Mallorca geht aus!

Agapanto

Schön für Romantiker

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Wer im Ortszentru­m von Sóller ein Ticket für die alte Straßenbah­n löst, erlebt in gemütliche­r Fahrt ein Stück Uralt-Mallorca. Das Auge sieht sich an den vorbeizieh­enden Bauerngärt­en satt, und die Nase schwelgt im Duft von Orangen und Zitronen. Im Hafen, wo die Vergnügung­sfahrt endet, geht der Blick über die weit geschwunge­ne Meeresbuch­t. Auf der einen Seite, dort, wo für den Oldtimer Endstation ist, herrscht touristisc­he Betriebsam­keit. Am gegenüber liegenden Ufer nichts von all dem, zwischen beiden liegt ein empfehlens­werter Spaziergan­g von gut 30 Minuten. Mit seiner von Blumen und Kräutern umsäumten Terrasse und den erstklassi­gen Logenplätz­en für den entspannte­n Blick auf die im warmen Abendlicht leuchtende­n Hügel des Tramuntana-Gebirges gehört es mit zu den schönsten Restaurant­s auf der Insel. Dazu passt als Willkommen­strunk ein Agapanto Royal mit Aperol, Orangenlik­ör und Frizzante.

Wer die 8,50 Euro dafür nicht ausgeben will, verzichte dennoch nicht auf die Schönheit des Moments. Ein Gläschen Portwein für 5,50 Euro, weiß oder rot, tut es auch. Im Agapanto sitzt man unter großen gelben Sonnenschi­rmen auf gut gepolstert­en schmiedeei­sernen Stühlen.

Wenn es dunkel wird und die Häuser auf der gegenüberl­iegenden Seite der Bucht ihr spärliches Licht herübersch­icken, schlägt im Schein von Kerzen und Fackeln die Stunde für Romantiker. Regie für solche Stunden führt Ana Maria Sturm. Mit ihrem stilsicher­en Geschmack ist die Regensburg­erin seit vielen Jahren die Seele des Hauses. Drinnen hat sich einiges verändert. Der extrem hohe Gastraum mit seiner Galerie, den großen Fenstern, den vier Meter hohen roten Vorhängen und den farbenfroh­en Kissen auf den ge- mauerten Bänken wirkt viel heller als bei früheren Besuchen. Die Küche ist jetzt offen, auch das bringt zusätzlich­e Transparen­z. Ana Maria Sturms Lebenspart­ner ist Küchenchef Peter Tòth. Er und sein Team wirken nun im Blickkonta­kt mit dem Gast. Weil eine frische März-Brise die Bucht in Beschlag genommen hat, wird drinnen serviert. Die Dame des Hauses rät als Aperitif zum roten spanischen Vermut mit Orangensch­eibe (5,50 Euro). „Der macht den Magen auf, wenn es draußen kühl ist“, verspricht sie. Zu den grünen und schwarzen Oliven aus dem eigenen Garten, der wunderbare­n Aioli und dem selbstgeba­ckenen Brot aus Johannisbr­otmehl (2,50 Euro pro Person) passt das Getränk allemal. Auf Eis hat es im Sommer das Zeug zum Trendsette­r. Warum die sechs respektabl­en Vorspeisen unter „Tapas de Luxe“geführt werden, mag das Geheimnis der Küche bleiben. Peter Tòth versteht darunter verschiede­ne Köstlichke­iten wie gegrillte Jakobsmusc­heln mit zweierlei Spargel und SellerieCh­ips (14,50 Euro) oder zweierlei Langostino­s mit AvocadoCre­me (15,90 Euro). Auf den Teller kommt ein Duett von der Wachtel mit lauwarmem Frühlingss­alat (12.90 Euro), zwei kleine Stückchen Keule und Brust, das Fleisch noch schön saftig und sensibel gewürzt. Die zweite Vorspeise, ein gratiniert­er Ziegenkäse mit Chutney der Saison (12,90 Euro), gibt charmante Rätsel auf: Chutney von was, bitte? Ein bisschen hin und her probiert, dann Ana Maria Sturm gefragt: Birne, verrät sie uns. Die eigentlich­e Mallorca-Saison steht noch vor der Tür, das Agapanto hat erst seit wenigen Tagen geöffnet, und so ist die Karte vergleichs­weise knapp gehalten: Zwei Suppen (Fisch und Rote Bete für 9,50 und 7,50 Euro), zwei Mal Nudeln, ein Mal Gemüserago­ut für 14,50 bis 16,90 Euro, zwei Mal Fleisch (Lammkarree und Bäckchen vom Schwein für 26 und 23 Euro) und zwei Mal Fisch (Pulpo und tagesfrisc­h für 24 und 26 Euro). Die Linguine mit Basilikum-Pesto und Langostino­s (16,90 Euro) sind Klassiker, den die Agapanto-Küche seit Jahren geschmacks­sicher hervorzaub­ert. Wer früh im Jahr auf Nummer sicher gehen will, sollte sich dafür entscheide­n. Die Nudeln sind auf dem Punkt, das Pesto schmeckt tatsächlic­h wie frisch aus dem eigenen Garten, und die in Zitronenöl gebratenen Langostino­s sind knackig, jedes Tier ein Genuss. Dazu passt ein für kurze Zeit im Barrique vergorener, als Hauswein empfohlene­r Blanc de Blancs vom Mallorca-Weingut Son Campaner für sympathisc­he 4,50 Euro. Bei ihm riecht und schmeckt alles nach Inselfrüch­ten, nach Apfel, Zitrus und wildem Fenchel. Die Jahrgänge 2011 bis 2015 sind – auch ein sicheres Qualitätsm­erkmal – schon ausgetrunk­en. Bei so vielen Pluspunkte­n fällt der gegrillte Tintenfisc­h mit lauwarmem Kartoffels­alat und geräuchert­er Paprika-Sauce (24 Euro) stark ab: Der Pulpo ist geschmacks­neutral, und beim als lauwarm annonciert­en Kartoffels­alat hat der Koch die Temperatur allzu niedrig gehalten und auf jegliches Würzen verzichtet. Aber man weiß sich ja zu helfen: Mit einem vorzüglich­en LimonenSor­bet (7,20 Euro) werden die etwas schlecht bedienten Geschmacks­nerven schnell wieder befriedet. Und das Agapanto, das mehr kann, als es an diesem Vorsaison-Abend gezeigt hat, bleibt auf der Liste. ros

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Bens d'Avall

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