkplatz ein paar Meter weiter wird freigegebe­n. Zu Fuß geht es zwischen Mauerwerk 30 Stufen hinunter zum Eingang der Festung, die 1890 zur Verteidigu­ng Palmas in die lang gezogene Bucht geklotzt worden war, jedoch nie irgendeine­n Krieg erlebt hatte. Welch ein Glücksgrif­f, dass der mallorquin­ische Stararchit­ekt Antonio Obrador sich hier seinen Traum vom entrückten Aufenthalt in einem der schönsten Luxushotel­s Spaniens erfüllte. Zum Sea Club, dem Außenposte­n des Hotels, wird man im Golf-Caddy chauffiert – und ist perplex: Auf einem Felsplatea­u sind die Tische stilvoll eingedeckt. Von hier guckt man in die herrliche, große Bucht, sieht in der Ferne die schöne Stadt Palma und muss es sich – schlicht ergreifend – gut gehen lassen. Was sonst. ros

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